Aktuelles

  • Nichtberücksichtigung eines endgültigen Verlustes aus einer ausländischen Betriebsstätte

    Nichtberücksichtigung eines endgültigen Verlustes aus einer ausländischen Betriebsstätte

    Ein Verlust einer ausländischen Betriebsstätte in einem anderen EU-Staat, der wegen der Aufgabe der Betriebsstätte mit Gewinnen im Ausland nicht mehr verrechnet werden kann und daher endgültig (final) ist, ist in Deutschland nicht abziehbar, wenn das entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen die Gewinne einer ausländischen Betriebsstätte in Deutschland freistellt. Die Nichtabziehbarkeit eines finalen Verlustes verstößt nicht gegen die europarechtliche Niederlassungsfreiheit. Hintergrund: Um eine doppelte Besteuerung in zwei Staaten zu vermeiden, werden Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Üblicherweise wird in Doppelbesteuerungsabkommen der Gewinn einer ausländischen Betriebsstätte in dem Staat, in dem sich die Betriebsstätte befindet, besteuert, während er im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens steuerfrei bleibt. Sachverhalt: Die Klägerin war eine Wertpapierhandelsbank mit Sitz in Deutschland. Sie eröffnete im Jahr 2004 eine Zweigniederlassung in Großbritannien, die allerdings nur Verluste erwirtschaftete. Im Jahr 2007 wurde die Zweigniederlassung eingestellt. Die Klägerin beantragte, die Verluste der Zweigniederlassung der Jahre 2004 bis 2007 bei ihrer Körperschaftsteuerfestsetzung und der Festsetzung ihres Gewerbesteuermessbetrags im Jahr 2007 abzuziehen. Das Finanzamt folgte dem nicht, sondern ließ die Verluste außer Ansatz. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Großbritannien werden Gewinne aus einer Betriebsstätte in Großbritannien nur in Großbritannien besteuert, während sie in Deutschland von der Besteuerung ausgenommen werden. Dies gilt nicht nur für Gewinne, sondern auch für Verluste, so dass sich der Verlust aus einer in Großbritannien befindlichen Betriebsstätte in Deutschland ebenfalls steuerlich nicht auswirkt, und zwar weder bei der Körperschaftsteuer noch beim Gewerbesteuermessbetrag; dies nennt man Symmetriethese. Der Ausschluss der Berücksichtigung des Verlustes in Deutschland durch das Doppelbesteuerungsabkommen verstößt nicht gegen die europarechtliche Niederlassungsfreiheit. Denn Deutschland hat auf sein Recht zur Besteuerung eines Gewinns aus einer britischen Betriebsstätte im Doppelbesteuerungsabkommen verzichtet. Es ist dann nicht rechtswidrig, wenn Deutschland auch einen Verlust aus der britischen Betriebsstätte nicht berücksichtigt. Auch dies beruht auf dem Doppelbesteuerungsabkommen und damit auf einer bilateralen (beidseitigen) Vereinbarung. Hinweise: Der BFH hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit verneint hat. Der BFH hat sich dem im aktuellen Urteil angeschlossen. Im Ergebnis wirken sich damit die Verluste, die in Großbritannien erwirtschaftet wurden, steuerlich nicht aus; denn wegen der Aufgabe der britischen Zweigniederlassung wird es künftig auch keine Gewinne mehr in Großbritannien geben, mit denen die Verluste verrechnet werden könnten. Entscheidend für den EuGH und auch den BFH ist, dass der Ausschluss der Verlustberücksichtigung bilateral erfolgt ist, nämlich in einer beidseitigen Vereinbarung in Gestalt des Doppelbesteuerungsabkommens. Ein Ausschluss der Verlustberücksichtigung durch eine unilaterale Entscheidung des nationalen Steuergesetzgebers könnte hingegen europarechtswidrig sein; es würde sich dann jedoch um einen reinen Inlandsfall (ohne Auslandsbezug) handeln, der mit dem streitigen Auslandsfall nicht vergleichbar ist. Quelle: BFH, Urteil v. 22.2.2023 – I R 35/22 (I R 32/18); NWB

  • Keine Steuerermäßigung für Hausnotrufsystem ohne Notfall-Soforthilfe

    Keine Steuerermäßigung für Hausnotrufsystem ohne Notfall-Soforthilfe

    Für die Kosten eines Hausnotrufsystems, bei dem der Notruf von der Notrufzentrale lediglich entgegengenommen und ein Hausarzt, ein Pflegedienst oder ein Angehöriger verständigt wird, wird keine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen gewährt. Denn die Dienstleistung des Notruf-Anbieters wird nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht. Hintergrund: Für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen wird eine Steuerermäßigung von 20 % gewährt, maximal aber 4.000 €. Die Ermäßigung wird direkt von der Steuer abgezogen. Sachverhalt: Die Klägerin war im Streitjahr 85 Jahre alt und zahlte für ein Hausnotrufsystem 288 € im Jahr. Für diesen Betrag erhielt sie das Notrufgerät, das sie im Notfall betätigen konnte; dann kümmerte sich ein Mitarbeiter der Notrufzentrale um Hilfe, indem er die Feuerwehr, den Hausarzt, Nachbarn oder Verwandte informierte. Die Klägerin machte für die Kosten eine zwanzigprozentige Steuerermäßigung geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Eine haushaltsnahe Dienstleistung setzt eine Leistung mit Bezug zur Haushaltsführung voraus, die üblicherweise durch Mitglieder des Haushalts oder entsprechende Beschäftigte erledigt werden und regelmäßig anfallen. Außerdem muss die Leistung im Haushalt erbracht werden. Zwar stellt das Notrufsystem im Grundsatz eine haushaltsnahe Dienstleistung dar. Denn es handelt sich um eine Rufbereitschaft, die üblicherweise durch Haushaltsmitglieder wie z. B. Angehörige erbracht wird. Die Dienstleistung ist aber nicht im Haushalt der Klägerin erbracht worden. Denn wesentlicher Inhalt der Dienstleistung ist die Bearbeitung eingehender Alarme und die Verständigung von Helfern wie z.B. dem Hausarzt, Pflegedienst oder von Angehörigen. Die Notrufzentrale schuldete keine unmittelbare Direkthilfe in Gestalt einer Ersten Hilfe im Haushalt der Klägerin. Hinweise: Der BFH hatte in einem anders gelagerten Fall die Steuerermäßigung gewährt. Dort war das Notrufgerät des Steuerpflichtigen mit einem sog. Piepser verbunden, den die Pfleger im Pflegeheim trugen und bei dessen Betätigung sie zum Steuerpflichtigen in dessen Zimmer eilten, um eine Notfall-Soforthilfe zu leisten. Quelle: BFH, Urteil v. 15.2.2023 – VI R 7/21; NWB

  • Doppelte Haushaltsführung bei Hausstand im elterlichen Haus

    Doppelte Haushaltsführung bei Hausstand im elterlichen Haus

    Eine doppelte Haushaltsführung kann auch dann bestehen, wenn der Arbeitnehmer im Haus seiner Eltern wohnt. Voraussetzung ist aber unter anderem, dass er sich an den Kosten der Lebensführung beteiligt; diese Beteiligung muss nicht durch laufende Zahlungen erfolgen, sondern kann auch in Gestalt von Einmalzahlungen erbracht werden. Hintergrund: Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seines Lebensmittelpunktes arbeitet und am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung anmietet. Der Gesetzgeber verlangt, dass der Arbeitnehmer an seinem Lebensmittelpunkt eine Wohnung innehat und sich an den Kosten der Lebensführung finanziell beteiligt.Sachverhalt: Der Kläger arbeitete im Streitjahr 2015 in B und hatte dort eine Zwei-Zimmer-Wohnung angemietet, von der aus er an jedem Werktag zur Arbeit fuhr. An den Wochenenden hielt er sich im Haus seiner Eltern in X auf; der Kläger hatte in X auch seinen privaten Lebensmittelpunkt. Im Haus seiner Eltern bewohnte er im Obergeschoss eine Wohnung mit seinem Bruder B, während seine Eltern im Erdgeschoss wohnten. Miete musste der Kläger an seine Eltern nicht zahlen. Der Kläger besorgte jedoch für sich und seinen Bruder im Streitjahr Lebensmittel und Getränke im Wert von ca. 1.400 €. Außerdem überwies er im Dezember 2015 auf das Konto seines Vaters Beträge in Höhe von 1.200 € mit dem Verwendungszweck „Nebenkosten/Telekommunikation“ sowie in Höhe von 550 € mit dem Verwendungszweck „Anteil neue Fenster in 2015“. Der Kläger machte die Aufwendungen für die Zwei-Zimmer-Wohnung in B sowie für die wöchentlichen Familienheimfahrten als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend, die das Finanzamt wegen fehlender finanzieller Beteiligung am Haushalt in X nicht anerkannte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Der Kläger unterhielt einen eigenen Hausstand in X bei seinen Eltern, auch wenn er weder Eigentümer noch Mieter des Hauses war. Es genügte, dass er im Haus seiner Eltern eine Wohnung aus abgeleitetem Recht nutzen konnte, weil seine Eltern ihm und seinem Bruder die Wohnung im Obergeschoss überlassen hatten. Unbeachtlich ist, dass die Wohnung im Obergeschoss nicht baulich von der von den Eltern genutzten Wohnung im Erdgeschoss getrennt war. In X befand sich auch der Lebensmittelpunkt des Klägers, da er dort in Vereinen aktiv war und sich an den Wochenenden sowie im Urlaub aufhielt. Ferner hat sich der Kläger an den Kosten der Lebensführung in X beteiligt. Zu diesen Kosten gehören die Kosten für die am Lebensmittelpunkt genutzte Wohnung sowie die Kosten für die eigentliche Haushaltsführung wie z.B. Lebensmittel oder Telekommunikation. Nicht hierzu gehören Kosten für den Urlaub, für die Freizeit, für den Pkw oder für die Gesundheitsvorsorge. Der Kläger hat sich an dem im Obergeschoss bestehenden Haushalt bereits dadurch beteiligt, dass er Lebensmittel und Getränke im Wert von ca. 1.400 € eingekauft hat. Auf die Kosten, die für den Haushalt der Eltern im Erdgeschoss entstanden sind, kommt es nicht an, weil das Erdgeschoss nicht zum Haushalt des Klägers gehörte. Hinweise: Das Urteil ist positiv für Arbeitnehmer, weil es die Anforderungen an die Führung eines eigenen Hausstandes geringhält. So verlangt der BFH keine laufenden Zahlungen, sondern es genügen Einmalzahlungen. Ebenso wenig fordert der BFH einen Mindestbetrag oder eine Miete; allerdings dürfen die Zahlungen nicht erkennbar unzureichend sein. Als Vergleichsmaßstab für eine erkennbar unzureichende finanzielle Beteiligung dienen die tatsächlich entstandenen Haushalts- und Lebenshaltungskosten. Auf die Zahlungen des Klägers für die „Nebenkosten/Telekommunikation“ sowie für die neuen Fenster kam es im Ergebnis nicht an, weil bereits die Zahlungen für die Lebensmittel und Getränke ausreichend waren, um eine Beteiligung an den Haushaltskosten anzunehmen.Arbeitnehmer können einen eigenen Hausstand dadurch unterhalten, dass sie einen gemeinsamen Haupthausstand gemeinsam mit den Eltern oder mit einem Elternteil führen (sog. Mehrgenerationenhaushalt). Dies ist insbesondere bei älteren Arbeitnehmern der Fall, die wirtschaftlich bereits selbständig sind; hier kann man davon ausgehen, dass sie die Führung des elterlichen Haushalts maßgeblich mitbestimmen und daher einen eigenen Hausstand unterhalten. Im Streitfall bestand kein Mehrgenerationenhaushalt, weil es im Erd- und im Obergeschoss zwei getrennte Haushalt gab: einen der Eltern und einen der Brüder. Quelle: BFH, Urteil v. 12.1.2023 – VI R 39/19; NWB