Aktuelles
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Entwurf eines Steuerfortentwicklungsgesetzes (vormals 2. Jahressteuergesetz 2024)
Die Bundesregierung hat am 24.7.2024 den Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz – SteFeG) beschlossen. Ursprünglich wurde das Gesetz vom Bundesfinanzministerium als sog. JStG 2024 II in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht und u.a. um Maßnahmen des sog. Wachstumspakets ergänzt.Inhaltlich hervorzuheben sind folgende steuerliche Regelungen bzw. Regelungsbereiche:Anpassungen des Einkommensteuertarifs:Anhebung des in den Einkommensteuertarif integrierten Grundfreibetrags um 300 € auf 12.084 € im Jahr 2025 und ab 2026 um 252 € auf 12.336 €Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetrags für den VZ 2025 um 60 € auf 6.672 € und ab dem VZ 2026 um 156 € auf 6.828 €Anpassung der übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs für die VZ 2025 und ab 2026 (mit Ausnahme des Eckwerts der sog. „Reichensteuer“)Anhebung der Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag für die VZ 2025 und ab 2026Aufträge aus dem Koalitionsvertrag:Überführung der Steuerklassen III und V in das FaktorverfahrenAnpassungen bei den Regelungen zur GemeinnützigkeitMitteilungspflicht über innerstaatliche SteuergestaltungenMaßnahmen des Wachstumspakets:Reform der Sammelabschreibungen durch Einstieg in die Gruppen- bzw. Pool-Abschreibung (Anhebung auf 5.000 €)Fortführung der degressiven Abschreibung für im Zeitraum 2025 bis 2028 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 7 Abs. 2 EStG) und Wiederanhebung auf das Zweieinhalbfache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes, höchstens 25 ProzentAusweitung der steuerlichen ForschungsförderungWeitere Maßnahmen:Anhebung des Kindergeldes ab Januar 2025 von 250 € auf 255 € monatlich sowie Anhebung des Kindergeldes ab Januar 2026 auf 259 € monatlichErhöhung des Sofortzuschlages im SGB II, SGB XII, SGB XIV, AsylbLG und BKGG ab Januar 2025 von 20 € auf 25 € monatlichSteuerbefreiung der Stiftung GenerationenkapitalDigitalisierung der SterbefallanzeigenAnpassungen aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur Gewährung von Kindergeld und von Freibeträgen für Kinder an UnionsbürgerHinweis: Ebenfalls am 24.7.2024 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 beschlossen, mit dem die steuerliche Freistellung des Existenzminimums der Einkommensteuerpflichtigen für das Jahr 2024 sichergestellt werden soll. Beide Vorhaben müssen noch das weitere Gesetzgebungsverfahren durchlaufen.Quelle: Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs; NWB
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Bundesfinanzministerium: Umsatzsteuerliche Zuordnung zum Unternehmen
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zur umsatzsteuerlichen Zuordnung gemischt-genutzter Gegenstände (bzw. gemischt genutzter Dienstleistungen) zum Unternehmen Stellung genommen. Dabei berücksichtigt das BMF die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die zu einer Änderung der bisherigen Grundsätze geführt hat.Hintergrund: Verwendet ein Unternehmer einen Gegenstand zu mindestens 10 % für sein Unternehmen und daneben noch privat, hat er umsatzsteuerlich ein sog. Zuordnungswahl-recht. Er kann den Gegenstand grundsätzlich entweder vollständig oder nur anteilig oder aber gar nicht seinem Unternehmen zuordnen und dementsprechend die Vorsteuer vollständig, anteilig oder gar nicht abziehen. Im Gegenzug muss er allerdings im Umfang der Zuordnung die Privatnutzung des Gegenstands der Umsatzsteuer unterwerfen. Der BFH verlangt aufgrund einer Grundsatzentscheidung des EuGH nicht mehr, dass das Zuordnungswahlrecht bis zum Termin für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung ausgeübt werden muss; es genügt, wenn der Unternehmer eine Zuordnungsentscheidung trifft und diese zeitnah dokumentiert. Wesentlicher Inhalt des aktuellen BMF-Schreibens: Das BMF folgt im Grundsatz der geänderten Rechtsprechung des BFH. Es ist daher nicht mehr erforderlich, dass der Unternehmer dem Finanzamt bis zum Abgabetermin für die Umsatzsteuererklärung seine Zuordnungsentscheidung mitteilt. Es genügt vielmehr, dass der Unternehmer eine Zuordnungsentscheidung trifft, ob und ggf. in welchem Umfang er den gemischt-genutzten Gegenstand seinem Unternehmen zuordnet, und diese Zuordnungsentscheidung dokumentiert. Die Dokumentation erfolgt in der Regel dadurch, dass der Unternehmer die Vorsteuer für den gemischt-genutzten Gegenstand im Umfang seiner umsatzsteuerlichen Zuordnung geltend macht. Statt eines Vorsteuerabzugs kann der Unternehmer seine Zuordnungsentscheidung auch durch andere Beweisanzeichen, die nach außen hin objektiv erkennbar sind, dokumentieren. Hierzu gehört etwa der Abschluss eines Vertrags, aus dem sich ergibt, dass der Gegenstand für Ausgangsumsätze eingesetzt wird, oder Bauantragsunterlagen, aus denen sich ergibt, dass ein Teil des Gebäudes dem Unternehmen dienen soll, oder aus einer betrieblichen Versicherung für den gemischt-genutzten Gegenstand, oder aus der ertragsteuerlichen Behandlung des Gegenstands als Betriebsvermögen oder aus dem Kauf des Gegenstands unter Verwendung des Firmennamens. Die Dokumentation muss dem Finanzamt zwar nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegt oder mitgeteilt werden. Jedoch muss die Dokumentation bis zum Abgabetermin der Umsatzsteuererklärung erfolgen. Dabei kommt es auf den Abgabetermin für steuerlich nicht vertretene Unternehmer an, selbst wenn der Unternehmer seine Umsatzsteuererklärung durch einen Steuerberater erstellen lässt und daher seine Umsatzsteuererklärung erst zu einem späteren Zeitpunkt abgeben muss. Hinweise: Die Dokumentationsfrist für steuerlich vertretene Unternehmer ist umstritten. Nach dem Finanzgericht Köln muss sich die längere Abgabefrist für Umsatzsteuererklärungen von Unternehmern, die einen Steuerberater beauftragt haben, auch auf die Dokumentationsfrist auswirken und zu einer entsprechenden Verlängerung der Dokumentationsfrist führen. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es hierzu allerdings nicht. Um sicher zu gehen, empfiehlt sich auch weiterhin die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in der Umsatzsteuervoranmeldung. Das neue BMF-Schreiben gilt für allen offenen Fälle. Quelle: BMF-Schreiben vom 17.5.2024 – III C 2 – S 7300/19/10002 :001 (zur Dokumentationsfrist: FG Köln, Urteil v. 7.11.2023 – 8 K 2418/22, rechtskräftig; NWB
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Umsatzsteuersatz für „Dinner-Show“ im Zeitraum vom 1.7.2020 bis 31.12.2023
Für eine „Dinner-Show“, die aus einem mehrgängigen Menü und mehreren künstlerischen Darbietungen besteht, gilt im Zeitraum vom 1.7.2020 bis 31.12.2023 ein ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 %. Denn die „Dinner-Show“ ist eine einheitliche komplexe Leistung, die aus zwei gleichwertigen Einzelleistungen zusammengesetzt ist, für die in dem genannten Zeitraum jeweils der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % galt. Hintergrund: In der Zeit vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2023 unterlagen Umsätze eines Restaurants für Speisen einem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Dies galt jedoch nicht für Getränke, die weiterhin mit 19 % besteuert wurden. Sachverhalt: Die Klägerin veranstaltete im Jahr 2021 eine sog. Dinner-Show. Die „Dinner-Show“ bestand aus einem mehrgängigen Menü, und in den Pausen zwischen den einzelnen Menügängen fanden verschiedene künstlerische und artistische Darbietungen statt. Die Getränke wurden gesondert in Rechnung gestellt. Die Klägerin versteuerte ihre Umsätze aus dem Eintrittspreis für die „Dinner-Show“ mit 7 % und die Umsätze aus dem Verkauf der Getränke mit 19 %. Das Finanzamt wandte hingegen insgesamt einen Umsatzsteuersatz von 19 % an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Für die „Dinner-Show“ gilt ein ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 %. Es handelt sich um eine einheitliche komplexe Leistung, die sich aus zwei gleichwertigen Elementen zusammensetzt. Dies ist zum einen das mehrgängige Menü und zum anderen die Unterhaltung mit künstlerischen und artistischen Darbietungen. Beide Elemente, das Menü und die Unterhaltung, unterlagen im streitigen Zeitraum jeweils dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. In diesem Zeitraum wurden nämlich Restaurationsumsätze, soweit es um Speisen ging, nur ermäßigt besteuert. Und künstlerische Darbietungen unterliegen ohnehin nur einem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Da beide Elemente – Menü und Unterhaltung – gleichwertig waren und jeweils einem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterlegen hätten, wenn sie separat angeboten worden wären, gilt für die einheitliche Leistung „Dinner-Show“ nichts anderes. Hinweise: Seit dem 1.1.2024 gilt für Restaurationsumsätze wieder der reguläre Steuersatz von 19 %; die Herabsetzung des Umsatzsteuersatzes auf 7 % bis zum 31.12.2023 war coronabedingt erfolgt. Die Entscheidung des BFH würde für eine Dinner-Show, die ab dem 1.1.2024 durchgeführt wird, aufgrund des Wegfalls des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurationsumsätze daher anders ausfallen. Denn in seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes abgelehnt, wenn eine einheitliche Leistung aus mehreren gleichwertigen Elementen besteht, von denen aber mindestens ein Element dem regulären Umsatzsteuersatz unterliegt. Quelle: BFH, Beschluss vom 29.5.2024 – XI B 3/23; NWB