Aktuelles

  • Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen

    Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen

    Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht in zwei weiteren Entscheidungen die Höhe der Säumniszuschläge von 12 % jährlich (= 1 % monatlich) als verfassungsgemäß an. Dies gilt auch für den Zeitraum ab dem 1.1.2019, in dem der Zinssatz für Nachzahlungszinsen, die bei Steuernachzahlungen entstehen, aus verfassungsrechtlichen Gründen von 6 % auf 1,8 % jährlich herabgesetzt worden ist. Dem BFH zufolge sind Säumniszuschläge nicht mit Nachzahlungszinsen vergleichbar. Hintergrund: Bei einer verspäteten Zahlung von Steuern werden für jeden Monat Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des rückständigen Betrags verwirkt (jährlich 12 %). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2021 die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat deshalb rückwirkend ab 1.1.2019 den Zinssatz auf 0,15 % monatlich bzw. 1,8 % jährlich gemindert. Für Säumniszuschläge gilt der Satz von 1 % pro Monat weiterhin; ob diese Höhe verfassungskonform ist, ist umstritten. Der BFH hat bislang überwiegend die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bestätigt. Sachverhalt: In den beiden aktuellen Fällen ging es um Säumniszuschläge für Zeiträume ab dem 1.1.2019. Eines der beiden Verfahren war ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem es um die Aussetzung der Vollziehung eines Abrechnungsbescheids über Säumniszuschläge ging. Das andere Verfahren betraf eine Klage gegen einen Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge. Für die beiden Verfahren waren der X. und der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zuständig.Entscheidung: Beide Senate des BFH bestätigten die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge: Der X. und der XI. Senat des BFH stützen sich jeweils auf zwei Urteile des VII. BFH-Senats, in denen dieser für Zeiträume bis zum 31.12.2018 die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bejaht hat. Für Säumniszuschläge gelten nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die vom BVerfG an Nachzahlungszinsen gestellt werden. Bei Säumniszuschlägen geht es nämlich vorrangig um die Sanktionierung einer verspäteten Zahlung, während bei Zinsen die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen im Vordergrund steht. Zwar gibt es seit dem Jahr 2014 ein strukturelles Niedrigzinsniveau in Deutschland; dieses muss bei Säumniszuschlägen aber nicht berücksichtigt werden, da Säumniszuschläge weder Zinsen sind noch einen konkreten Zinsanteil enthalten. Die Ausführungen des VII. BFH-Senats bezogen sich zwar auf Zeiträume bis zum 31.12.2018; nach den beiden aktuellen Entscheidungen des BFH gelten diese Ausführungen aber auch für Zeiträume ab 2019. Denn die verfassungsrechtlichen Gründe für eine Unterscheidung zwischen Nachzahlungszinsen einerseits und Säumniszuschlägen andererseits gilt auch für Zeiträume ab 1.1.2019. Hinweis: Zwar gibt es auch eine abweichende Entscheidung eines weiteren BFH-Senats (VIII. Senat), der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert hat. In den beiden aktuellen Entscheidungen wird die abweichende Entscheidung dieses weiteren Senats aber als überholt bezeichnet, weil nunmehr die Urteile des VII. Senats vorliegen, die die Verfassungsmäßigkeit bestätigen. Eine abschließende Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit kann nur vom BVerfG getroffen werden. Quelle: BFH, Beschluss vom 13.9.2023 – XI B 38/22 (AdV); Urteil vom 23.8.2023 – X R 30/21; NWB

  • Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für einen Zins-Swap

    Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für einen Zins-Swap

    Aufwendungen für einen Zins-Swap sind gewerbesteuerlich grds. nicht dem Gewinn hinzuzurechnen, da die Aufwendungen nicht für eine Kapitalüberlassung in Gestalt eines Darlehensvertrags gezahlt werden. Eine Hinzurechnung kommt jedoch dann in Betracht, wenn der Zins-Swap und der Darlehensvertrag als einheitliche Schuld zusammengefasst werden können, weil sie in sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht eng miteinander verflochten sind.Hintergrund: Bei der Gewerbesteuer wird ein Viertel der Zinsen dem Gewinn wieder hinzugerechnet, soweit der Hinzurechnungsbetrag zusammen mit anderen gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen 200.000 € übersteigt. Sachverhalt: Die Klägerin schloss am 21.7.2006 mit einem spanischen Bankenkonsortium, das aus vier Banken bestand, einen Darlehensvertrag über ein Gesamtvolumen von ca. 180 Mio. €. Am 19.10.2006 traten sechs weitere Banken dem Konsortium bei, sodass insgesamt zehn Banken zum Konsortium gehörten. Im Zeitraum vom 31.10.2006 bis 12.1.2007 schloss die Klägerin mit den vier ursprünglichen Konsortiumsbanken jeweils einen Zins-Swap-Vertrag. Der jeweilige Zins-Swap-Vertrag sollte bis zum 31.12.2014 laufen und bezog sich auf einen Sicherungsbetrag von 20 Mio. € (insgesamt 80 Mio. €); der Zins-Swap-Vertrag war von der Valutierung des Darlehens unabhängig. Das Finanzamt sah in den Zins-Swap-Aufwendungen i. H. von ca. 2 Mio. € (2010) und ca. 1,6 Mio. € (2011) Zinsen und rechnete sie gewerbesteuerlich hinzu.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Der BFH widersprach der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Die Zins-Swap-Aufwendungen waren keine Zinsen, da sie nicht für die Überlassung von Kapital gezahlt wurden. Der Zins-Swap-Vertrag und der Darlehensvertrag könnten nur dann als einheitliche Schuld zusammengefasst werden, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies wäre der Fall, wenn sie in sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht eng miteinander verflochten wären, also beide Verträge die identischen Vertragspartner hätten, zum gleichen Zeitpunkt abgeschlossen worden wären, gleich hohe Beträge und Laufzeiten hätten und wenn die Fälligkeitstermine der Zins- und Swapverbindlichkeiten aufeinander abgestimmt wären. Die vorstehend genannten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn weder Laufzeit noch die Höhe der Darlehensvaluta waren identisch. Die ursprünglichen vier Konsortialbanken, die auch Vertragspartner der Zins-Swap-Vereinbarungen waren, hatten Darlehen nur i.H. von jeweils ca. 13,6 Mio. € gewährt, während sich der jeweilige Zins-Swap auf jeweils 20 Mio. € bezog. Zudem waren die Zins-Swap-Aufwendungen unabhängig von den Darlehensvertragsverpflichtungen zu erbringen. Ferner sind die Zins-Swap-Vereinbarungen weder vollständig noch anteilig auf die weiteren sechs Konsortialbanken, die dem Konsortium später beigetreten sind, übergegangen.Hinweise: Im Streitfall blieb es somit bei dem Grundsatz, dass mehrere Schuldverhältnisse nicht zusammengefasst werden können. Ein bloßer Kausalzusammenhang zwischen den Verträgen, dass der Zins-Swap-Vertrag ohne den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen worden wäre, reicht nicht aus. Ein Zins-Swap, also Zinstausch, dient dazu, die Risiken, die sich aus schwankenden Zinssätzen ergeben, zu mindern. Im Ergebnis soll eine Zinssicherung erreicht werden. Wird im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein Immobiliendarlehen durch einen Zins-Swap abgesichert, sind die laufenden Aufwendungen für den Zins-Swap zwar Werbungskosten, nämlich Schuldzinsen. Ein abschließender Verlust bei Beendigung des Zins-Währungs-Swaps ist nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung aber nicht als Werbungskosten absetzbar, weil er aus dem Fremdwährungsrisiko resultiert und damit die nicht steuerbare Vermögenssphäre betrifft.Quelle: BFH, Urteil vom 16.11.2023 – III R 27/21; NWB

  • Heisenberg-Stipendium ist steuerfrei

    Heisenberg-Stipendium ist steuerfrei

    Das sog. Heisenberg-Studium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ist steuerfrei, wenn das Stipendium den für die Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Betrag nicht übersteigt. Die Steuerfreiheit besteht auch dann, wenn zum Stipendium ein Zuschlag für eine etwaige Versteuerung des Stipendiums gezahlt wird, dieser Zuschlag aber im Fall der Steuerfreiheit zurückzuzahlen ist.Hintergrund: Stipendien aus öffentlichen Mitteln oder von gemeinnützigen Körperschaften sind steuerfrei, wenn sie den Betrag, der für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlich ist, nicht übersteigen und wenn der Stipendiat nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet ist. Sachverhalt: Die Klägerin war Wissenschaftlerin und vertrat bis 2017 eine Professur an der Universität in Z, hatte selbst jedoch keine Professur inne. Ab 2017 erhielt sie von der DFG ein Heisenberg-Stipendium, dessen Höhe unter dem Gehalt lag, das sie für die Vertretungstätigkeit in Z erhalten hatte. In dem Grundbetrag des Stipendiums war ein Zuschlag für eine etwaige Versteuerung des Stipendiums enthalten. Das Heisenberg-Stipendium dient der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und soll jungen Wissenschaftlern ermöglichen, eine wissenschaftliche Leitungsposition zu übernehmen, z.B. eine Professur. Nach den Stipendiumsbedingungen war die Klägerin verpflichtet, ihre Arbeitskraft auf ihre Forschungsarbeit zu konzentrieren und am Ende der Förderung ihre Forschungsergebnisse der DFG zu präsentieren. Die Klägerin war außerdem verpflichtet, in dem Umfang Lehrveranstaltungen abzuhalten, der erforderlich ist, um die Lehrbefugnis aufrechtzuerhalten. Das Finanzamt behandelte das Stipendium nicht als steuerfrei, sondern erfasste es als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Hiergegen wehrte sich die Klägerin. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte die Steuerfreiheit und gab der Klage statt: Der BFH ließ offen, ob die Klägerin mit dem Bezug des Stipendiums überhaupt Einkünfte erzielt hatte und ob es sich hierbei um Einkünfte aus selbständiger oder aus nichtselbständiger Tätigkeit gehandelt hatte oder aber um sonstige Einkünfte in Gestalt wiederkehrender Bezüge. Jedenfalls waren die Stipendiumszahlungen steuerfrei, da die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt waren. Das Stipendium wurde für die Förderung der Forschung und wissenschaftlichen Aus- und Fortbildung von einer gemeinnützigen Körperschaft gezahlt, nämlich der DFG. Die Höhe des Stipendiums überschritt auch nicht den für die Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Bedarf. Die Erforderlichkeit richtet sich nach der allgemeinen Verkehrsauffassung. Ein gewichtiges Indiz ist die Höhe des vorherigen Gehalts. Im Streitfall lag das Stipendium nicht über dem Gehalt, das die Klägerin für ihre Lehrstuhlvertretung bezogen hatte. Der im Stipendium enthaltene Sachkostenzuschuss überstieg auch nicht den für die Erfüllung der Forschungsaufgabe erforderlichen Betrag. Schließlich war die Klägerin nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen Gegenleistung verpflichtet. Die Verpflichtung zu einer Forschungstätigkeit und zur Präsentation der Forschungsergebnisse ist keine Gegenleistung, sondern dient dem Förderzweck. Die Klägerin hatte auch nicht eine bestimmte Arbeitnehmertätigkeit zu erfüllen; denn sie stand in keinem Arbeits- oder Dienstverhältnis zu ihrer Universität. Hinweise: Unschädlich war, dass in dem Stipendium ein Zuschlag für den Fall einer etwaigen Besteuerung enthalten war. Dies führte nicht zu einer Doppelbegünstigung der Klägerin, da sie im Fall der Steuerfreiheit den Zuschlag an die DFG zurückzahlen muss.Schädlich wäre es gewesen, wenn die Klägerin etwas hätte leisten müssen, was für die DFG einen eigenen wirtschaftlichen Wert gehabt hätte, sodass das Stipendium eine Entlohnung dieser Tätigkeit darstellen würde.Quelle: BFH, Beschluss v. 24.10.2023 – VIII R 11/22; NWB