Hat ein mit mindestens 1 % beteiligter GmbH-Gesellschafter der GmbH
ein Darlehen gewährt und lässt er dieses Darlehen bei Eintritt der Krise
stehen, kann er einen späteren Ausfall des Darlehens nur mit dem Teilwert der
Darlehensforderung im Zeitpunkt des Eintritts der Krise steuerlich geltend
machen, falls er die Beteiligung verkauft oder aufgibt. Der Ansatz des
Nennwertes ist bei dem Ausfall eines stehengelassenen Darlehens nicht zulässig.
Hintergrund: Der Gewinn oder
Verlust aus dem Verkauf oder der Aufgabe einer GmbH-Beteiligung gehört zu den
Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Gesellschafter mit mindestens 1 % an
der GmbH beteiligt ist. Steuerlich abgezogen werden dabei auch nachträgliche
Anschaffungskosten, zu denen unter bestimmten Voraussetzungen Darlehensausfälle
gehören, wenn der Gesellschafter der GmbH ein Darlehen gewährt hat und mit
diesem ausfällt. Der Gewinn bzw. Verlust wird nach dem sog.
Teileinkünfteverfahren zu 60 % steuerlich berücksichtigt.
Sachverhalt: Der Kläger war seit
1990 wesentlich an einer GmbH beteiligt. Im Jahr 1997 gewährte er der damals
finanziell gesunden GmbH ein Darlehen in Höhe von 500.000 DM. Im Jahr 2004
stellte die GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der
Kläger, der mit seinem Darlehen ausgefallen war, machte in seiner
Einkommensteuererklärung für 2009 einen Verlust aus der Auflösung der GmbH
geltend. In diesem Verlust war auch der Darlehensausfall in Höhe des Nennwerts
(500.000 DM = ca. 255.000 €) enthalten. Das Finanzamt setzte den
Darlehensausfall hingegen mit einem Teilwert von nur 0 € an.
Entscheidung: Der BFH wies die
hiergegen gerichtete Klage ab:
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Es handelte sich um ein sog. stehengelassenes Darlehen, das
vor dem Eintritt der Krise gewährt worden war, in der Krise aber nicht
abgezogen, sondern stehengelassen wurde. -
Ein stehengelassenes Darlehen ist nur mit seinem
Teilwert im Zeitpunkt des Eintritts der
Krise anzusetzen, nicht jedoch mit seinem Nennwert. Zwar äußert sich das Gesetz
nicht zur Höhe der Bewertung des Darlehensausfalls, sondern spricht lediglich
von einem Darlehensverlust. Berücksichtigt werden kann ein Darlehensverlust
aber nur insoweit, als er gesellschaftsrechtlich
veranlasst ist; die gesellschaftsrechtliche Veranlassung ist
aber erst mit dem Eintritt der Krise zu bejahen, da ein Nichtgesellschafter das
Darlehen abgezogen hätte. -
Der Teilwert des Darlehens betrug im Zeitpunkt des
Kriseneintritts 0 €, da es im Zeitpunkt des Kriseneintritts nichts mehr
wert war.
Hinweise: Der Gesetzgeber hat
die steuerliche Berücksichtigung von Darlehensverlusten bei
GmbH-Gesellschaftern zwar neu geregelt, dabei aber die Bewertung des
Darlehensausfalls nicht festgelegt. Der BFH führt nun seine früheren
Rechtsprechungsgrundsätze fort und setzt ein stehengelassenes Darlehen nur mit
dem Teilwert im Zeitpunkt des Eintritts der Krise an.
Hätte es sich um ein Darlehen gehandelt, das der Kläger erst nach
dem Eintritt der Krise der GmbH gewährt hätte, oder aber um ein sog.
krisenbestimmtes Darlehen, das er zwar vor dem Eintritt der Krise gewährt
hätte, aber das von vornherein dazu bestimmt gewesen wäre, in der Krise stehen
zu bleiben, wäre der höhere Nennwert (ca. 255.000 €) angesetzt worden
und nach dem Teileinkünfteverfahren zu 60 % berücksichtigt worden.
Zwar kann ein Darlehensausfall nach der im Streitjahr geltenden
Rechtslage ggf. alternativ bei den Kapitaleinkünften abgezogen werden, soweit
es nicht bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb berücksichtigt werden kann. Dies
gilt aber nur für Darlehen, die ab dem 1.1.2009 gewährt werden. Im Streitfall
war das Darlehen bereits 1997 gewährt worden.
Offen gelassen hat der BFH die Frage, ob der Kläger den Verlust im
richtigen Veranlagungszeitraum geltend gemacht hat. Im Regelfall muss der
Abschluss der Liquidation der GmbH abgewartet werden.
Quelle: BFH, Urteil v. 18.7.2023 – IX R 21/21;
NWB