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Autor: g.weecke@wbml.de

  • Kein Steuerstundungsmodell bei aktiver Betätigung des Steuerpflichtigen

    Kein Steuerstundungsmodell bei aktiver Betätigung des Steuerpflichtigen

    Ein Steuerstundungsmodell, dessen Verluste grundsätzlich nicht ausgleichsfähig sind, liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige ein vorgefertigtes Konzept vorfindet, das er nur noch anzunehmen braucht, so dass er sich wie ein passiver Anleger verhält. Ist der Steuerpflichtige hingegen in der Weise aktiv, dass er bei der Gestaltung des Konzepts mitwirkt, handelt es sich nicht um ein Steuerstundungsmodell, so dass seine Verluste in vollem Umfang ausgleichsfähig sind. Hintergrund: Verluste aus einem Steuerstundungsmodell sind nach dem Gesetz nicht mit anderen positiven Einkünften ausgleichbar. Sie sind lediglich verrechenbar und können nur mit künftigen positiven Einkünften aus dem Steuerstundungsmodell verrechnet werden. Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung negative Einkünfte erzielt werden sollen. Eine modellhafte Gestaltung ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit erhält, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen.Sachverhalt: Die Klägerin war eine KG, die von A und B im Jahr 2006 gegründet wurde und an der sich C als atypisch stiller Gesellschafter beteiligte. B hatte im Jahr 2006 hohe Einkünfte erzielt. Bei der Gründung der KG hatte der Rechtsanwalt und Steuerberater R mitgewirkt, der von B beauftragt worden war, eine Anlagestruktur mit steuerlichem Verlustverrechnungspotenzial zu begründen. R empfahl eine Treuhandstruktur; dieser Empfehlung folgten A, B und C aber nicht, sondern gründeten die KG selbst (A und B) bzw. beteiligten sich als stiller Gesellschafter (C). Die KG erwarb dann Schuldverschreibungen, deren Erwerb durch Bankdarlehen finanziert wurde, bei deren Auszahlung ein Disagio abgezogen wurde. An den Verhandlungen mit den Banken nahmen A, B und C sowie R teil. Im Jahr 2006 erzielte die KG einen Verlust, den das Finanzamt als Verlust aus einem Steuerstundungsmodell ansah, so dass er mit den positiven Einkünften von A, B und C nicht verrechnet werden konnte. Gegen diese Feststellung klagte die KG.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Eine Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell kann dadurch begründet werden, dass man sich an einem geschlossenen Fonds, der ein Steuerstundungsmodell umsetzt, beteiligt oder indem eine Einzelinvestition in Gestalt eines Steuerstundungsmodells getätigt wird. A, B und C haben sich nicht an einem geschlossenen Fonds beteiligt, denn die KG hatte keinen geschlossenen Anlegerkreis. Vielmehr hätten nach dem Gesellschaftsvertrag der KG noch weitere Anleger der KG beitreten können. Es handelte sich jedoch um eine Einzelinvestition, da die KG eine Schuldverschreibung gezeichnet hat. Allerdings liegt ein Steuerstundungsmodell nur dann vor, wenn die Investition aufgrund eines vorgefertigten Konzepts erfolgt und sich der Anleger passiv verhält, also das ihm vorgelegte Konzept „abnickt“. Im Streitfall haben A, B und C kein vorgefertigtes Konzept vorgefunden, das sie lediglich übernommen haben, sondern sie haben an der Gestaltung und dem Entwurf des Konzepts aktiv mitgewirkt. So haben sie die KG gegründet (A und B), sind von dem Vorschlag des R, ein Treuhandmodell umzusetzen, abgewichen und haben zusammen mit R eigenständige Verhandlungen mit den Banken geführt. Zudem war B auch geschäftsführender Kommanditist. Hinweise: Das Urteil hat zur Folge, dass der von der KG erzielte Verlust von A, B und C im Umfang ihrer jeweiligen Beteiligungsquote mit ihren positiven Einkünften verrechnet werden kann und damit ihre Einkommensteuerlast mindert. Hätte das Finanzamt Recht bekommen, hätten A, B und C warten müssen, bis die KG eines Tages Überschüsse erzielt, und erst dann den lediglich verrechenbaren Verlust zur Verrechnung mit diesen Überschüssen nutzen können. Der Verlust der KG ergab sich insbesondere aus dem Disagio des aufgenommenen Bankdarlehens, das in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar war, sowie aus den Zinsen für dieses Darlehen. Der BFH macht deutlich, dass steuerliche Vorschriften, die zu Verlusten führen, durchaus von Einzelinvestoren genutzt werden können. Verhindert werden soll aber, dass derartige Vorschriften konzeptionell aufgearbeitet werden und einer Vielzahl von Anlegern angeboten werden. Quelle: BFH, Urteil v. 16.3.2023 – VIII R 10/19; NWB

  • Vorsicht Falle – versuchter Betrug im Namen des Bundeszentralamts für Steuern

    Vorsicht Falle – versuchter Betrug im Namen des Bundeszentralamts für Steuern

    Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) weist aktuell auf zwei Maschen hin, mit denen Betrüger mittels SMS bzw. E-Mails versuchen, an Informationen von Steuerzahlern zu gelangen.Im ersten Fall versenden Betrüger SMS mit dem Hinweis, dass die eigene „Steuer“ korrigiert worden wäre und man Geld zurückerhalten würde. Dann wird man dazu aufgerufen, das Online-Portal zu öffnen, um diese Einzahlung zu akzeptieren. Das BZSt warnt ausdrücklich davor, auf diese Betrug-SMS zu reagieren bzw. die Einzahlung zu akzeptieren.Im zweiten Fall versenden Betrüger E-Mails, in denen behauptet wird, das BZSt habe eine „Action Refund LtD“ mit der Auszahlung von Entschädigungen beauftragt und dem Empfänger stünde eine Entschädigung zu. Der Mail-Empfänger wird im weiteren Schritt dazu aufgefordert sich zu verifizieren. Machen Sie dies nicht! Das BZSt warnt ausdrücklich davor, auf diese Betrugs-E-Mail zu reagieren bzw. angegebene Links in der E-Mail zu öffnen.Betrugs-SMS erkennen Sie unter anderem an folgenden Kriterien: Steuerbescheide und Zahlungsaufforderungen werden vom BZSt nur per Brief zugestellt, niemals per SMS. Zahlungen sind ausnahmslos per Überweisung auf ein inländisches Konto der Bundeskasse zu leisten. Die Fälschungen sind oftmals in schlechtem Deutsch mit Rechtschreibfehlern verfasst. Häufig werden Fachbegriffe falsch verwendet. Echte Bescheide tragen immer den Namen und die Telefonnummer der/des verantwortlichen Bearbeiterin / Bearbeiters.Betrugs-E-Mails erkennen Sie unter anderem an folgenden Kriterien: Steuerbescheide und Zahlungsaufforderungen werden vom BZSt nur per Brief zugestellt, niemals per E-Mail. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Sie einer Kontaktaufnahme per E-Mail ausdrücklich zugestimmt haben. Zahlungen sind ausnahmslos per Überweisung auf ein inländisches Konto der Bundeskasse zu leisten. Die Fälschungen sind oftmals in schlechtem Deutsch mit Rechtschreibfehlern verfasst. Häufig werden Fachbegriffe falsch verwendet. Echte Bescheide tragen immer den Namen und die Telefonnummer der/des verantwortlichen Bearbeiterin / Bearbeiters. Das BZSt wird Sie niemals bitten für die Zahlung einer vermeintlichen Steuerschuld einem übersandten Link zu folgen und dort ein Formular auszufüllen.Hinweis: Da das BZSt ein starkes Interesse daran hat, dass niemand durch solche betrügerischen Fälschungen geschädigt wird, bitten es Empfänger derartiger Nachrichten, bei dem geringsten Verdacht Kontakt mit dem BZSt aufzunehmen. Helfen Sie mit, solche Fälschungen aufzudecken und senden Sie verdächtige E-Mails und ggf. weitere Informationen mit Ihren Kontaktdaten an das BZSt. Sie erhalten eine Rückmeldung, wie Sie sich am besten verhalten sollen.Telefon: +49 (0)228 406 – 0 Fax: +49 (0)228 406 – 2661E-Mail: poststelle@bzst.bund.de De-Mail: poststelle@bzst.de-mail.de Postanschrift: Bundeszentralamt für Steuern, 53221 BonnQuelle: BZSt online, Meldungen vom 31.7.2023 sowie vom 1.8.2023; NWB

  • Daten von Online-Vermietungsportal aufbereitet, neue Meldepflichten für Plattformbetreiber
    Steuern: Vermieter

    Daten von Online-Vermietungsportal aufbereitet, neue Meldepflichten für Plattformbetreiber

    Die Steuerfahndung Hamburg hat von einem Vermittlungsportal für die Buchung und Vermittlung von Unterkünften erneut Daten zu steuerlichen Kontrollzwecken erhalten und aufbereitet. Dem Vernehmen nach handelt es sich um Daten der Vermietungsplattform Airbnb.Hintergrund: Die Hamburger Finanzverwaltung hatte bereits im Jahr 2020 mit einem internationalen Gruppenersuchen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Herausgabe von Daten durch das Vermittlungsportal erstritten. Die Auswertung der damaligen Datenlieferung des Vermittlungsportals, in der Vermietungsumsätze von ca. 8.000 Gastgebern aus Deutschland in Höhe von insgesamt rd. 137 Mio. US-Dollar mitgeteilt worden waren, hat in den Kalenderjahren 2021 und 2022 bundesweit zu Mehrsteuern in Höhe von ca. 4 Mio. € geführt. Dies war Anlass für die Steuerfahndung Hamburg, mit einem weiteren internationalen Gruppenersuchen aktuellere Daten des Vermittlungsportals zu deutschen Vermietern, die Wohnraum über diese Internetplattform vermietet haben, anzufordern.Hierzu teilt die Finanzbehörde Hamburg weiter mit: Die Finanzbehörde Hamburg hat die Daten, wie in der Vergangenheit auch, an die Steuerverwaltungen der übrigen 15 Bundesländer weitergeleitet, damit diese Ermittlungen aufnehmen und die erklärten Einkünfte mit den vorliegenden Daten abgleichen können. Insgesamt liegen der Finanzbehörde Hamburg zufolge Daten zu Vermietungsumsätzen von ca. 56.000 Gastgebern mit einem Umsatzvolumen von insgesamt mehr als 1 Mrd. € vor.Hinweise: Keine Einkommensteuern aus der gelegentlichen Untervermietung von selbst genutztem Wohnraum fallen an, wenn die Mieteinnahmen weniger als 520 € pro Veranlagungszeitraum betragen. In diesem Fall verzichtet die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen auf die Besteuerung der Einkünfte.Für Zeiträume ab dem 1.1.2023 müssen Online-Plattformbetreiber wie bspw. Ebay, Airbnb oder auch MyHammer den Finanzbehörden ohnehin Verkaufsdaten melden, die deren Nutzer dort erzielen, unabhängig davon, ob die Nutzer dort privat oder gewerblich handeln. Die Meldepflicht der Plattformbetreiber umfasst bei natürlichen Personen u.a. die folgenden Daten: Vor- und Nachnamen sowie Anschrift,die Steueridentifikationsnummer und die USt-ID (falls vorhanden),das Geburtsdatum,jegliche Gebühren, Provisionen oder Steuern, die in jedem Quartal des Meldezeitraums von dem Plattformbetreiber einbehalten oder berechnet wurden,die in jedem Quartal des Meldezeitraums insgesamt gezahlte oder gutgeschriebene Vergütung sowiedie Zahl der relevanten Tätigkeiten, für die in jedem Quartal des Meldezeitraums eine Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben wurde.Die Meldepflicht greift u.a. beim Verkauf von Waren, wenn innerhalb eines Jahres mindestens 30 Verkäufe getätigt oder mehr als 2.000 € umgesetzt werden. bei der Vermietung von Immobilien, wenn auf derselben Plattform im Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 Immobilieninserate geschaltet wurden. bei der Erbringung persönlicher Dienstleistungen ab dem ersten Inserat. Hinweis: Ob sich hieraus steuerliche Pflichten für die Plattform-Nutzer ergeben, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Zu beachten ist, dass neben der Einkommensteuer auch Umsatz- und Gewerbesteuer anfallen können. Die erste Meldung für den Meldezeitraum 2023 ist von den Plattformbetreibern zum 31.1.2024 abzugeben.Quellen: Finanzbehörde Hamburg, Mitteilung v. 6.7.2023, Meldepflichten für Plattformbetreiber: Plattformen-Steuertransparenzgesetz – PStTG; NWB

  • Kosten für Fettabsaugung zwecks Behandlung eines Lipödems steuerlich absetzbar

    Kosten für Fettabsaugung zwecks Behandlung eines Lipödems steuerlich absetzbar

    Die Kosten für eine Fettabsaugung (Liposuktion) zwecks Behandlung eines Lipödems sind jedenfalls seit 2016 auch dann als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzbar, wenn weder ein amtsärztliches Gutachten noch eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorab eingeholt worden sind. Denn es handelt sich bei der Liposuktion jedenfalls seit 2016 um eine medizinisch anerkannte Heilbehandlung. Hintergrund: Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, weil er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und die notwendig und angemessen sind, können als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden. Ein typisches Beispiel hierfür sind Krankheitskosten. Für wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden ist nach dem Gesetz vorab ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einzuholen. Sachverhalt: Die Klägerin litt seit 2012 unter einem Lipödem (Störung der Fettverteilung im Körper). Auf Empfehlung ihres Arztes ließ sie im Jahr 2017 drei Liposuktionsbehandlungen durchführen, die von der Krankenkasse nicht erstattet wurden. Sie machte die Kosten daher als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an und begründete dies damit, dass vorab ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung hätte eingeholt werden müssen. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Krankheitskosten sind grundsätzlich außergewöhnliche Belastungen, da sie dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen. Allerdings muss es sich um Kosten handeln, die zum Zweck der Heilung (Medikamente, Operation) oder die zum Zweck der Linderung der Krankheit (z. B. Rollstuhl) getätigt werden. Zwar ist bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden vorab ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einzuholen. Hierzu gehören etwa Frisch- und Trockenzellbehandlungen oder eine Eigenbluttherapie. Seit dem Jahr 2016 ist die Liposuktion aber eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Behandlung von Spontan- und Druckschmerz sowie der Ödem- und Hämatomneigung, insbesondere auch zur Behandlung eines Lipödems. Hierzu gibt es seit 2016 entsprechende wissenschaftliche Gutachten der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, der Bundesärztekammer sowie weiterer medizinischer Fachgesellschaften wie z.B. der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung. Der Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastungen setzte daher im Streitfall weder ein amtsärztliches Gutachten noch eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vor Durchführung der Liposuktion voraus.Hinweise: Eine Liposuktion stellt nach dem Urteil des BFH in der Regel keinen kosmetischen Eingriff dar, sondern dient der Linderung von Schmerzen sowie der Vermeidung von Sekundärerkrankungen. Der Klägerin kam zugute, dass sich die medizinische Sicht seit 2015 zugunsten der Liposuktion gewandelt hat, die seitdem als Behandlungsmethode wissenschaftlich anerkannt ist. Entscheidet sich der Steuerpflichtige für eine Behandlung, die wissenschaftlich nicht oder noch nicht anerkannt ist, werden die Kosten von der Krankenkasse nicht ersetzt. Damit stellt sich die Frage des steuerlichen Abzugs als außergewöhnliche Belastung, der aber im Fall fehlender wissenschaftlicher Anerkennung die vorherige Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung verlangt. Sollte dieses tatsächlich vorab eingeholt worden sein, könnte damit bereits die Erstattung durch die Krankenkasse beansprucht werden, so dass es keine außergewöhnliche Belastung mehr gibt. Quelle: BFH, Urteil v. 23.3.2023 – VI R 39/20; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: Juli 2023)

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: Juli 2023)

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juli 2023 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2023 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben v. 1.8.2023 – III C 3 – S 7329/19/10001 :005 (2023/0745403) ; NWB

  • Erlass von Nachzahlungszinsen bei fehlerhafter zeitlicher Zuordnung von Umsätzen

    Erlass von Nachzahlungszinsen bei fehlerhafter zeitlicher Zuordnung von Umsätzen

    Hat der Unternehmer seine Umsätze zu Unrecht jeweils erst im Folgemonat angemeldet und korrigiert das Finanzamt diesen Fehler, indem es die Umsätze im zutreffenden Monat erfasst, können die sich hieraus ergebenden Nachzahlungszinsen zumindest teilweise erlassen werden. Der Erlass kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass es unterjährige Zinsvorteile, d.h. Zinsvorteile im laufenden Jahr, gegeben habe, die durch die Zinsfestsetzung abgeschöpft werden sollen. Hintergrund: Steuernachzahlungen werden verzinst, wenn die Nachzahlung auf einem Steuerbescheid beruht, der mindestens 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist, bekannt gegeben worden ist. Vorauszahlungen wie z.B. die Umsatzsteuervorauszahlungen werden nach dem Gesetz nicht verzinst. Sachverhalt: Die Klägerin war Unternehmerin und hatte keine Dauerfristverlängerung beantragt, so dass sie ihre monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen bis zum 10. Tag des Folgemonats abgeben musste. In den Streitjahren 2009 bis 2013 meldete sie 90 % ihrer Umsätze nicht in dem Monat an, in dem sie den Umsatz ausgeführt hatte, sondern erst im jeweiligen Folgemonat, wenn ihr die für die Rechnungserstellung erforderlichen Informationen von ihren Subunternehmern mitgeteilt wurden. Im Rahmen einer Außenprüfung bemerkte das Finanzamt den Fehler und korrigierte ihn in der Weise, dass es 90 % der im jeweiligen Januar der Jahre 2009 bis 2013 angemeldeten Umsätze dem Vorjahr zuordnete. Dies führte zu Nachzahlungszinsen von insgesamt ca. 2 Mio. €. Den Zinsfestsetzungen lag ein Zinslauf von 56 Monaten (für 2009), 44 Monaten (für 2010), 32 Monaten (für 2011), 20 Monaten (für 2012) und acht Monaten (für 2013) zugrunde. Die Klägerin beantragte den Erlass der Nachzahlungszinsen, den das Finanzamt unter Hinweis auf die unterjährig entstandenen Zinsvorteile ablehnte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt einen Erlass der Nachzahlungszinsen für möglich. Hierüber muss nun das Finanzamt ermessensfehlerfrei neu entscheiden: Ein Erlass von Steuern oder Nachzahlungszinsen ist möglich, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls aus persönlichen oder sachlichen Gründen unbillig wäre. Sachliche Unbilligkeit ist zu bejahen, wenn die Steuer- bzw. Zinsfestsetzung zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber im konkreten Fall den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass ihre Erhebung unbillig erscheint und der Gesetzgeber einen Erlass gewährt hätte, wenn er den konkreten Fall als regelungsbedürftig erkannt hätte. Im Streitfall ist eine sachliche Unbilligkeit zu bejahen, da der Liquiditätsvorteil, der aufgrund der Zinsfestsetzung abgeschöpft werden soll, in Wirklichkeit nicht in dem Umfang vorhanden war, wie ihn das Finanzamt bei der Zinsfestsetzung zugrunde gelegt hat. Zwar hat die Klägerin im Laufe des jeweiligen Streitjahres Liquiditätsvorteile gehabt, weil sie 90 % ihrer Umsatzsteuern jeweils einen Monat zu spät angemeldet und abgeführt hat. Allerdings ist der über das jeweilige Streitjahr hinaus entstandene Vorteil, der sich daraus ergibt, dass die Umsätze des Dezembermonats erst im Januar des Folgejahres angemeldet worden sind, vor Beginn des Zinslaufs für das Vorjahr wieder ausgeglichen worden; denn die Klägerin hat die Umsatzsteuer für den Januar des Folgejahres umgehend gezahlt. Würde man den unterjährigen Liquiditätsvorteil, der z.B. dadurch entsteht, dass die Umsatzsteuer für März erst im Voranmeldungszeitraum April angemeldet worden ist, bei der Zinsfestsetzung berücksichtigen, käme es im Ergebnis zur Verzinsung von Vorauszahlungen, die nach dem Gesetz aber nicht verzinst werden dürfen.Hinweise: Der Bescheid, mit dem das Finanzamt den Erlassantrag abgelehnt hat, ist aufgehoben worden, so dass das Finanzamt erneut über den Erlassantrag entscheiden muss. Das Finanzamt wird nun zumindest einen Teilerlass gewähren müssen. Dieser könnte so aussehen, dass die Zinsen insoweit erlassen werden, als sie den tatsächlichen Liquiditätsvorteil für 90 % der jeweils im Dezember entstandenen Umsätze übersteigen. Dies würde dazu führen, dass statt eines Liquiditätsvorteils von ca. 47.000 € nur ca. 15.000 € anzusetzen wären. Die zeitliche Zuordnung von Umsätzen zum richtigen Voranmeldungszeitraum ist in der Praxis kein seltenes Problem, wenn z.B. der Unternehmer Subunternehmer beschäftigt und von diesen die Informationen über die ausgeführten Umsätze erst nach Ablauf der Abgabefrist für den zutreffenden Voranmeldungszeitraum erhält. Richtigerweise muss dann die fehlerhafte Voranmeldung berichtigt werden. Im Streitfall ist dies jedoch unterblieben; stattdessen sind die Umsätze im folgenden Voranmeldungszeitraum angemeldet worden. Das aktuelle Urteil erleichtert in einem solchen Fall nun einen Teilerlass der Nachzahlungszinsen. Quelle: BFH, Urteil v. 23.2.2023 – V R 30/20; NWB

  • Erstmalige Anwendung des Ausschlusses der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für sog. Sondervergütungen an Gesellschafter

    Erstmalige Anwendung des Ausschlusses der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für sog. Sondervergütungen an Gesellschafter

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem weiteren Urteil die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, die für gewerbliche Grundstücksverwaltungsgesellschaften gewährt wird, für Sondervergütungen, die an die Gesellschafter einer Personengesellschaft gezahlt werden, ausgeschlossen, auch wenn die Gesellschafter nicht der Gewerbesteuerpflicht unterliegen. Dieser Ausschluss gilt aber nur für Sondervergütungen, die erstmals nach dem 18.6.2008 vereinbart worden sind, oder wenn der Gesellschafter – bei vorherigem Abschluss der Vereinbarung – erst nach dem 18.6.2008 Gesellschafter geworden ist.Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Nach dem Gesetz erstreckt sich die erweiterte Kürzung aber nicht auf Sondervergütungen, die in dem Gewinn enthalten sind und die für eine Tätigkeit des Gesellschafters (Tätigkeitsvergütung) oder für ein Darlehen (Zinsen) oder für die Nutzung eines Wirtschaftsguts, das kein Grundstück ist, gezahlt werden. Diese Einschränkung betrifft nur Personengesellschaften, weil es bei Kapitalgesellschaften keine Sondervergütungen gibt. Das Gesetz gilt für Sondervergütungen, die nach dem 18.6.2008 vereinbart wurden. Sachverhalt: Die Klägerin war eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, die eigenen Grundbesitz verwaltete. An der Klägerin war die V-GmbH als Komplementärin beteiligt, die in den Streitjahren 2013 bis 2015 eine Haftungsvergütung erhielt. Außerdem waren u.a. A, B und C als Kommanditisten beteiligt, die nicht der Gewerbesteuer unterlagen. B und C erhielten jährliche Tätigkeitsvergütungen von der Klägerin, während A Darlehenszinsen von der KG erhielt. C war bereits vor dem 19.6.2008 Arbeitnehmer der Klägerin gewesen und trat im November 2010 der Klägerin als Gesellschafter bei. Das Finanzamt versagte die erweiterte Kürzung für die Tätigkeitsvergütungen, Zinsen und Haftungsvergütungen. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte die Versagung der erweiterten Kürzung im Grundsatz, gab der Klage aber aus verfahrensrechtlichen Gründen zum Teil statt und verwies die Sache hinsichtlich der Haftungsvergütungen für die V-GmbH an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Sachaufklärung zurück: Grundsätzlich greift im Streitfall der gesetzliche Ausschluss der erweiterten Kürzung für Sondervergütungen. Weder nach dem Wortlaut des Gesetzes noch nach dem Zweck des Gesetzes setzt die Versagung der erweiterten Kürzung voraus, dass der Gesellschafter, der die Sondervergütungen erhält, der Gewerbesteuer unterliegt. Allerdings gilt der gesetzliche Ausschluss der erweiterten Kürzung nur für solche Sondervergütungen, die nach dem 18.6.2008 vereinbart wurden. Dies ist nicht nur bei A und B der Fall, sondern auch bei C, der schon vor dem 19.6.2008 Arbeitnehmer der Klägerin war und einen entsprechenden Arbeitsvertrag geschlossen hatte, auf dem die Tätigkeitsvergütung beruhte. Ist die Vergütungsvereinbarung nämlich bereits vor dem Beitritt als Gesellschafter abgeschlossen worden, kommt es auf den Zeitpunkt der Begründung der Gesellschafterstellung an; C ist aber erst im November 2010 und damit nach dem 18.6.2008 Gesellschafter der Klägerin geworden, so dass für die an ihn gezahlte Tätigkeitsvergütung keine erweiterte Kürzung gewährt wird. Bezüglich der Haftungsvergütung für die V-GmbH muss das FG im zweiten Rechtsgang ermitteln, ob die Haftungsvergütung nach dem 18.6.2008 oder vor dem 19.6.2008 vereinbart worden ist. Nur bei einer Vereinbarung nach dem 18.6.2008 würde der Ausschluss der erweiterten Kürzung greifen. Hinweise: Bezüglich des Streitjahres 2013 hatte die Klage aus verfahrensrechtlichen Gründen Erfolg, weil das Finanzamt die erweiterte Kürzung für die Sondervergütungen erst in einem Änderungsbescheid versagt hatte, ohne dass es eine Rechtsgrundlage für diese Änderung gab. Der Ausschluss der erweiterten Kürzung gilt nur für die Sondervergütungen, nicht aber für den übrigen Gewinn, der mit der Verwaltung eigenen Grundbesitzes erzielt wurde. Auch Sondervergütungen in Gestalt von Miet- und Pachtzinsen für Grundbesitz, den der Gesellschafter an die Personengesellschaft vermietet, werden nicht von der erweiterten Kürzung ausgeschlossen.Der Ausschluss soll insbesondere verhindern, dass sich Banken mit einem Zwerganteil an der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft beteiligen und dann hohe Gesellschafterdarlehen gewähren; die hierfür gezahlten Zinsen waren bis zu der hier streitigen Neuregelung gewerbesteuerfrei. Man nannte diese Gestaltung „Bankenbeteiligungsmodell“.Quelle: BFH, Urteil v. 9.3.2023 – IV R 11/20; NWB

  • Erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer bei Beteiligung als Komplementär

    Erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer bei Beteiligung als Komplementär

    Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer für Immobilienunternehmen ist nicht zu gewähren, wenn das Immobilienunternehmen Komplementärin einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG ist, ohne am Vermögen der GmbH & Co. KG beteiligt zu sein. Das Immobilienunternehmen nutzt dann nämlich keinen eigenen Grundbesitz, sondern führt mit der Haftungstätigkeit als Komplementärin eine steuerlich schädliche Nebentätigkeit aus. Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer.Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterlag. Sie verwaltete Grundvermögen und war an zwei Vermietungsgesellschaften in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Darüber hinaus war sie Komplementärin der grundbesitzverwaltenden, nicht gewerblich geprägten X-GmbH & Co. KG, ohne an deren Vermögen beteiligt gewesen zu sein; hierfür erhielt die Klägerin eine Haftungsvergütung in Höhe von 1 % ihres Stammkapitals. Die Klägerin machte die erweiterte Kürzung für die Erhebungszeiträume 2012 bis 2015 geltend, die das Finanzamt nicht gewährte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Die Klägerin hat nicht ausschließlich eigenes Grundvermögen verwaltet und genutzt. Zwar hat sie eigenen Grundbesitz verwaltet; dies war aber nicht ihre ausschließliche Tätigkeit, da sie auch noch an zwei GbR beteiligt und zudem Komplementärin der X-GmbH & Co. KG war. Die Beteiligung an den beiden GbR war allerdings unschädlich, weil beide GbR eigenen Grundbesitz verwalteten und der Klägerin diese vermögensverwaltende, nicht gewerbliche Tätigkeit anteilig als eigene zugerechnet wurde. Anders war dies bezüglich der Komplementärstellung der Klägerin bei der X-GmbH & Co. KG. Denn die Klägerin war am Vermögen der nicht gewerblich geprägten X-GmbH & Co. KG nicht beteiligt und nahm daher an deren Grundbesitzverwaltung nicht teil. Vielmehr erbrachte die Klägerin eine entgeltliche Haftungsübernahme, da sie als Komplementärin haftete und hierfür eine Haftungsvergütung erhielt. Eine Haftungstätigkeit ist gewerbesteuerlich schädlich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Übernahme der Komplementärstellung auf dem Gesellschaftsvertrag oder auf einem eigenen Vertrag beruhte: Sofern die Übernahme der Komplementärstellung auf dem Gesellschaftsvertrag beruhte, stellte die Haftungsvergütung einen Ertrag aus der Verwaltung und Nutzung fremden Grundbesitzes, nämlich des Grundbesitzes der X-GmbH & Co. KG dar. Sofern die Übernahme der Komplementärstellung auf einem gesonderten schuldrechtlichen Vertrag beruhte, wäre das Haftungsentgelt nur dann unschädlich, wenn die Haftung der Klägerin auf das eigene Grundvermögen beschränkt gewesen wäre; dies war aber nicht der Fall, weil die Klägerin auch noch über anderes Vermögen verfügte, mit dem sie haftete, z.B. die Beteiligungen an den beiden GbR.Hinweise: Die Haftungsübernahme wäre ausnahmsweise dann gewerbesteuerlich unschädlich gewesen, wenn sie ein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung gewesen wäre. Diese Ausnahme lag aber nicht vor, weil die Klägerin ihren Grundbesitz auch ohne die Haftungsübernahme zu etwa gleichen Bedingungen hätte verwalten können. Unbeachtlich war, dass die Haftungsvergütung nur gering war. Der BFH lehnt eine Bagatellgrenze auch weiterhin ab. Wäre die Klägerin an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft auf dem Gebiet der Grundstücksverwaltung beteiligt gewesen, wäre die erweiterte Kürzung der Klägerin ebenfalls zu versagen gewesen. Denn dann hätte die Klägerin gewerbliche Beteiligungseinkünfte erzielt. Quelle: BFH, Urteil v. 20.4.2023 – III R 53/20; NWB

  • Gewerbliche Tätigkeit der Hauptperson in einer TV-Dokumentation

    Gewerbliche Tätigkeit der Hauptperson in einer TV-Dokumentation

    Die selbständig tätige Hauptperson einer TV-Dokumentation, die bei ihrer Arbeit auf dem Gebiet der Schuldnerberatung gefilmt wird, ohne dabei eine schauspielerische Leistung zu erbringen, ist gewerblich und nicht freiberuflich tätig. Sie unterliegt daher der Gewerbesteuer. Hintergrund: Ein Unternehmer kann freiberuflich, z.B. künstlerisch, tätig sein und unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Ist er hingegen nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig, muss er auf seinen Gewinn Gewerbesteuer zahlen.Sachverhalt: Der Kläger wirkte an einer TV-Dokumentation mit, in der er Menschen bei der Verbesserung ihrer Situation half; vermutlich dürfte es sich hierbei um die Schuldnerberatung gehandelt haben. Der Kläger wurde bei seinen Beratungsgesprächen mit den Klienten gefilmt und musste dabei keine schauspielerische Leistung erbringen und auch keinen Text lernen oder wiedergeben, sondern sollte nur „er selbst“ sein. Gelegentlich wurden die Szenen wiederholt, wenn die Aufnahme technisch missglückt war, z.B. wegen des Lichts. Der Kläger gab keine Gewerbesteuerklärung ab, weil er von einer freiberuflichen, nämlich künstlerischen Tätigkeit, ausging. Das Finanzamt setzte hingegen Gewerbesteuer fest. Entscheidung: Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Die Tätigkeit des Klägers war gewerbesteuerbar, weil der Kläger nicht künstlerisch und damit auch nicht freiberuflich tätig war. Der Kläger war in der Dokumentationssendung nicht eigenschöpferisch tätig, da der Kläger nur er selbst sein musste und in dieser Eigenschaft den Teilnehmern helfen musste. Der Kläger musste keine schauspielerische Leistung erbringen, sondern trat als Experte unter Nutzung seiner persönlichen und fachlichen Autorität auf. Soweit einzelne Szenen wiederholt wurden, führte dies nicht zu einer schauspielerischen Leistung, da der Kläger unverändert nur sich selbst darstellte. Der Kläger unterschied sich damit von anderen Darstellern im Fernsehen, die eine Kunstfigur geschaffen haben und als Kunstfigur auftreten. Hinweise: Der Kläger hatte in einem Interview erzählt, dass er kein Schauspieler sei, sondern ein Beschäftigter, der bei der Arbeit gefilmt werde. Das FG griff auf diese Interviewaussage zurück und schloss sich ihr an. Für die steuerliche Einstufung als Künstler bzw. als gewerblicher Unternehmer kommt es nicht darauf an, ob die Künstlersozialkasse den Kläger als Künstler eingestuft hat oder nicht. Der Kunstbegriff, der der Künstlersozialkasse zugrunde liegt, weicht vom Kunstbegriff im Steuerrecht ab. Die Gewerbesteuer, die der Kläger zahlen muss, wird auf die Einkommensteuer angerechnet, soweit die Gewerbesteuer einen Hebesatz von 400 % nicht übersteigt. Quelle: FG Düsseldorf, Urteil v. 21.3.2023 – 10 K 3063/17 G; Revision eingelegt, BFH-Az. VIII R 10/23; NWB

  • Bekanntgabefiktion für Steuerbescheide gilt auch bei nicht täglicher Postzustellung

    Bekanntgabefiktion für Steuerbescheide gilt auch bei nicht täglicher Postzustellung

    Die gesetzliche Fiktion, nach der ein Steuerbescheid drei Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt, ist auch dann anwendbar, wenn innerhalb des Dreitageszeitraums die Post an zwei Tagen nicht zugestellt worden ist, weil es sich um einen Sonnabend und Sonntag handelte, an denen die Post nicht ausgetragen wird. Hintergrund: Nach dem Gesetz gilt ein Bescheid am dritten Tage nach Aufgabe zur Post durch das Finanzamt als bekannt gegeben, es sei denn, er ist zu einem späteren Tag oder gar nicht zugegangen. Mit Ablauf des Tags der Bekanntgabe des Bescheids beginnt die Einspruchsfrist oder – bei Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung – die Klagefrist. Beide Fristen betragen einen Monat.Sachverhalt: Der Kläger hatte gegen seinen Steuerbescheid Einspruch eingelegt. Das Finanzamt wies den Einspruch mit einer Einspruchsentscheidung, die das Datum 28.1.2022 (Freitag) trug, zurück. Der Kläger erhob hiergegen Klage; die Klage ging am 3.3.2022 beim Finanzgericht ein. Er machte geltend, dass die Einspruchsentscheidung erst am Donnerstag, dem 3.2.2022 bei seinem Bevollmächtigten eingegangen sei. Weder am Sonnabend noch am Sonntag werde im Bezirk seines Bevollmächtigten die Post ausgetragen. Entscheidung: Das FG Münster (FG) wies die Klage ab: Nach der gesetzlichen Bekanntgabefiktion gilt die Einspruchsentscheidung vom 28.1.2022 am 31.1.2022, einem Montag, als bekannt gegeben. Damit begann die Klagefrist am 1.2.2022 und endete am 28.2.2022. Die Klageschrift ist aber erst am 3.3.2022 bei Gericht eingegangen. Die Einspruchsentscheidung ist am 28.1.2022 zur Post aufgegeben worden. Hierfür spricht die vom Finanzamt dargelegte Organisation der Postaufgabe innerhalb des Finanzamts sowie die beim Postdienstleister eingeholte Auskunft, die die entsprechenden Sendungsdetails benannt hat. Der Kläger konnte keine Zweifel an einer Bekanntgabe am 31.1.2022 benennen. Allein ein abweichender Eingangsvermerk der Kanzlei des Bevollmächtigten auf der Einspruchsentscheidung genügt nicht, zumal nicht klar ist, welcher Mitarbeiter den Eingangsvermerk angebracht hat. Die Zweifel ergeben sich auch nicht daraus, dass die Post am Sonnabend, dem 29.1.2022, sowie am Sonntag, dem 30.1.2022, nicht ausgetragen worden ist. Denn zwei zustellfreie Tage stellen keine atypische Konstellation dar, die gegen die Dreitagesfiktion sprechen. Zudem hat der Postdienstleister eine Zustellquote von 95,5 % für eine Postzustellung am zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Tag nachgewiesen. Hinweise: Das FG Berlin-Brandenburg hat vor kurzem in einem vergleichbaren Fall entgegengesetzt entschieden und die Dreitagesfiktion abgelehnt, wenn die Post nur an fünf Tagen pro Woche ausgetragen wird. Die Zweifel an der Dreitagesfiktion rühren daher, dass die Post nicht mehr durchgängig an sechs Tagen pro Woche ausgetragen wird, sondern zunehmend nur noch an fünf Tagen pro Woche. Das Finanzgericht hat im aktuellen Fall die Revision zugelassen, so dass bei Einlegung der Revision der Bundesfinanzhof über die Anwendbarkeit der Dreitagesfiktion in Fällen der nur eingeschränkten Postzustellung entscheiden muss. Nicht erörtert hat das Finanzgericht die Frage, ob der Bevollmächtigte ein Posteingangsbuch geführt und in diesem den Posteingang mit dem 3.2.2022 eingetragen hat oder ob der Briefumschlag, in dem sich die Einspruchsentscheidung befand, aufgehoben worden ist. Denn mit einem Posteingangsbuch und einem Briefumschlag, der z.B. einen Poststempel vom 1.3.2022 enthält, können Zweifel an der Dreitagesfiktion begründet werden. Quelle: FG Münster, Urteil v. 11.5.2023 – 8 K 520/22 E, #Rev. zugelassen; NWB