Aktuelles
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Organschaft bei unterjährigem qualifiziertem Anteilstausch
Bringt ein Alleingesellschafter einer GmbH (GmbH 1) seine GmbH-Anteile in eine andere GmbH (GmbH 2) im Wege eines sog. qualifizierten Anteilstauschs unterhalb des gemeinen Werts der Anteile ein und wird anschließend im Lauf des Jahres eine Organschaft zwischen der GmbH 1 als Organgesellschaft und der GmbH 2 als Organträger begründet., ist die für die Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung der GmbH 1 in die GmbH 2 zu bejahen; denn die GmbH 2 tritt in die Rechtsstellung des Alleingesellschafters ein, so dass von Beginn des Wirtschaftsjahrs an eine finanzielle Eingliederung der GmbH 1 zu bejahen war. Hintergrund: Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft zwischen einem Organträger und einer Organgesellschaft wird das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet und von diesem versteuert. Eine Organschaft setzt u.a. einen Ergebnisabführungsvertrag sowie eine finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger ununterbrochen vom Beginn des Wirtschaftsjahrs voraus; der Organträger muss also bei einem Wirtschaftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, vom 1.1. die Stimmrechtsmehrheit bei der Organgesellschaft haben.Sachverhalt: Der C war seit 2008 Alleingesellschafter der OG-GmbH, deren Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entsprach. Im Januar 2010 gründete C die B-GmbH. Er brachte seine Anteile an der OG-GmbH am 15.1.2010 im Wege eines sog. Qualifizierten Anteilstauschs zum Buchwert, also unterhalb des gemeinen Werts, in die B-GmbH ein, so dass die B-GmbH Alleingesellschafterin der OG-GmbH war. Im Februar 2010 schloss die B-GmbH mit der OG-GmbH einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab, der für eine Organschaft erforderlich ist. Die OG-GmbH machte für 2010 eine Organschaft geltend und rechnete ihr Einkommen der B-GmbH zu. Das Finanzamt behandelte die Gewinnabführung durch die OG-GmbH an die B-GmbH als Gewinnausschüttung und setzte Körperschaftsteuer gegenüber der OG-GmbH fest. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte eine Organschaft zwischen der OG-GmbH und der B-GmbH und gab der Klage der OG-GmbH statt: Die für eine Organschaft erforderliche finanzielle Eingliederung der OG-GmbH in den Organträger war zu bejahen. Zwar war die OG-GmbH erst ab dem 15.1.2010 in die B-GmbH finanziell eingegliedert. Die OG-GmbH war aber vom 1.1.2010 bis zum 15.1.2010 in den C finanziell eingegliedert, da dieser als Alleingesellschafter die Stimmenmehrheit hielt. Der B-GmbH war die finanzielle Eingliederung der OG-GmbH in den C im Zeitraum vom 1.1.2010 bis 15.1.2010 zuzurechnen, da die B-GmbH in die Rechtsstellung des C hinsichtlich der finanziellen Eingliederung eingetreten ist. Denn aufgrund des qualifizierten Anteilstauschs unterhalb des gemeinen Wertes, nämlich zum Buchwert, kam es zu einer Rechtsnachfolge der B-GmbH. Hinweise: Unbeachtlich war, dass der Beginn des Wirtschaftsjahrs der OG-GmbH (1.1.2010) nicht mit dem umwandlungsteuerlichen Übertragungsstichtag (15.1.2010) identisch war. Ebenso war es unschädlich, dass am 1.1.2010 noch keine Organschaft zwischen der OG-GmbH und dem C bestand. Die Rechtsnachfolge bei einem umwandlungssteuerlichen Vorgang wie im Streitfall wird auch als Fußstapfentheorie bezeichnet, weil der übernehmende Rechtsträger (B-GmbH) in die Fußstapfen des übertragenden Rechtsträgers (C) tritt. Quelle: BFH, Urteil vom 11.7.2023 – I R 40/20; NWB
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Grundsteuer: Zweifel an der Rechtmäßigkeit der neuen Grundstücksbewertung
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf den 1.1.2022 bundesweit vorzunehmenden Grundstücksbewertung, die die Grundlage für die neue Grundsteuer zum 1.1.2025 ist. Das FG hat die Aussetzung der Vollziehung gewährt und die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen. Hintergrund: Die Grundsteuer wird aus verfassungsrechtlichen Gründen derzeit reformiert, da die bisherigen Grundstücksbewertungen, die die Grundlage für die Grundsteuer waren, nicht mehr die zutreffenden Werte abbildeten, sondern veraltet waren. Deshalb werden zum Stichtag 1.1.2022 alle Grundstücke in der Bundesrepublik neu bewertet. Auf der Grundlage dieser Bewertung wird dann ab dem 1.1.2025 die Grundsteuer neu festgesetzt werden. Sachverhalte: Dem FG lagen zwei Sachverhalte zu Grunde, bei denen die Bewertung nach dem sog. Bundesmodell vorgenommen wurde. Im ersten Fall ging es um ein 1880 errichtetes Einfamilienhaus, das seit Jahrzehnten nicht mehr renoviert worden war. Das Finanzamt legte den gesetzlich normierten Mietwert zu Grunde und gelangte zu einem Grundsteuerwert von 91.600 €. Der Antragsteller hielt den Mietwert für überhöht und beantragte im Umfang des überhöhten Betrags die Aussetzung der Vollziehung. Im zweiten Fall ging es um ein 1977 errichtetes Einfamilienhaus, das an einem Hang in zweiter Reihe lag und nur über einen Privatweg erreichbar war. Das Finanzamt legte der Bewertung zum 1.1.2022 den Bodenrichtwert von 300 €/qm zu Grunde und bewerte das 1.053 qm große Grundstück mit 318.800 €. Der Antragsteller machte einen Abschlag auf den Bodenrichtwert in Höhe von 30 % geltend und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Entscheidung: Das FG gab beiden Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung statt: Die Aussetzung der Vollziehung setzt ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids voraus. Diese ernstlichen Zweifel waren in beiden Fällen zu bejahen. So bestehen bereits Bedenken, ob die rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse, die an der Ermittlung der Bodenrichtwerte beteiligt sind, wirklich unabhängig sind; die Möglichkeit einer Einflussnahme kann nach den Regelungen über die Zusammensetzung der Ausschüsse nicht ausgeschlossen werden. Zudem könnte auch die Datengrundlage für die Ermittlung der Bodenrichtwerte zweifelhaft sein, weil Datenlücken zu befürchten sind. Die Bodenrichtwerte müssen zudem häufig aus einem Gesamtkaufpreis, der für ein bebautes Grundstück gezahlt wird, abgeleitet werden. Hier droht ein sog. Vollzugsdefizit, weil die Gutachterausschüsse den Sachverhalt nicht hinreichend ermitteln und die Angaben in den Kaufverträgen nicht hinreichend überprüfen können. Weiterhin können durch die typisierte und pauschale Bewertung erhebliche Härten entstehen, weil die individuellen Umstände des einzelnen Grundstücks unberücksichtigt bleiben und nicht durch ein Gutachten belegt werden dürfen. Die neue Grundstücksbewertung dürfte einerseits zu einer systematischen Überbewertung von Immobilien in schlechteren Lagen bzw. in schlechterem Zustand und andererseits zu einer systematischen Unterbewertung von Immobilien in guter Lage bzw. gutem Zustand führen. Hinweise: Es handelt sich um Beschlüsse im Eilverfahren. Ob die neue Grundstücksbewertung nach dem Bundesmodell tatsächlich verfassungswidrig ist, kann nur das Bundesverfassungsgericht beurteilen, das bislang noch nicht angerufen worden ist. Bis dahin besteht also erhebliche Rechtsunsicherheit. Zudem ist noch nicht bekannt, ob die Grundsteuer-Hebesätze ab dem 1.1.1925 von den einzelnen Gemeinden gesenkt werden; der Umfang der steuerlichen Auswirkung der Grundsteuerreform ist also noch nicht klar. Solange die Grundsteuer zu den umlagefähigen Betriebskosten gehört, trägt bei vermieteten Immobilien der Mieter die Grundsteuer. Die Aussetzung der Vollziehung führt in den beiden Verfahren dazu, dass die Grundsteuer ab dem 1.1.2025 auf der Grundlage der niedrigeren, von den Antragstellern geltend gemachten Grundstückswerten vorläufig festzusetzen ist. Das FG hat die Beschwerde zum BFH zugelassen, so dass die aktuellen Beschlüsse noch nicht rechtskräftig sind. Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 23.11.2023 – 4 V1295/23 und 4 V 1429/23; NWB
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Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung von großen Wohnungen
Wird eine Wohnung oder ein Haus mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm dauerhaft vermietet, muss die Einkünfteerzielungsabsicht geprüft werden, damit Werbungskosten steuerlich anerkannt werden können. Die Vermutung, dass bei einer dauerhaften Vermietung eine Einkünfteerzielungsabsicht besteht, gilt bei derart großen Wohnobjekten nicht, weil es keine ortsübliche Marktmiete gibt. Hintergrund: Werden Immobilien zu Wohnzwecken dauerhaft vermietet, wird die Absicht der Einkünfteerzielung grundsätzlich vermutet. Eine sog. Totalüberschussprognose muss dann also nicht durchgeführt werden. Mit der Totalüberschussprognose wird ermittelt, ob sich nach 30 Jahren ein Überschuss aus der Vermietung erzielen lässt. Sachverhalt: Die Kläger vermieteten in den Jahren 2011 bis 2014 drei Einfamilienhäuser mit Wohnflächen von 291 qm, 322 qm und 331 qm und deren Anschaffung mit Immobilienkrediten finanziert worden war. Die drei Häuser wurden an die drei volljährigen Kinder und deren Ehegatten vermietet. Die monatliche Kaltmiete betrug je nach Haus und Jahr zwischen 2.050 € und 3010 €. Die Kläger machten in ihren Einkommensteuererklärungen für 2011 bis 2014 die mit der Vermietung in Zusammenhang stehenden Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Werbungskosten nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht zur weiteren Aufklärung zurück, damit es die Einkünfteerzielungsabsicht überprüft: Die steuerliche Anerkennung von Verlusten setzt bei allen Einkunftsarten eine Einkünfteerzielungsabsicht voraus, also die Absicht, insgesamt einen Gewinn bzw. Überschuss zu erzielen. Bei den Vermietungseinkünften wird die Einkünfteerzielungsabsicht zwar angenommen, wenn die Vermietung von Wohnflächen auf Dauer angelegt ist, also insbesondere nicht befristet erfolgt. Dies gilt jedoch nur für Wohnungen, die üblicherweise vermietet werden, weil sich der Gebrauchswert derartiger Wohnungen in der ortsüblichen Marktmiete widerspiegelt. Die Vermutung einer Einkünfteerzielungsabsicht greift jedoch nicht, wenn die Marktmiete keine angemessene Gegenleistung ist, weil sie den besonderen Wohnwert offensichtlich nicht angemessen widerspiegelt. Dies ist bei aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohnungen der Fall. Zu den aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohnungen gehören auch Wohnobjekte mit einer Wohnfläche von mehr als 250 m². Der Mietspiegel ist für derart große Wohnungen nicht anwendbar bzw. nicht aussagekräftig. Im Streitfall galt z.B. der Mietspiegel der Stadt, in der sich die drei Einfamilienhäuser befanden, nicht für Wohnungen mit einer Wohnfläche von mehr als 160 qm. Es muss daher eine Totalüberschussprognose für einen Zeitraum von 30 Jahren, der typischen Vermietungstätigkeit, durchgeführt werden. Dieser Zeitraum beginnt ab dem Erwerb. Hinweise: Das FG hatte zwar bereits eine Totalüberschussprognose durchgeführt, jedoch den Beginn des Prognosezeitraums nicht zutreffend ermittelt, sondern zum Teil fehlerhaft einen späteren Beginn zu Grunde gelegt. Außerdem muss das FG bei der Prognose u.a. noch prüfen, ob die bereits in den Streitjahren erfolgten Mieterhöhungen sowie die späteren Zinsanpassungen am 1.12.2017 und 1.12.2019 objektiv vorhersehbar waren. Die Ausführungen des BFH gelten auch bei der Vermietung sehr großer Wohnungen an fremde Dritte. Allerdings dürfte im Streitfall der Umstand, dass alle drei Häuser an die eigenen Kinder und deren Ehegatten vermietet wurden, die Aufmerksamkeit des Finanzamts erregt haben. Bei „normal“ großen Wohnungen wird die Einkünfteerzielungsabsicht zwar im Fall dauerhafter Vermietung vermutet. Dies bedeutet aber nicht, dass Werbungskosten dann zwingend anzuerkennen sind. Denn liegt die vereinbarte Miete unter 66 % der ortsüblichen Miete, kann dies nach dem Gesetz zu einer teilweisen Nichtanerkennung von Werbungskosten führen. Diese Regelung war im Streitfall nicht zu prüfen, weil es um die subjektive Einkünfteerzielungsabsicht ging.Quelle: BFH, Urteil vom 20.6.2023 – IX R 17/21; NWB