Keine Freistellungsbescheinigung für Bauabzugsteuer bei Verletzung der Mitwirkungspflichten
Ein Bauunternehmer hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung für die Bauabzugsteuer, wenn er seine Steuererklärung wiederholt verspätet abgegeben hat oder gar nicht abgibt oder wenn er das Finanzamt nicht als Behörde anerkennt, sondern als „Unternehmen“ bezeichnet. Ohne Freistellungsbescheinigung muss sein Auftraggeber 15 % als sog. Bauabzugsteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen. Hintergrund: Bei Bauleistungen eines Bauunternehmers ist ein unternehmerisch tätiger Auftraggeber grundsätzlich verpflichtet, eine sog. Bauabzugsteuer von 15 % einzubehalten, beim Finanzamt anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Dieser an das Finanzamt abgeführte Betrag wird auf die Einkommensteuer des Bauunternehmers angerechnet. Der Bauunternehmer kann aber eine Freistellungsbescheinigung beantragen, wenn der durch die Bauabzugsteuer zu sichernde Steueranspruch nicht gefährdet erscheint; erhält er die Freistellungsbescheinigung, muss sein Vertragspartner keine Bauabzugsteuer in Höhe von 15 % einbehalten. Sachverhalt: Der Kläger war Bauunternehmer. Er hatte seit dem Veranlagungszeitraum 2017 keine Gewinnermittlungen mehr beim Finanzamt eingereicht. Im Oktober 2020 beantragte er eine Freistellungsbescheinigung beim Finanzamt. Dies lehnte das Finanzamt wegen der noch ausstehenden Gewinnermittlungen ab. Im anschließenden Einspruchsverfahren bezeichnete der Kläger das Finanzamt wiederholt als „Unternehmen“ und nahm auf die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ des Finanzamts Bezug. Entscheidung: Das Sächsische Finanzgericht (FG) wies die Klage auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung ab: Eine Freistellungsbescheinigung ist einem Bauunternehmer nur dann zu erteilen, wenn der durch die Bauabzugsteuer zu sichernde Steueranspruch nicht gefährdet erscheint. Eine Gefährdung des Steueranspruchs ist u.a. dann anzunehmen, wenn der Bauunternehmer seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nicht nachkommt. Der Kläger ist seinen Mitwirkungspflichten bislang nicht nachgekommen. Denn er hat seit dem Veranlagungszeitraum 2017 keine Gewinnermittlungen mehr beim Finanzamt eingereicht. Außerdem hat der Kläger das Finanzamt wiederholt als Unternehmen bezeichnet und auf dessen „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ verwiesen und damit den behördlichen Status des Finanzamts nicht anerkannt. Hinweise: Trotz Verletzung der Mitwirkungspflichten ist die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung für den Kläger nicht vollständig ausgeschlossen. Denn er kann dann eine Freistellungsbescheinigung mit einer kurzen Geltungsdauer oder aber eine auftragsbezogene Freistellungsbescheinigung für eine konkrete Bauleistung beantragen. Im Streitfall schied diese Lösung aus, weil der Kläger trotz Aufforderung durch das Finanzamt nicht angegeben hat, wer sein Auftraggeber ist. Vielmehr hat der Kläger eine Liste mit den Namen von ca. 1.400 potenziellen Auftraggebern eingereicht. Quelle: Sächsisches FG, Urteil v. 31.8.2022 – 3 K 921/21; NWB