Aktuelles
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Umsatzsteuer: Sog. Nullsteuersatz für kleinere Photovoltaikanlagen
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zu Einzelfragen zum Umsatzsteuersatz von 0 % auf die Lieferung von Photovoltaikanlagen Stellung genommen. Hintergrund: Ab dem 1.1.2023 wird die Lieferung von Solarmodulen einer Photovoltaikanlage an den Betreiber einer Photovoltaikanlage mit einer Umsatzsteuer von 0 % (sog. Null-steuersatz) besteuert, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt. Dies betrifft nicht die Einspeisung des Stroms in das Stromnetz, sondern nur die Lieferung der Photovoltaikanlage durch den Hersteller oder Händler an den Betreiber. Einzelfragen zum Nullsteuersatz: Das BMF nimmt zu Einzelfragen, die sich aus dem neuen Nullsteuersatz ergeben, Stellung. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen stellen wir Ihnen hier vor:Wer vor dem 1.1.2023 eine Photovoltaikanlage erworben hat, musste hierauf noch Umsatzsteuer zahlen, da der Nullsteuersatz erst ab dem 1.1.2023 gilt. Das BMF lässt bis zum 11.1.2024 eine Entnahme rückwirkend zum 1.1.2023, also dem Tag des Inkrafttretens des Nullsteuersatzes, zu. Hinweis: Nach dem BMF ist die Entnahme zulässig, wenn der erzeugte Strom zu mehr als 90 % für nichtunternehmerische Zwecke verwendet wird. Dies soll angenommen werden können, wenn ein Teil des mit der Photovoltaikanlage erzeugten Stroms in einer Batterie gespeichert wird, wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 % nahelegt, wenn der erzeugte Strom regelmäßig für ein im Privatvermögen befindliches E-Fahrzeug verwendet wird oder wenn eine Wärmepumpe, die nicht dem Unternehmen zugeordnet worden ist, betrieben wird. Erklärt man die Entnahme bis zum 11.1.2024 gegenüber dem Finanzamt, gehört die Photovoltaikanlage rückwirkend zum 1.1.2023 zum Privatvermögen, so dass die Nutzung des erzeugten Stroms für private Zwecke nicht mehr als Entnahme der Umsatzsteuer unterliegt.Hinweis: Zwar unterliegt die Entnahme rückwirkend zum 1.1.2023 der Umsatzsteuer; hier gilt nun aber der neue Nullsteuersatz, so dass im Ergebnis keine Umsatzsteuer auf die Entnahme anfällt. Die Entnahme führt auch nicht zu einer Berichtigung der Vorsteuer. Eine Entnahme ist daher durchaus sinnvoll. Die Einspeisung des Stroms in das Netz gegen Entgelt unterliegt aber weiterhin der Umsatzsteuer, es sei denn, der Betreiber der Photovoltaikanlage ist Kleinunternehmer. Wer sich aber zunächst gegen die Kleinunternehmerregelung entschieden hat, ist hieran fünf Jahre lang gebunden. Der Nullsteuersatz gilt auch für Nebenleistungen zur Lieferung der Photovoltaikanlage, z. B. für die Erneuerung oder Ertüchtigung eines Zählerschranks, für die Erneuerung oder Ertüchtigung der Unterkonstruktion der Photovoltaikanlage (etwa durch eine Verbreiterung oder Aufdopplung von Sparren) oder auch für die Lieferung eines Taubenschutzes.Hinweis: Nicht zu den Nebenleistungen zählen die Anpassung einer Blitzschutzanlage oder die Demontage bzw. Montage von Platten bei einem Aufbringen der Photovoltaikanlage auf Dächern mit asbesthaltigen Deckwerksstoffen. Das aktuelle BMF-Schreiben gilt grundsätzlich in allen noch offenen Fällen. In zwei Fällen beanstandet es das BMF aber bei Leistungserbringung vor dem 1.1.2024 nicht, wenn der Regelsteuersatz angewendet wird, nämlich bei der isolierten Erweiterung bzw. Erneuerung eines Zählerschranks im Zusammenhang mit der Installation einer begünstigten Photovol-taikanlage sowie bei der Lieferung von Wasserstoffspeichern mit ausschließlicher Bestimmung zur Stromerzeugung durch Rückumwandlung des Wasserstoffs in Strom. BMF-Schreiben v. 30.11.2023 – III C 2 – S 7220/22/10002 :013; NWB
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Klage gegen den Solidaritätszuschlag bei vorläufiger Festsetzung
Eine Klage, mit der die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags geltend gemacht wird, ist unzulässig, wenn der Solidaritätszuschlag unter Hinweis auf ein entsprechendes Musterverfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorläufig festgesetzt worden ist. Hintergrund: Seit 1995 wird auf die Einkommensteuer ein Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % erhoben, der den Finanzbedarf, der sich aus der Wiedervereinigung ergibt, abdecken soll. Der Solidaritätszuschlag ist keine Steuer, sondern eine sog. Ergänzungsabgabe, deren Aufkommen dem Bund zusteht. Der Bund verpflichtete sich im sog. Solidarpakt II, den Bundesländern mehr als 150 Mrd. € für die Bewältigung der finanziellen Folgen der Wiedervereinigung zur Verfügung zu stellen; der Solidarpakt II ist Ende 2019 ausgelaufen. Seit dem Veranlagungszeitraum ist der Solidaritätszuschlag aufgrund einer Gesetzesänderung für die Mehrheit der Steuerzahler weggefallen; der verbleibende Teil wird – je nach Einkommenshöhe – teilweise oder vollständig mit dem Solidaritätszuschlag belastet.Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute, gegen die das Finanzamt Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2018 sowie als Vorauszahlungen für 2020 und 2021 festgesetzt hat. Dabei erfolgte die Festsetzung des Solidaritätszuschlags jeweils vorläufig unter Hinweis auf ein anhängiges Verfahren beim BVerfG. Die Kläger legten gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags Einspruch ein und machten die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags geltend. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwarf die Klage als unzulässig: Den Klägern fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen den Solidaritätszuschlag, weil die Festsetzung des Solidaritätszuschlags wegen eines noch anhängigen Verfahrens beim BVerfG vorläufig erfolgt ist. Die Rechte der Kläger sind durch den Vorläufigkeitsvermerk nämlich hinreichend gewahrt, da die Kläger den Ausgang des Verfahrens beim BVerfG abwarten können. Sollte das BVerfG die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags feststellen, kann die Festsetzung des Solidaritätszuschlags aufgrund des Vorläufigkeitsvermerks zugunsten der Kläger geändert werden. Die sich hieraus ergebende zeitliche Verzögerung ist von den Klägern hinzunehmen. Sollte das BVerfG hingegen die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags bejahen, können die Kläger beantragen, dass der Vorläufigkeitsvermerk über die Festsetzung des Solidaritätszuschlags aufgehoben und die Festsetzung für endgültig erklärt wird; anschließend können sie dann gegen die endgültige Festsetzung Einspruch einlegen und gegebenenfalls Klage erheben. Hinweis: Für Steuerzahler ist das Urteil unerfreulich, weil sie sich bei einer vorläufigen Festsetzung des Solidaritätszuschlags erst einmal gedulden müssen, bis das BVerfG über das seit 2020 anhängige Verfahren zum Solidaritätszuschlag entscheidet. Seit geraumer Zeit dauern steuerliche Verfahren beim BVerfG oft viele Jahre.Bei dem seit 2020 beim BVerfG anhängigen Verfahren handelt es sich um eine Verfassungsbeschwerde von Bundestagsabgeordneten der FDP. Die Abgeordneten vertreten die Auffassung, dass der Solidaritätszuschlag nicht über das Jahr 2019 hinaus fortgeführt werden darf, weil der sog. Solidaritätspakt II zur Finanzierung der Wiedervereinigung zum 31.12.2019 ausgelaufen ist. Der BFH hat in einem Urteil aus diesem Jahr den Solidaritätszuschlag als verfassungsgemäß eingestuft. Der BFH hält es allerdings für denkbar, dass ab 2025 eine Aufhebung des Solidaritätszuschlags in Betracht kommt, weil der Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe dann schon 30 Jahre lang erhoben worden ist.Quelle: BFH, Urteil vom 26.9.2023 – IX R 9/22; Az. des Musterverfahrens vor dem BVerfG: 2 BvR 1505/20; NWB
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Doppelte Haushaltsführung im Ausland
Bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland können die notwendigen Kosten für die Zweitwohnung im Ausland als Werbungskosten abgezogen werden. Der Werbungskostenabzug ist nicht beschränkt auf 1.000 € im Monat oder auf die durchschnittlichen Kosten einer 60 qm großen Wohnung am ausländischen Beschäftigungsort.Hintergrund: Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seines Lebensmittelpunkts arbeitet und am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung anmietet. Der Werbungskostenabzug für eine Zweitwohnung im Inland ist gesetzlich auf 1.000 € monatlich beschränkt.Sachverhalt: Der Kläger war Botschafter der Bundesrepublik und wurde im Streitjahr 2017 in zwei ausländischen Staaten eingesetzt. Das Auswärtige Amt wies ihm in beiden Staaten eine ca. 200 qm große Wohnung zu; hierfür wurde ihm eine Dienstwohnungsvergütung vom Gehalt abgezogen. Der Kläger behielt seinen Familienwohnsitz im Inland, so dass eine doppelte Haushaltsführung bestand und der Kläger weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig war. Er machte seine Kosten für die beiden Zweitwohnungen im Ausland als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Zweitwohnungskosten nur auf der Basis einer Wohnfläche von 60 qm an.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte den Werbungskostenabzug an und gab der Klage statt: Der Werbungskostenabzug für die Kosten einer Zweitwohnung im Ausland im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung setzt voraus, dass die Kosten für die Zweitwohnung notwendig sind. Die Notwendigkeit ist im Streitfall zu bejahen, da dem Kläger die beiden Zweitwohnungen von seinem Dienstherrn zugewiesen worden sind. Eine Beschränkung des Werbungskostenabzugs auf 1.000 € im Monat erfolgt nicht. Denn diese Beschränkung gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für Zweitwohnungen im Inland, nicht aber für Zweitwohnungen im Ausland. Es ist auch nicht zulässig, den Werbungskostenabzug nur in der Höhe zu gewähren, in der durchschnittliche Kosten für eine 60 m² große Wohnung entstehen würden. Eine derartige Beschränkung gab es nur bis einschließlich 2013, und sie galt nur für Zweitwohnungen im Inland. Denn der Vergleichsmaßstab für eine Zweitwohnung mit einer Größe von 60 m² orientierte sich an den sozialrechtlichen Vorgaben im Rahmen der existenziellen Versorgung in Deutschland. Als Vergleichsmaßstab für eine Zweitwohnung im Ausland sind die durchschnittlichen Kosten für eine inländische Wohnung nicht geeignet. Hinweis: Dem BFH zufolge wäre der Aufwand, die Höhe der durchschnittlichen Kosten für eine 60qm-Wohnung an einem bestimmten ausländischen Beschäftigungsort zu ermitteln, auch zu groß. Auf Grund einer Tätigkeit im Ausland kann der Arbeitslohn auch steuerfrei sein. In diesem Fall ist ein Werbungskostenabzug nicht möglich. Ist der Arbeitslohn teilweise steuerfrei, können die Werbungskosten anteilig abgezogen werden, soweit sie mit dem steuerpflichtigen Teil des Arbeitslohns in Zusammenhang stehen.Quelle: BFH, Urteil vom 9.8.2023 – VI R 20/21; NWB