Anforderung von Mietverträgen durch das Finanzamt und Datenschutz

Fordert das Finanzamt beim Vermieter die Vorlage von Mietverträgen
zwecks Überprüfung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an, muss es
zwar die Vorschriften des Datenschutzes beachten. Der Datenschutz wird aber
grundsätzlich nicht verletzt, wenn die Überprüfung der Mietverträge der
Steuererhebung und der Bekämpfung der Steuerhinterziehung dient. Insbesondere
führt der Datenschutz nicht dazu, dass der Mieter in die Vorlage des
Mietvertrags einwilligen muss.

Hintergrund: Das Finanzamt kann
vom Steuerpflichtigen oder auch von Dritten die Vorlage von Urkunden wie z.B.
Aufzeichnungen oder Geschäftspapieren verlangen.

Sachverhalt: Die Klägerin war
Eigentümerin mehrerer Immobilien und erzielte Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung. Im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuererklärungen für 2018
und 2019 forderte das Finanzamt von der Klägerin die Kopien der Mietverträge
einer ihrer Immobilien an. Die Klägerin legte lediglich eine Aufstellung der
Mieteinnahmen mit den geschwärzten Namen der Mieter sowie eine Aufstellung der
Betriebskosten vor, nicht aber die angeforderten Mietverträge und
Nebenkostenabrechnungen. Gegen die Aufforderung des Finanzamts wehrte sich die
Klägerin durch Einspruch und Klage.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Das Finanzamt darf Unterlagen anfordern, wenn dies zur
    Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Vorlage für den Betroffenen
    möglich und die Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar ist.

  • Diese Voraussetzungen waren im Streitfall
    erfüllt.
    Das Finanzamt benötigte die Mietverträge, um die
    Höhe der Mieten und deren Angemessenheit zu überprüfen, um Abweichungen von den
    tatsächlich geleisteten Mietzahlungen sowie Mieterhöhungen zu ermitteln und um
    die Umlagefähigkeit von Nebenkosten feststellen zu können. Die Namen der Mieter
    waren erforderlich, um die einzelnen Zahlungen dem jeweiligen Mietverhältnis
    zuordnen zu können und um überprüfen zu können, ob einzelne Wohnungen nahen
    Angehörigen überlassen wurden.

  • Ein milderes Mittel stand dem Finanzamt nicht
    zur Verfügung
    ; insbesondere wäre die Befragung der einzelnen
    Mieter kein milderes Mittel gewesen, da deren Namen dem Finanzamt gerade nicht
    bekannt waren. Außerdem sollen Dritte nach dem Gesetz erst dann befragt werden,
    wenn die Aufklärung beim Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat.

  • Die Anforderung der Unterlagen verstieß nicht
    gegen den Datenschutz.
    Zwar werden die Angaben in
    Mieterverträgen vom Datenschutz erfasst. Nach den Regelungen des Datenschutzes
    der EU ist eine Offenlegung geschützter Daten jedoch zulässig, wenn dies den
    wirtschaftlichen oder finanziellen Interessen eines EU-Staates dient, etwa bei
    der Steuererhebung oder bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Daher
    durfte das Finanzamt die Mietverträge von der Klägerin anfordern.

Hinweise: Die Aufforderung des
Finanzamts, Unterlagen vorzulegen, kann mit einem Einspruch und ggf. Klage
angefochten werden.

Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof
(EuGH) hat der BFH abgelehnt. Dem BFH zufolge hat der EuGH bereits geklärt,
dass die Steuererhebung und die Bekämpfung der Steuerhinterziehung eine Aufgabe
im öffentlichen Interesse ist und daher den Datenschutz einschränkt.

Das Urteil betrifft die Anforderung von Unterlagen
außerhalb einer Betriebsprüfung. Im Rahmen
einer Betriebsprüfung gibt es eine spezielle Vorschrift für die Vorlage von
Unterlagen. Das Urteil dürfte sich jedoch auf die Anforderung von Unterlagen im
Rahmen einer Außenprüfung übertragen lassen, soweit es den Datenschutz
betrifft.

Quelle: BFH, Urteil vom 13.8.2024 – IX R 6/23;
NWB