Wird eine KG durch einen Formwechsel in eine GmbH umgewandelt, so
kann nach dem Formwechsel ein Grunderwerbsteuerbescheid noch wirksam gegenüber
der KG bekanntgegeben werden. Denn der Formwechsel führt nur zu einer Änderung
der Rechtsform, nicht aber zu einer Änderung der rechtlichen und
wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft.
Hintergrund: Ein Steuerbescheid
wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen
wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird.
Sachverhalt: Am 29.8.2012 wurde eine KG, die Grundstücke besaß, in
eine GmbH umgewandelt. Zuvor hatte es eine Einbringung von Anteilen an der KG
in eine andere KG gegeben. Das Finanzamt erfuhr von der Einbringung und ging
von der Grunderwerbsteuerbarkeit der Einbringung aus, hielt diese aber unter
dem Gesichtspunkt einer Übertragung zwischen Schwester-Personengesellschaften
für steuerfrei. Es erließ am 8.4.2015 einen Grunderwerbsteuerbescheid, den es
der KG bekanntgab und in dem es ausführte, dass die Einbringung steuerfrei sei,
jedoch Nachhaltefristen zu beachten seien. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 2.2.2018 erließ das Finanzamt einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid, den
es nun an die GmbH adressierte und in dem es Grunderwerbsteuer aufgrund der
Einbringung festsetzte. Das Finanzamt verneinte die Steuerfreiheit für
Schwester-Personengesellschaften wegen des im Jahr 2012 durchgeführten
Formwechsels. Die GmbH wehrte sich gegen diesen Bescheid.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und hob den Bescheid vom 2.2.2018
auf:
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Der Bescheid vom 2.2.2018 durfte nicht mehr ergehen, weil
zuvor bereits der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015
ergangen und wirksam geworden war. Der
Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 ging von einer Steuerfreiheit aus und
stand daher der Steuerfestsetzung vom 2.2.2018 entgegen. -
Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 war wirksam bekannt
gegeben worden. Unschädlich ist, dass er der KG bekannt gegeben wurde und nicht
der GmbH. Bei einem Formwechsel kann ein Bescheid auch noch an den
formwechselnden Rechtsträger, d.h. an den bisherigen Rechtsträger (KG), bekannt
gegeben werden und muss nicht dem Rechtsträger neuer Form, d.h. der GmbH,
bekannt gegeben werden. -
Bei einem Formwechsel ändert sich zwar die Rechtsform – im
Streitfall wurde aus einer KG eine GmbH. Die rechtliche und
wirtschaftliche Identität der Gesellschaft bleibt aber
unverändert. Wenn das Finanzamt nach einem Formwechsel einen
Steuerbescheid noch an die Gesellschaft unter dem Namen der alten Rechtsform
bekannt gibt, ist dies nur eine unrichtige Bezeichnung, die unschädlich ist.
Adressat ist die Gesellschaft, deren Identität sich nicht geändert hat. -
Da der an die KG gerichtete Bescheid vom 8.4.2015 wirksam war
und eine Steuerbefreiung feststellte, durfte das Finanzamt hiervon nicht mehr
abweichen und nun Grunderwerbsteuer gegenüber der GmbH festsetzen. Der Bescheid
vom 8.4.2015 war in materieller Bestandskraft
erwachsen und hätte nur noch aufgrund einer Korrekturnorm
geändert werden dürfen. Eine Korrekturnorm gab es jedoch nicht. Insbesondere
war der Formwechsel keine neue Tatsache, sondern dem Finanzamt bereits bei
Erlass des Bescheids am 8.4.2015 bekannt.
Hinweise: Es konnte auch keine
Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses erfolgen. Denn wenn als Ereignis
der Formwechsel vom 29.8.2012 angesehen werden sollte, so lag dieses Ereignis
bereits bei Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids am 8.4.2015 vor und konnte
daher nicht rückwirkend sein.
Bei einem Formwechsel wird nur das „Rechtskleid“ der
Gesellschaft ausgetauscht. Die Identität der umgewandelten Gesellschaft ändert
sich nicht. Daher löst ein Formwechsel grundsätzlich auch keine
Grunderwerbsteuer aus, kann allerdings zu einer Verletzung sog. Vorhalte- oder
Nachhaltefristen führen.
Auf die Frage, ob der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015
rechtmäßig war, kam es nicht an, da dieser Bescheid wirksam geworden war und
nicht mehr geändert werden konnte.
Quelle: BFH, Urteil vom 19.3.2024 – II R 33/22;
NWB