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Autor: g.weecke@wbml.de

  • Keine Pauschalierung bei Beiträgen des Arbeitgebers an einen Pensionsfonds

    Keine Pauschalierung bei Beiträgen des Arbeitgebers an einen Pensionsfonds

    Beiträge des Arbeitgebers an einen Pensionsfonds, der den Arbeitnehmern Ansprüche auf Renten bzw. Kapitalabfindungen gewährt, sind keine Sachzuwendungen, sondern Barlohn und können daher nicht pauschal mit 30 % versteuert werden. Hintergrund: Betrieblich veranlasste Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, die nicht in Geld bestehen und die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, können auf Antrag des Arbeitgebers pauschal mit 30 % besteuert werden.Sachverhalt: Die Klägerin war eine zum B-Konzern gehörende Konzerngesellschaft. Der B-Konzern bot seinen Arbeitnehmern eine betriebliche Altersvorsorge in Gestalt eines Pensionsfonds an. Die Arbeitnehmer, die dieses Angebot annahmen, erwarben Ansprüche gegenüber dem Pensionsfonds desjenigen Landes, in dem die jeweilige Konzerngesellschaft, für die sie tätig waren, ihren Sitz hatten; diese Konzerngesellschaft, für die sie tätig waren, war gegenüber dem Pensionsfonds zur Beitragszahlung verpflichtet. Arbeitnehmer der Konzerngesellschaft wurden häufig auch in anderen Ländern bei den dort ansässigen Konzerngesellschaften vorübergehend eingesetzt, so dass auch bei der Klägerin im streitigen Zeitraum 2012 bis 2015 Arbeitnehmer ausländischer Konzerngesellschaften tätig waren; die hierfür entstandenen Beiträge an den ausländischen Pensionsfonds wurden der Klägerin konzernintern belastet. Das Finanzamt behandelte diese Beiträge als Barlohn und erließ gegenüber der Klägerin einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid. Die Klägerin machte geltend, dass eine Pauschalierung zulässig sein müsse. Entscheidung: Das Finanzgericht Hamburg (FG) wies die Klage ab: Eine Pauschalierung für Arbeitslohn ist nur zulässig, wenn die Zuwendung des Arbeitgebers nicht in Geld besteht. Es muss sich also um einen Sachbezug handeln. Für die Abgrenzung zwischen Sachbezug und Barlohn ist der Rechtsgrund des Zuflusses maßgeblich. Ein Sachbezug unterscheidet sich vom Barlohn durch die Art des vom Arbeitgeber zugesagten und daher vom Arbeitnehmer zu beanspruchenden Vorteils, nicht aber durch die Art und Weise des Vorteils selbst. Ein Sachbezug liegt somit vor, wenn der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen kann. Hat der Arbeitnehmer hingegen einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihm anstelle der Sache den Barlohn ausbezahlt, handelt es sich um Barlohn. Bei der Sache kann es sich auch um einen Anspruch handeln, z.B. um einen Anspruch gegen den Pensionsfonds. Die Beiträge an die ausländischen Pensionsfonds stellten Barlohn dar und konnten daher nicht pauschal versteuert werden. Der Anspruch der Arbeitnehmer war nämlich auf Geldleistungen in Form von Altersrenten, Invaliditätsrenten, Hinterbliebenenrenten und ggf. Kapitalabfindungen gerichtet. Hinweise: Die Abgrenzung zwischen Bar- und Sachlohn bleibt auch nach dem aktuellen Urteil sehr schwierig. Ein anderes Finanzgericht hätte möglicherweise mit einer ähnlichen Begründung Sachlohn angenommen. In der Praxis kann es daher ratsam sein, eine Lohnsteuer-Anrufungsauskunft beim Finanzamt zu beantragen, um vorab Klarheit zu erlangen, ob und inwieweit steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt und eine Pauschalierung zulässig ist. Ein Teil der Beiträge an die Pensionsfonds war im Streitfall steuerfrei, da Leistungen des Arbeitgebers für die betriebliche Altersversorgung nach dem Gesetz unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise steuerfrei sind. Quelle: FG Hamburg, Urteil vom 14.3.2024 – 6 K 109/20; NWB

  • Bewirtungsaufwendungen anlässlich einer Verkaufsveranstaltung

    Bewirtungsaufwendungen anlässlich einer Verkaufsveranstaltung

    Tätigt ein Unternehmer anlässlich einer Verkaufsveranstaltung Bewirtungsaufwendungen, sind die Bewirtungsaufwendungen steuerlich nicht absetzbar, wenn der Unternehmer sie nicht einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzeichnet, sondern allgemein als Betriebsausgaben bucht. Die Pflicht zur gesonderten Aufzeichnung von Bewirtungsaufwendungen gilt auch dann, wenn neben den Geschäftsfreunden auch Arbeitnehmer an den Verkaufsveranstaltungen teilgenommen haben. Hintergrund: Verschiedene Betriebsausgaben sind nach dem Gesetz nicht oder nur beschränkt bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen (etwa bis zu einem Höchstbetrag) abziehbar. So können z.B. Bewirtungskosten nur zu 70 % steuerlich abgesetzt werden. Einige der nicht abziehbaren bzw. nur beschränkt abziehbaren Betriebsausgaben sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die neu gebaute Immobilien verkaufte. Sie führte in den Jahren 2013 und 2014 sog. Kick-Off-Veranstaltungen durch, zu denen sie ihre potenziellen Kunden einlud und bei denen sie Speisen und Getränke anbot. Die Veranstaltungen fanden auf Baustellen statt und dauerten jeweils vier Stunden. Ein Unterhaltungsprogramm gab es nicht, die Speisen und Getränke konnten an Stehtischen verzehrt werden. An den Veranstaltungen nahmen auch Arbeitnehmer teil. Ferner führte die Klägerin im Jahr 2015 eine Betriebsveranstaltung durch, deren Teilnehmerkreis zu ¾ aus Kunden und zu ¼ aus Arbeitnehmern bestand. Die Klägerin buchte die Aufwendungen für die Veranstaltungen auf einem allgemeinen Betriebsausgabenkonto, nicht aber auf einem Konto für nicht bzw. nur beschränkt abziehbare Betriebsausgaben. Das Finanzamt erkannte den Betriebsausgabenabzug für die Speisen und Getränke nicht an. Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Die Bewirtungskosten waren nicht abziehbar und daher dem Einkommen der Klägerin hinzuzurechnen, da die Klägerin gegen die Pflicht zur gesonderten Aufzeichnung verstoßen hatte. Bewirtungsaufwendungen sind nach dem Gesetz nämlich einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen, wenn sie geschäftlich veranlasst sind. Die geschäftliche Veranlassung der Aufwendungen war im Streitfall zu bejahen, da es sich um Verkaufsveranstaltungen und um eine Betriebsveranstaltung handelte. Eine geschäftliche Veranlassung besteht nicht, wenn ausschließlich Arbeitnehmer teilnehmen. Hingegen entfällt die geschäftliche Veranlassung nicht deshalb, weil auch Arbeitnehmer an den Veranstaltungen teilgenommen hatten. Es kommt nicht darauf an, ob die Speisen und Getränke im Vordergrund der Veranstaltungen standen. Hinweise: Die Pflicht zur gesonderten Aufzeichnung besteht nach dem Gesetz auch bei Aufwendungen für Geschenke, Gästehäuser, Repräsentation, häusliche Arbeitszimmer und unangemessene Aufwendungen. Es ist daher ratsam, diese Aufwendungen gesondert aufzuzeichnen, und zwar auf denjenigen Buchführungskonten, die für nicht abziehbare bzw. beschränkt abziehbare Aufwendungen vorgesehen sind. Die gesonderte Aufzeichnung soll dem Finanzamt eine Prüfung der Abziehbarkeit dieser Aufwendungen erleichtern, weil diese Aufwendungen nicht unter den übrigen Betriebsausgaben „versteckt“ werden sollen. Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.10.2023 – 6 K 6089/20; NWB

  • Übernahme freiwilliger Genossenschaftsanteile durch Mieter zwecks Mietminderung
    Steuern: Vermieter

    Übernahme freiwilliger Genossenschaftsanteile durch Mieter zwecks Mietminderung

    Übernehmen Mieter einer Wohnungsgenossenschaft freiwillig Anteile an einer Genossenschaft, die den Mietern dafür eine Mietminderung anbietet, ist der Mietnachlass gewerbesteuerlich nicht als Aufwendungen für Fremdkapital dem Gewinn der Genossenschaft hinzuzurechnen. Bei den freiwillig übernommenen Genossenschaftsanteilen handelt es sich nämlich um Eigenkapital und nicht um Fremdkapital. Hintergrund: Gewerbesteuerlich werden Zinsen für Fremdkapital zu 1/4 wieder dem Gewinn hinzugerechnet, soweit der Betrag der gesamten Hinzurechnungen – neben den Zinsen sind z.B. auch Mieten oder Lizenzen dem Gewinn in einem bestimmten Umfang hinzuzurechnen – 200.000 € pro Betrieb übersteigt. Sachverhalt: Die Klägerin war eine Wohnungsgenossenschaft. Sie bot ihren Mietern an, dass diese freiwillig unverzinsliche Genossenschaftsanteile (d.h. ohne Dividende) übernehmen können und hierfür eine Mietminderung im Umfang der üblichen Dividende erhalten. Das Finanzamt sah in der Mietminderung eine Vergütung für Fremdkapital und nahm eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung in Höhe der Mietminderung vor. Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Klägerin hatte keine Aufwendungen für Fremdkapital getätigt und etwa Zinsen an eine Bank gezahlt. Zwar hat die Klägerin ihren Mietern eine Mietminderung in Höhe der üblichen Dividende für die freiwillig übernommenen Genossenschaftsanteile zugesagt. In der Mietminderung war aber keine Vergütung für Fremdkapital zu sehen; denn das Kapital, das durch die Zeichnung freiwilliger Genossenschaftsanteile entstanden ist, war Eigenkapital der Genossenschaft. Zum Eigenkapital einer Genossenschaft gehört das Geschäftsguthaben der Mitglieder. Das Geschäftsguthaben des einzelnen Mitglieds setzt sich aus den gezeichneten Geschäftsanteilen zusammen, zu denen sowohl die Pflichtbeteiligung des Mitglieds als auch die freiwilligen Geschäftsanteile, die von dem Mitglied über die Pflichtbeteiligung hinaus gezeichnet werden können, gehören. Hinweise: Die Klägerin hatte Sorge gehabt, dass das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung annehmen könnte, und hatte daher vorab eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt beantragt. Das Finanzamt hat die verbindliche Auskunft erteilt und eine verdeckte Gewinnausschüttung verneint. Nach einer Außenprüfung bei der Klägerin hat das Finanzamt dann aber eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung in Höhe der zugesagten Mietminderung vorgenommen. Das FG interpretierte die verbindliche Auskunft aber zugunsten der Klägerin dahingehend, dass das Finanzamt jegliche Form der Einkommens- bzw. Gewinnerhöhung in Bezug auf die Übernahme freiwilliger Genossenschaftsanteile ausgeschlossen habe, also auch unter dem Gesichtspunkt der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Daher hätte die Klage auch aufgrund der verbindlichen Auskunft Erfolg gehabt. Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2023 – 6 K 6042/20; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Juni 2024

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Juni 2024

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juni 2024 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2024 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben vom 1.7.2024 – III C 3 – S 7329/19/10001 :006 (2024/0587317); NWB

  • Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags für eine Photovoltaikanlage

    Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrags für eine Photovoltaikanlage

    Ein Investitionsabzugsbetrag, der im Jahr 2021 für die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage gebildet worden ist, ist aufgrund der rückwirkend zum 1.1.2022 eingeführten Steuerbefreiung für Gewinne aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen rückgängig zu machen. Dies gilt für Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von bis zu 30 kW (peak). Hintergrund: Ein Unternehmer kann für künftige Investitionen einen Investitionsabzugsbetrag steuermindernd bilden. Der Investitionsabzugsbetrag beläuft sich auf maximal 50 % der künftigen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Wird die Investition durchgeführt, kann in Höhe des Investitionsabzugsbetrags eine Hinzurechnung zum Gewinn erfolgen; unterbleibt die Hinzurechnung ist der Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen. Gewinne aus dem Betrieb kleiner Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von maximal 30 kW (peak) sind unter bestimmten Voraussetzungen seit dem 1.1.2022 steuerfrei. Die Steuerfreiheit wurde rückwirkend Ende 2022 eingeführt. Sachverhalt: Der Steuerpflichtige bildete im Streitjahr 2021 einen gewinnmindernden Investitionsabzugsbetrag, weil er die Anschaffung einer Photovoltaikanlage mit einer Leistung von ca. 11 kW (peak) plante. Das Finanzamt erkannte den Investitionsabzugsbetrag im Einkommensteuerbescheid für 2021 aus dem Mai 2022 zunächst an. Nachdem der Gesetzgeber Ende 2022 die Steuerfreiheit für Gewinne aus dem Betrieb kleiner Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von maximal 30 kW (peak) rückwirkend zum 1.1.2022 eingeführt hatte, änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für 2021 im November 2023 und machte den Investitionsabzugsbetrag rückgängig. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, die das Finanzamt nicht anerkannte. Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) lehnte eine Aussetzung der Vollziehung des geänderten Einkommensteuerbescheids für 2021 ebenfalls ab: Es kann offenbleiben, ob der Antragsteller angesichts der rückwirkend zum 1.1.2022 eingeführten Steuerfreiheit überhaupt noch eine Gewinnerzielungsabsicht ab 2022 hatte und deshalb für Investitionen ab 2022 noch vorab einen Investitionsabzugsbetrag bilden konnte. Aufgrund der rückwirkend zum 1.1.2022 eingeführten Steuerfreiheit für Gewinne aus dem Betrieb kleinerer Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von bis zu 30 kW (peak) war eine gewinnerhöhende Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags bei Durchführung der Investition ab 2022 nicht mehr möglich; denn ein Gewinn war ab 2022 nicht mehr zu ermitteln. Daher war der bereits im Jahr 2021 gebildete Investitionsabzugsbetrag rückgängig zu machen. Diese Rückgängigmachung erfolgte noch vor Ablauf des dreijährigen Investitionszeitraums, weil schon jetzt feststand, dass eine gewinnerhöhende Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags im Fall der Durchführung der Investition nicht mehr erfolgen konnte. Hinweise: Das FG folgt mit seiner Entscheidung der Auffassung der Finanzverwaltung, die ebenfalls eine Rückgängigmachung verlangt, wenn der Investitionsabzugsbetrag vor dem 1.1.2022 gebildet und die Investition nicht bis zum 31.12.2021 getätigt wurde. Das Ergebnis des FG mag auf den ersten Blick finanzamtsfreundlich erscheinen. Hintergrund ist allerdings die neu eingeführte Steuerfreiheit, die ab 2022 zugunsten der Unternehmer gilt. Der Investitionsabzugsbetrag ist eine vorgezogene Abschreibung. Ist der Gewinn jedoch steuerfrei, sind Abschreibungen steuerlich nicht möglich. Dies gilt dann auch für den Investitionsabzugsbetrag als vorgezogene Abschreibung. Verfassungsrechtlich ist dies dem Finanzgericht zufolge nicht zu beanstanden. Nun hat der Bundesfinanzhof das letzte Wort. Der Antragsteller hat gegen den Beschluss des FG Beschwerde eingelegt.Quelle: FG Köln, Beschluss vom 14.3.2024 – 7 V 10/24; Az. beim BFH: III B 24/24; Auffassung Finanzverwaltung: BMF, Schreiben vom 17.7.2023 – IV C 6 – S 2121/23/10001 :001; BStBl 2023 I S. 1494, Rn. 19; NWB

  • Verlustuntergang bei Anteilsübertragung erfasst nicht verrechenbaren Verlust aus KG-Beteiligung

    Verlustuntergang bei Anteilsübertragung erfasst nicht verrechenbaren Verlust aus KG-Beteiligung

    Kommt es bei einer Kapitalgesellschaft zu einer Anteilsübertragung von mehr als 50 %, geht zwar u.a. der körperschaftsteuerliche Verlustvortrag und der bis zum Tag der Anteilsübertragung entstandene laufende Verlust der Kapitalgesellschaft unter, nicht aber der verrechenbare Verlust, der für die Kapitalgesellschaft aus ihrer Beteiligung an einer KG festgestellt worden ist. Denn hierbei handelt es sich nicht um den Verlust einer Kapitalgesellschaft, sondern um den Verlust einer KG. Hintergrund: Nach dem Gesetz gehen die nicht genutzten Verluste einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich unter, wenn mehr als 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber unmittelbar oder mittelbar übertragen werden. Dies betrifft insbesondere den zum 31.12. des Vorjahres festgestellten körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Verlustvortrag. Sachverhalt: Die X-GmbH war Kommanditistin der B-GmbH & Co. KG. Für die X-GmbH war zum 31.12.2013 ein verrechenbarer Verlust festgestellt worden; das heißt, die bisherigen Verlustanteile der X-GmbH aus ihrer Beteiligung an der B-GmbH & Co. KG hatten zu einem negativen Kapitalkonto der X-GmbH bei der B-GmbH & Co. KG geführt. Im Jahr 2014 wurden 100 % der Anteile an der X-GmbH auf einen Dritten übertragen. Das Finanzamt, das für die Gewinnfeststellung der B-GmbH & Co. KG zuständig war, ging auf Grund der Anteilsübertragung davon aus, dass dies zum Untergang des verrechenbaren Verlustes der X-GmbH führt und stellte diesen zum 31.12.2014 mit 0 € fest. Hiergegen klagte die X-GmbH. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Zwar gab es im Jahr 2014 eine schädliche Anteilsübertragung, da mehr als 50 % der Anteile auf einen Dritten übertragen wurden. Dies führte zu einem Untergang der nicht genutzten Verluste der X-GmbH. Bei den nicht genutzten Verlusten handelt es sich aber nur um die Verluste der X-GmbH. Der verrechenbare Verlust ist aber ein Verlust, der bei der B-GmbH & Co. KG entstanden ist und der X-GmbH nur anteilig zugerechnet wird; der Verlust ist aber nicht bei der X-GmbH entstanden. Der verrechenbare Verlust ist zudem auch kein nicht genutzter Verlust, sondern er ist ein nicht nutzbarer Verlust. Er wird nämlich als verrechenbar festgestellt, weil insoweit das Kapitalkonto negativ geworden ist, und kann nur mit künftigen Gewinnanteilen aus der KG-Beteiligung verrechnet werden. Die gesetzliche Regelung zum Verlustuntergang soll aber verhindern, dass mit Verlusten, die bereits jetzt genutzt werden können und die für den Erwerber einen wirtschaftlichen Wert haben, Handel getrieben wird. Ob und wann der verrechenbare Verlust genutzt werden kann, also künftige Gewinne bei der KG entstehen, ist indes unsicher. Hinweise: Der BFH folgt nicht der Auffassung der Finanzverwaltung, die von einem Untergang des verrechenbaren Verlustes ausgeht, wenn bei der GmbH, die an einer KG als Mitunternehmerin beteiligt ist, mehr als 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren auf einen Dritten übertragen werden. Die Verlustuntergangsregelung enthält mehrere Ausnahmen, bei denen es trotz einer Anteilsübertragung von mehr als 50 % nicht zu einem Verlustuntergang kommt. So gibt es z.B. eine Konzernklausel, die bestimmte Übertragungen innerhalb einer Konzernstruktur als unschädlich ansieht, eine sog. Verschonungsregelung, nach der der Verlust nicht untergeht, soweit die Kapitalgesellschaft stille Reserven hat, oder eine Sanierungsklausel, nach der eine Anteilsübertragung zwecks Sanierung nicht zum Verlustuntergang führt. Außerdem ist noch nicht entschieden, ob die Verlustuntergangsregelung verfassungswidrig ist; hierzu ist ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Gewerbesteuerlich würde der verrechenbare Verlust hingegen als eigener Verlust der Kapitalgesellschaft behandelt werden; denn er wäre gewerbesteuerlich sofort nutzbar und würde deshalb auch bei einer Anteilsübertragung von mehr als 50 % untergehen.Quelle: BFH, Urteil vom 24.4.2024 – IV R 27/21; NWB

  • Anteiliger Ansatz einer Pensionsrückstellung bei nur teilweiser Eindeutigkeit der Pensionszusage

    Anteiliger Ansatz einer Pensionsrückstellung bei nur teilweiser Eindeutigkeit der Pensionszusage

    Enthält eine Pensionszusage mehrere Versorgungskomponenten, von denen eine Versorgungskomponente nicht eindeutig formuliert ist, führt dies nicht dazu, dass keine Pensionsrückstellung passiviert werden darf. Vielmehr ist eine Pensionsrückstellung anteilig zu bilden, soweit die Pensionszusage eine oder mehrere eindeutige Versorgungskomponenten enthält. Hintergrund: Für die Verpflichtung aus Pensionszusagen sind handels- und steuerrechtlich Pensionsrückstellungen zu bilden. Steuerlich sind allerdings bestimmte Voraussetzungen zu beachten. So muss die Pensionszusage z.B. schriftlich erteilt werden, und die Pensionszusage muss eindeutige Angaben zur Art und Form, zu den Voraussetzungen und zur Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern Pensionszusagen erteilt hatte. Danach konnten beide Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszahlung bei Vollendung des 65. Lebensjahres verlangen. Außerdem sollten beide bereits vor Vollendung ihres 65. Lebensjahres bei Ausscheiden aus dem Unternehmen eine Rente mit Abschlag beanspruchen können, wobei der vorzeitige Bezug der Rente jedoch frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich war. Das Finanzamt hielt die Pensionszusage hinsichtlich des vorzeitigen Rentenbezugs für nicht eindeutig formuliert und erkannte die Pensionsrückstellungen in den Streitjahren 2009 bis 2012 in vollem Umfang nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine Pensionsrückstellung dem Grundsatz nach für zulässig und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück: Zwar waren die Pensionszusagen hinsichtlich des vorzeitigen Rentenbezugs nicht eindeutig formuliert. Es war nämlich nicht klar, ob die Rente bei einem vorzeitigen Ausscheiden geleistet werden muss oder ob der jeweilige Gesellschafter-Geschäftsführer zwar schon vor dem 60. Lebensjahr ausscheiden kann, aber erst ab dem 60. Lebensjahr eine Rente erhält. Diese fehlende Eindeutigkeit bezieht sich jedoch nur auf den vorzeitigen Rentenbezug, nicht aber auf die gesamte Pensionszusage. Hinsichtlich des regulären Rentenbezugs mit Vollendung des 65. Lebensjahres war die Pensionszusage eindeutig formuliert. Die erteilten Pensionszusagen stellten teilbare Versorgungszusagen dar, da sie zum einen eine eindeutige Zusage auf Zahlung einer Rente nach Vollendung des 65. Lebensjahres enthielten und zum anderen eine nicht eindeutige Zusage auf vorzeitige Zahlung einer Rente vor Vollendung des 65. Lebensjahres vorsahen. Da eine der beiden Versorgungskomponenten der teilbaren Versorgungszusage eindeutig formuliert war, nämlich die Pensionszusage für den Fall der Vollendung des 65. Lebensjahres, war insoweit eine Pensionsrückstellung zu bilden. Die Pensionsrückstellung ist nach dem Pensionsalter von 65 Jahren zu berechnen. Zu passivieren ist auch die Verpflichtung für eine Witwenrente, falls diese ebenfalls erteilt worden sein sollte und an die Altersrente geknüpft ist. Bei der Berechnung der Pensionsrückstellung darf aber die Möglichkeit eines vorzeitigen Bezugs der Altersrente nicht berücksichtigt werden; denn insoweit war die Pensionszusage nicht eindeutig. Hinweise: Das FG muss nun die entsprechende Berechnung vornehmen. Außerdem muss es prüfen, ob es in den Streitjahren bereits zu einer vorzeitigen Rentenzahlung vor Vollendung des 65. Lebensjahres gekommen ist. In diesem Fall müssten die vorzeitigen Rentenzahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt werden, falls die Gesellschafter-Geschäftsführer sog. beherrschende Gesellschafter waren. Denn der Verstoß gegen die Eindeutigkeit bei Erteilung der vorzeitigen Pensionszusagen würde zugleich einen Verstoß gegen den sog. formellen Fremdvergleich begründen, der bei Verträgen zwischen der GmbH und den beherrschenden Gesellschaftern u.a. eine eindeutige Vereinbarung verlangt, und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung nach sich ziehen. Quelle: BFH, Urteil vom 28.2.2024 – I R 29/21; NWB

  • Grundsteuerreform: Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwerte

    Grundsteuerreform: Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwerte

    Trägt ein Grundstückseigentümer konkrete Umstände vor, nach denen der im Rahmen der Grundsteuerreform festgestellte Grundsteuerwert den Wert seines Grundstücks erheblich überschreiten und ein entsprechender Nachweis durch ein Sachverständigengutachten geführt werden könnte, ist Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerwertbescheids zu gewähren. Hintergrund: Im Rahmen der Grundsteuerreform werden ca. 36 Mio. Grundstücke neu bewertet. Die Bewertung erfolgt schematisch anhand der Bodenrichtwerte, einer fingierten Restnutzungsdauer und eines typisierten Reinertrags. Der Nachweis eines niedrigeren Wertes durch Vorlage eines Gutachtens ist nicht vorgesehen. In vielen Bundesländern wird das sog. Bundesmodell angewendet, das auch im Streitfall relevant war.Sachverhalt: Der Steuerpflichtige besaß ein ca. 350 qm großes Grundstück in Rheinland-Pfalz, das mit einem Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 72 qm bebaut war. Das Baujahr des Einfamilienhauses war 1880; seit der Errichtung waren keine wesentlichen Renovierungen mehr vorgenommen. Das Finanzamt stellte den Grundsteuerwert zum 1.1.2022 auf ca. 91.000 € fest. Hiergegen legte der Steuerpflichtige Einspruch ein und beantragte unter Hinweis auf das Baujahr und den Zustand des Hauses die Aussetzung der Vollziehung, die das Finanzamt ablehnte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt: Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Grundsteuerwertes. Denn die Vorschriften über die Bewertung von Grundstücken müssen verfassungskonform ausgelegt werden und dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt werden, einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks nachzuweisen. Zwar ist nach der Grundsteuerreform der Nachweis eines niedrigeren Grundsteuerwertes nicht vorgesehen; ein solcher Nachweis, z.B. durch ein Sachverständigengutachten, muss aber verfassungsrechtlich möglich sein, um eine Übermaßbesteuerung zu vermeiden. Zwar hat der Gesetzgeber angesichts der großen Anzahl zu bewertender Grundstücke einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Allerdings darf es nicht zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung kommen. Der Steuerpflichtige hat im Streitfall Umstände vorgetragen, nach denen der Nachweis eines niedrigeren Grundstückswertes gelingen könnte. Hierfür sprechen das Baujahr des Hauses und die seit 1880 unterbliebenen Renovierungen. Es ist daher vorstellbar, dass das Grundstück nur mit dem Bodenwert abzüglich etwaiger Freilegungskosten bewertet werden könnte. Es bestehen Zweifel, dass sich mit dem Gebäude die gesetzlich typisierten Mieterträge erzielen lassen, die im Streitfall mit jährlich 3.635 € angesetzt wurden.Hinweise: Der Steuerpflichtige hat im Streitfall kein Sachverständigengutachten vorgelegt. Für die Aussetzung der Vollziehung genügt es, dass er Umstände vorgetragen hat, die es möglich erscheinen lassen, dass ein Sachverständigengutachten zu einem niedrigeren gemeinen Wert gelangt. In seiner bisherigen Rechtsprechung geht der BFH von einem Verstoß gegen das Übermaßverbot aus, wenn der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren Wert (sog. gemeinen Wert) um 40 % oder mehr übersteigt. Die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Grundsteuerwertbescheids führt im Ergebnis dazu, dass im vorliegenden Fall im Umfang der Aussetzung zunächst keine Grundsteuer gezahlt werden muss. Die Aussetzung der Vollziehung ist jedoch nur eine vorläufige Entscheidung; die endgültige Entscheidung wird im Klageverfahren gegen den Grundsteuerwertbescheid getroffen. Der aktuelle Beschluss betrifft das sog. Bundesmodell, das in der Mehrzahl der Bundesländer anwendbar ist. Einige Bundesländer (u.a. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen) haben von der gesetzlichen Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und wenden das Bundesmodell nicht an. Der BFH hat sich nicht dazu geäußert, ob sich seine aktuellen Ausführungen auch auf die Ermittlung des Grundsteuerwerts in diesen Bundesländern übertragen lassen. Quelle: BFH, Beschluss vom 27.5.2024 – II B 78/23 (AdV); NWB

  • Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Nebenleistungen eines Hotels?

    Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Nebenleistungen eines Hotels?

    Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss entscheiden, ob für Nebenleistungen eines Hotels der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 %, der auch für die Übernachtung gilt, oder aber der reguläre Steuersatz von 19 % anwendbar ist, so dass das Gesamtentgelt aufzuteilen ist in ein Entgelt für die Zimmerüberlassung (7 %) und in ein Entgelt für die Nebenleistungen (19 %). Der Bundesfinanzhof (BFH) ist zwar für eine Aufteilung, hält es allerdings für möglich, dass der EuGH das gesetzliche Aufteilungsgebot als europarechtswidrig ansieht. Hintergrund: Hotelübernachtungen werden nach deutschem Recht mit lediglich 7 % Umsatzsteuer besteuert. Nach dem Gesetz gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen im Hotelpreis enthalten sind; erforderlich ist danach eine Aufteilung des Entgelts, wenn der Hotelpreis auch Nebenleistungen umfasst. Die Aufteilung von Entgelten ist vom EuGH in der jüngeren Vergangenheit aber in anderem Zusammenhang abgelehnt worden. Sachverhalt: Der BFH musste über drei Fälle entscheiden, die jeweils ein Hotel bzw. eine Pension betrafen. In dem ersten Fall bot das Hotel optional ein Frühstück zum Preis von 4,50 € an; im Hotelpreis war aber ein Parkplatz enthalten. Im zweiten Fall waren im Übernachtungspreis ebenfalls ein Parkplatz sowie das zur Verfügung gestellte WLAN und der Fitness- und Wellnessbereich enthalten. Im dritten Fall gehörte zur Übernachtung ein Frühstück, das nicht abgewählt werden konnte. Das Finanzamt wandte in allen Fällen den ermäßigten Umsatzsteuersatz nur für die eigentliche Übernachtung an und teilte den jeweiligen Zimmerpreis auf die eigentliche Übernachtungsleistung (7 %) und auf die Nebenleistung(en) (19 %) auf. Hiergegen wehrten sich die drei Hotel- bzw. Pensionsbetreiber. Entscheidung: Der BFH hat dem EuGH die Streitfragen zur Entscheidung vorgelegt, soweit es um den Steuersatz der im Hotelpreis enthaltenen Nebenleistungen geht: Bietet das Hotel zusätzlich zur Übernachtung eine Leistung an, die weder hinzugebucht noch abgewählt werden kann, sondern zwingend enthalten ist, handelt es sich um eine Nebenleistung zur Hauptleistung (Übernachtung). Denn diese Nebenleistung ist eng mit der Übernachtung verbunden und im Preis enthalten. Nach deutschem Recht besteht ein Aufteilungsgebot, weil der ermäßigte Umsatzsteuersatz nur für die Zimmervermietung gewährt wird, nicht aber für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen wie im ersten und zweiten Fall der Hotelparkplatz, im zweiten Fall die Bereitstellung des WLAN und der Fitness- und Wellnessbereichs sowie im dritten Fall das Frühstück. Aus der aktuellen Rechtsprechung des EuGH könnte sich aber ergeben, dass ein Aufteilungsgebot gegen das Europarecht verstößt. Dem EuGH zufolge darf nämlich eine einheitliche Leistung, die aus einer Hauptleistung und aus einer Nebenleistung besteht und bei der unterschiedliche Umsatzsteuersätze für die Haupt- und Nebenleistung gelten, nicht aufgeteilt werden – der Umsatzsteuersatz für die Hauptleistung gilt dann für die gesamte Leistung. Hieraus könnte sich der Schluss ergeben, dass das deutsche Aufteilungsgebot unzulässig ist. Hinweise: Der EuGH muss nun entscheiden, ob das deutsche Aufteilungsgebot gilt oder ob es wegen Verstoßes gegen das Europarecht nicht anwendbar ist. Das Vorabentscheidungsersuchen hat Bedeutung für Nebenleistungen, die weder hinzugebucht noch abgewählt werden können. Kann jedoch die Leistung wie z.B. das Frühstück im ersten Fall zu- oder abgewählt werden, handelt es sich nicht um eine Nebenleistung, sondern um eine eigenständige Leistung, die in jedem Fall dem regulären Steuersatz von 19 % unterliegt.Quelle: BFH, Beschlüsse vom 10.1.2024 – XI R 11/23 (XI R 34/20); XI R 13/23 (XI R 7/21) sowie XI R 14/23 (XI R 22/21); NWB

  • Kein einheitlicher Gewerbebetrieb bei Gewächshausprojektierung und Pflanzenzucht

    Kein einheitlicher Gewerbebetrieb bei Gewächshausprojektierung und Pflanzenzucht

    Ein Unternehmer, der zum einen Gewächshäuser plant und projektiert und zum anderen eine Pflanzenzucht mit exotischen Pflanzen betreibt, hat zwei selbständige Gewerbebetriebe. Es handelt sich nicht um einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Daher kann der Verlust des einen Betriebs nicht mit dem Gewinn des anderen Betriebs verrechnet werden. Hintergrund: Gewerbesteuerlich wird jeder einzelne Gewerbebetrieb selbständig behandelt, so dass für jeden Gewerbebetrieb ein eigener Gewerbesteuermessbescheid ergeht. Sachverhalt: Der Kläger betrieb seit September 2013 ein Unternehmen im Bereich der Planung und Projektierung von Gewächshäusern. Ab November 2013 meldete er eine Pflanzenzucht für exotische Pflanzen an. Mit der Pflanzenzucht erzielte der Kläger in den Streitjahren 2014 und 2015 Verluste; hingegen erwirtschaftete er mit der Gewächshausplanung Gewinne. Der Kläger verrechnete die Verluste des Pflanzenzuchtunternehmens mit den Gewinnen aus der Gewächshausplanung. Dies akzeptierte das Finanzamt nicht. Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Eine Verrechnung der Verluste, die mit der Pflanzenzucht erzielt wurden, mit Gewinnen aus der Gewächshausplanung und -projektierung war nicht zulässig, weil es sich um zwei selbständige Gewerbebetriebe handelte und nicht um einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Bei der Frage, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegt, kommt der Gleichartigkeit der Betätigungen wesentliche Bedeutung zu. Eine gleichartige Betätigung spricht in der Regel für einen einheitlichen Betrieb, so dass der Verlust des einen Bereichs mit dem Gewinn aus dem anderen Bereich verrechnet werden kann. Bei Ungleichartigkeit der Betätigungen kann hingegen nur ausnahmsweise von einem einheitlichen Betrieb ausgehen. Im Streitfall waren die Betätigungen ungleichartig: So führten beide Betätigungen zu unterschiedlichen Einkünften; aus der Gewächshausplanung und -projektierung ergaben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, während die Pflanzenzucht zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führte. Beide Tätigkeiten wandten sich auch an unterschiedliche Kundenbereiche. Die Gewächshausplanung und -projektierung erfolgte für gewerbliche Kunden, die gezüchteten Pflanzen sollten hingegen an Privatkunden verkauft werden. Schließlich war die Pflanzenzucht auch nicht notwendig für die Gewächshausplanung und -projektierung. Hinweise: Die Verluste aus dem Pflanzenzuchtbetrieb können somit nicht mit den Gewinnen aus der Gewächshausplanung und -projektierung verrechnet werden. Es ergeht vielmehr für jeden Betrieb ein eigener Gewerbesteuermessbescheid, wobei sich aus dem Bescheid für die Pflanzenzucht aufgrund der Verluste in beiden Streitjahren jeweils ein Messbetrag von 0 € ergibt. Zudem wird der Verlust aus der Pflanzenzucht gesondert zum 31.12. eines jeden Jahres festgestellt, so dass er mit künftigen Gewinnen aus der Pflanzenzucht verrechnet werden kann. Ein Verlustrücktrag ist bei der Gewerbesteuer nicht möglich, sondern nur bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Quelle: FG Münster, Urteil vom 29.11.2023 – 13 K 986/21; NWB