Aktuelles

Monat: Oktober 2023

  • Wirtschaftliche Eingliederung bei umsatzsteuerlicher Organschaft

    Wirtschaftliche Eingliederung bei umsatzsteuerlicher Organschaft

    Die für eine umsatzsteuerliche Organschaft erforderliche wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers kann sich auch aus der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften ergeben. Die wirtschaftliche Eingliederung setzt also nicht zwingend unmittelbare Beziehungen zwischen der Organgesellschaft und dem Organträger voraus.Hintergrund: Eine umsatzsteuerliche Organschaft liegt vor, wenn ein Unternehmen (Organgesellschaft) organisatorisch, wirtschaftlich und finanziell in ein anderes Unternehmen (Organträger) eingegliedert ist. Es werden dann die Umsätze des Organträgers und seiner Organgesellschaft zusammengefasst und vom Organträger versteuert, der auch die Vorsteuer der Organgesellschaft geltend macht. Die Organgesellschaft tritt gegenüber dem Finanzamt nicht auf und schuldet keine Umsatzsteuer. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die zu der im Immobilienbereich tätigen V-Gruppe gehörte. Alleingesellschafter und -geschäftsführer der Klägerin war der G. Die Klägerin verwaltete u.a. Mietshäuser des G. Die Klägerin machte geltend, dass sie in den Streitjahren 2008 bis 2011 eine Organgesellschaft des G (Organträger) gewesen sei und daher keine Umsatzsteuer schulde. Das Finanzamt verneinte die wirtschaftliche Eingliederung. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine wirtschaftliche Eingliederung für denkbar und verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück: Die für eine umsatzsteuerliche Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung war anzunehmen, da der G Alleingesellschafter der Klägerin war. Auch die organisatorische Eingliederung war zu bejahen, da der G Geschäftsführer der Klägerin war. Eine wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen des G war denkbar. Eine wirtschaftliche Eingliederung verlangt, dass die Tätigkeiten von Organgesellschaft und Organträger aufeinander abgestimmt sind und sich dabei fördern und ergänzen. Zwar ergibt sich die wirtschaftliche Eingliederung nicht bereits daraus, dass die Klägerin Häuser des G verwaltet hat. Hausverwaltungsdienste sind nämlich ebenso wie Buchführungs-, Personalverwaltungs- oder Winterdienste standardisierte Dienstleistungen, für die es zahlreiche Anbieter gibt, die mit relativ geringem Aufwand austauschbar sind. Eine wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin kann sich aber aus der Bedeutung der von ihr erbrachten Hausverwaltungsdienste für die V-Gruppe ergeben. Das FG muss dies näher aufklären und z.B. ermitteln, wie viele Mietshäuser der V-Gruppe die Klägerin in den Jahren 2009 bis 2011 verwaltet hat. Denkbar ist auch, dass es eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Klägerin und anderen Gesellschaften der V-Gruppe gegeben hat. Dies wäre der Fall, wenn die Geschäftstätigkeit der Klägerin durch die anderen Gesellschaften der V-Gruppe gefördert worden sein sollte. Hinweise: Ob eine wirtschaftliche Eingliederung bestand, hängt nun davon ab, in welchem Umfang wirtschaftliche Beziehungen zwischen der Klägerin und den anderen Gesellschaften der V-Gruppe bestanden, nachdem keine relevanten Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und G festgestellt werden konnten. Damit eine wirtschaftliche Eingliederung anzunehmen ist, müssen aber die anderen Gesellschaften der V-Gruppe Organgesellschaften gewesen sein. Im Ergebnis kann eine wirtschaftliche Eingliederung also auch mittelbar über andere Schwestergesellschaften, die Organgesellschaften sind, hergestellt werden. Leistungen der Klägerin an Dritte können dagegen nicht zu einer wirtschaftlichen Eingliederung führen. Quelle: BFH, Urteil v. 11.5.2023 – V R 28/20; NWB

  • Steuerpflicht von Streubesitzdividenden

    Steuerpflicht von Streubesitzdividenden

    Zwar sind Dividenden, die eine Kapitalgesellschaft von einer anderen Kapitalgesellschaft erhält, steuerpflichtig, wenn die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres weniger als 10 % beträgt (sog. Streubesitzdividenden). Bei der Ermittlung des Umfangs der Beteiligung sind aber auch Anteile zu berücksichtigen, die zwar noch nicht im zivilrechtlichen Eigentum der Gesellschafterin, wohl aber in ihrem wirtschaftlichen Eigentum stehen. Hintergrund: Ist eine Kapitalgesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt, ist die Dividende grundsätzlich zu 95 % steuerfrei. Dies gilt jedoch nicht für sog. Streubesitzdividenden, bei denen die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres weniger als 10 % beträgt. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die an der Y-AG beteiligt war. Ihre Beteiligung betrug im Jahr 2013 nur 9,898 %. Sie kaufte mit Vertrag vom 16.12.2013 weitere Aktien im Umfang von 0,10625 %, um so zu Beginn des Jahres 2014 eine Beteiligungsquote von 10,00425 % zu erreichen. Der Kaufvertrag stand unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des Kaufpreises. Die Klägerin tätigte zwar am 16.12.2013 die Überweisung; allerdings wurde die Überweisung nicht richtig ausgeführt, sondern löste bei der Klägerin eine Gutschrift aus. Erst nach dem 1.1.2014 überwies die Klägerin den Kaufpreis an den Verkäufer. Die Klägerin erhielt im Streitjahr 2014 Dividenden von der Y-AG. Die Klägerin ging von einer Steuerfreiheit zu 95 % aus, während das Finanzamt steuerpflichtige Streubesitzdividenden annahm, da die Klägerin zu Beginn des Jahres 2014 nicht zu mindestens 10 % unmittelbar an der Y-AG beteiligt gewesen war.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Die Dividenden waren keine steuerpflichtigen Streubesitzdividenden, sondern reguläre Dividenden, die zu 95 % steuerfrei waren. Zwar war die Klägerin zu Beginn des Kalenderjahres zivilrechtlich nur mit weniger als 10 % an der Y-AG beteiligt, nämlich mit 9,898 %. Denn sie hatte das zivilrechtliche Eigentum an den mit Kaufvertrag vom 16.12.2013 gekauften Anteilen im Umfang von 0,10625 % am 1.1.2014 noch nicht erlangt; die Abtretung der Anteile an die Klägerin stand nämlich unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Klägerin den Kaufpreis vollständig bezahlt. Dies ist erst nach dem 1.1.2014 erfolgt, nachdem die erste Überweisung vom 16.12.2013 fehlgeschlagen war. Die Klägerin hatte aber am 1.1.2014 bereits das wirtschaftliche Eigentum an den mit Kaufvertrag vom 16.12.2013 gekauften Anteilen im Umfang von 0,10625 % erlangt. Ihr stand ein Anwartschaftsrecht zu, da sie es selbst in der Hand hatte, den Kaufpreis zu bezahlen. Der Verkäufer konnte sich nicht mehr vom Kaufvertrag lösen. Und die Chancen und Risiken aus den erworbenen Anteilen standen allein der Klägerin zu, da der Kaufpreis feststand. Für eine Beteiligung von mindestens 10 % genügt das wirtschaftliche Eigentum, da die Vorschrift über Streubesitzdividenden auf die allgemeine Vorschrift zur Zurechnung von Wirtschaftsgütern mittelbar Bezug nimmt und für die Zurechnung von Wirtschaftsgütern das wirtschaftliche Eigentum ausreicht. Hinweise: Der Fall betrifft Dividenden einer Kapitalgesellschaft, die an eine andere Kapitalgesellschaft ausgeschüttet werden. Derartige Dividenden sind zu 95 % steuerfrei, sofern es sich nicht um Streubesitzdividenden handelt. Trotz der Steuerpflicht von Streubesitzdividenden ist der Verkauf einer Streubesitzbeteiligung zu 95 % steuerfrei. Hat eine Kapitalgesellschaft zu Beginn des Jahres lediglich eine Streubesitzbeteiligung, d.h. zu weniger als 10 %, kann sie im Laufe des Jahres noch eine Beteiligung von mindestens 10 % hinzuerwerben. Das Gesetz fingiert dann, dass der Hinzuerwerb zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt ist; damit besteht dann in diesem Jahr keine Streubesitzbeteiligung mehr, so dass die Dividenden zu 95 % steuerfrei sind. Quelle: BFH, Urteil v. 7.6.2023 – I R 50/19; NWB

  • Bemessungsgrundlage für Grunderwerbsteuer wird um Leistungen Dritter erhöht

    Bemessungsgrundlage für Grunderwerbsteuer wird um Leistungen Dritter erhöht

    Zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gehört nicht nur der Kaufpreis für das Grundstück, sondern auch Leistungen Dritter, die dem Grundstücksverkäufer Geld dafür zahlen, dass er dem Käufer das Grundstück überträgt. Leistungen Dritter können auch dann vorliegen, wenn der Dritte an den Verkäufer einen Kaufpreis für Anteile an der Grundstückserwerberin zahlt und damit sicherstellen will, dass der Verkäufer das Grundstück auf die Grundstückserwerberin überträgt. Hintergrund: Die Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer ist grundsätzlich der Kaufpreis. Der Gesetzgeber zählt aber auch bestimmte weitere Leistungen zur Bemessungsgrundlage, z.B. Leistungen des Käufers an vorkaufsberechtigte Dritte, damit diese auf den Kauf des Grundstücks verzichten, oder Leistungen Dritter an den Grundstücksverkäufer, damit dieser an den vom Dritten bevorzugten Kaufinteressenten verkauft. Sachverhalt: Die A-GmbH war aufgrund eines Anteilskaufs vom 22.12.2014 Alleingesellschafterin der Klägerin, einer GmbH, geworden. Am selben Tag verkaufte die A-GmbH an die Klägerin eine Immobilie mit einem Verkehrswert von ca. 42,2 Mio. € zum Kaufpreis von ca. 6,3 Mio. €. In Höhe der Wertdifferenz von ca. 35,87 Mio. € erfolgte die Grundstücksübertragung als freiwillige Zuzahlung in die Kapitalrücklage der Klägerin. Zwei Wochen zuvor, am 8.12.2014, hatten die C-AG und D-GmbH mit der A-GmbH vereinbart, dass die A-GmbH ihre zukünftigen Anteile an der Klägerin, die sie am 22.12.2014 erwerben wollte, auf die C-AG im Umfang von 94,9 %, also unter der damaligen Steuerbarkeitsgrenze, und auf die D-GmbH zu 5,1 % übertragen soll; der Gesamtkaufpreis für die Anteile sollte ca. 35,8 Mio. € betragen. Die A-GmbH musste nach der Vereinbarung sicherstellen, dass die Immobilie auf die Klägerin übertragen wird, was tatsächlich am 22.12.2014 auch geschah. Das Finanzamt setzte als Bemessungsgrundlage für die Grundstücksübertragung von der A-GmbH auf die Klägerin am 22.12.2014 den Kaufpreis von 6,3 Mio. € sowie den Kaufpreis für die Anteile in Höhe von 35,8 Mio. € an, zusammen 42,1 Mio. €. Hiergegen wehrte sich die Klägerin. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Zum einen geht der Kaufpreis von 6,3 Mio. € in die Bemessungsgrundlage ein. Zum anderen gehören zur Bemessungsgrundlage auch die Leistungen der Dritten an den Verkäufer, die darauf gerichtet sind, dass der Verkäufer dem Erwerber (der Klägerin) das Grundstück überträgt. Im Streitfall waren daher die von der C-AG und der D-GmbH an die A-GmbH gezahlten 35,8 Mio. € in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Denn die C-AG und die D-GmbH wollten die A-GmbH veranlassen, das Grundstück auf die Klägerin zu übertragen, damit sie (C-AG und D-GmbH) anschließend die Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft, nämlich an der Klägerin, erwerben konnten. Hinweise: Ein Kaufpreis wird auch dann als Bemessungsgrundlage angesetzt, wenn er niedriger ist als der Verkehrswert. Zu beachten ist, dass im Jahr 2014 die Anteilsübertragung an die C-AG zu 94,9 % nicht grunderwerbsteuerbar war, da die damalige 95 %-Grenze nicht erreicht wurde. Nach aktueller Rechtslage wäre die Anteilsübertragung an die C-AG grunderwerbsteuerbar, da innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand an der Klägerin zu mindestens 90 % ausgetauscht worden ist. Quelle: BFH, Urteil v. 25.4.2023 – II R 19/20; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: September 2023)

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: September 2023)

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat September 2023 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2023 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben v. 2.10.2023 – III C 3 – S 7329/19/10001 :005 (2023/0938334); NWB

  • Keine Kürzung außergewöhnlicher Belastungen um steuerpflichtige Ersatzleistung

    Keine Kürzung außergewöhnlicher Belastungen um steuerpflichtige Ersatzleistung

    Außergewöhnliche Belastungen werden zwar grundsätzlich um Ersatzleistungen gekürzt, so dass sich nur der geminderte Betrag steuerlich auswirken kann. Die Kürzung unterbleibt jedoch, soweit die Ersatzleistung steuerpflichtig ist und deshalb bereits versteuert wird. Hintergrund: Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, weil er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, und die notwendig und angemessen sind, können als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden. Ein typisches Beispiel hierfür sind Krankheitskosten. Soweit der Steuerpflichtige Ersatzleistungen erhält, z.B. von einer Versicherung, mindern die Ersatzleistungen die außergewöhnlichen Belastungen. Sachverhalt: Die Klägerin war Angestellte im öffentlichen Dienst. Sie erhielt im Jahr 2017 für ihre verstorbene Mutter ein Sterbegeld in Höhe von ca. 6.500 €, obwohl die Klägerin nicht Erbin geworden war. Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung für 2017 die Kosten für die Beerdigung ihrer Mutter als außergewöhnliche Belastung geltend; die Beerdigungskosten waren niedriger als das Sterbegeld. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen wegen des Sterbegelds nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage weitgehend statt und erkannte die Beerdigungskosten, gekürzt um den steuerfreien Versorgungsfreibetrag, als außergewöhnliche Belastungen an: Die Kosten für die Beerdigung eines nahen Angehörigen stellen außergewöhnliche Belastungen dar, da eine sittliche Verpflichtung besteht. Die Kosten sind steuerlich insoweit zu berücksichtigen, als sie nicht aus dem Nachlass bestritten werden können oder durch sonstige Geldleistungen, die dem Steuerpflichtigen aufgrund des Todes des Angehörigen zugeflossen sind, gedeckt werden. Denn im Ergebnis wird der Steuerpflichtige nur in Höhe der Differenz zwischen Beerdigungskosten und Ersatzleistung belastet. Diese Minderung der außergewöhnlichen Belastungen um Ersatzleistungen ist aber nicht vorzunehmen, soweit die Ersatzleistung steuerpflichtig ist und deshalb versteuert werden muss. Das Sterbegeld war ein steuerpflichtiger Versorgungsbezug und musste von der Klägerin als Arbeitslohn versteuert werden. Allerdings blieb das Sterbegeld in Höhe des Versorgungsfreibetrags steuerfrei. Daher war nur in Höhe des steuerfreien Versorgungsfreibetrags eine Minderung der außergewöhnlichen Belastungen (Beerdigungskosten) vorzunehmen. Hinweise: Würde man eine steuerpflichtige Ersatzleistung von den außergewöhnlichen Belastungen abziehen, käme es zu einer unzulässigen doppelten steuerlichen Belastung. Denn zum einen müsste die Ersatzleistung versteuert werden, zum anderen wäre der Abzugsbetrag niedriger. Zu beachten ist, dass sich die – um steuerfreie Ersatzleistungen geminderten – außergewöhnlichen Belastungen nur dann steuerlich auswirken, wenn sie die sog. zumutbare Eigenbelastung übersteigen, die von der Höhe der Einkünfte und vom Familienstand (ledig oder verheiratet und Anzahl der Kinder) abhängig ist. Quelle: BFH, Beschluss v. 15.6.2023 – VI R 33/20; NWB