Erstmalige Anwendung des Ausschlusses der erweiterten Gewerbesteuerkürzung für sog. Sondervergütungen an Gesellschafter

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem weiteren Urteil die
erweiterte Gewerbesteuerkürzung, die für gewerbliche
Grundstücksverwaltungsgesellschaften gewährt wird, für Sondervergütungen, die
an die Gesellschafter einer Personengesellschaft gezahlt werden,
ausgeschlossen, auch wenn die Gesellschafter nicht der Gewerbesteuerpflicht
unterliegen. Dieser Ausschluss gilt aber nur für Sondervergütungen, die
erstmals nach dem 18.6.2008 vereinbart worden sind, oder wenn der
Gesellschafter – bei vorherigem Abschluss der Vereinbarung – erst
nach dem 18.6.2008 Gesellschafter geworden ist.

Hintergrund: Unternehmen, die
nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer
gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind,
tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen,
können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der
Grundstücksverwaltung und -nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer.
Nach dem Gesetz erstreckt sich die erweiterte Kürzung aber nicht auf
Sondervergütungen, die in dem Gewinn enthalten sind und die für eine Tätigkeit
des Gesellschafters (Tätigkeitsvergütung) oder für ein Darlehen (Zinsen) oder
für die Nutzung eines Wirtschaftsguts, das kein Grundstück ist, gezahlt werden.
Diese Einschränkung betrifft nur Personengesellschaften, weil es bei
Kapitalgesellschaften keine Sondervergütungen gibt. Das Gesetz gilt für
Sondervergütungen, die nach dem 18.6.2008 vereinbart wurden.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG, die eigenen Grundbesitz verwaltete.
An der Klägerin war die V-GmbH als Komplementärin beteiligt, die in den
Streitjahren 2013 bis 2015 eine Haftungsvergütung erhielt. Außerdem waren u.a.
A, B und C als Kommanditisten beteiligt, die nicht der Gewerbesteuer
unterlagen. B und C erhielten jährliche Tätigkeitsvergütungen von der Klägerin,
während A Darlehenszinsen von der KG erhielt. C war bereits vor dem 19.6.2008
Arbeitnehmer der Klägerin gewesen und trat im November 2010 der Klägerin als
Gesellschafter bei. Das Finanzamt versagte die erweiterte Kürzung für die
Tätigkeitsvergütungen, Zinsen und Haftungsvergütungen.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte die Versagung der erweiterten Kürzung im
Grundsatz, gab der Klage aber aus verfahrensrechtlichen Gründen zum Teil statt
und verwies die Sache hinsichtlich der Haftungsvergütungen für die V-GmbH an
das Finanzgericht (FG) zur weiteren Sachaufklärung zurück:

  • Grundsätzlich greift im Streitfall der gesetzliche Ausschluss
    der erweiterten Kürzung für Sondervergütungen. Weder nach dem Wortlaut des
    Gesetzes noch nach dem Zweck des Gesetzes setzt die Versagung der erweiterten
    Kürzung voraus, dass der Gesellschafter, der die Sondervergütungen erhält, der
    Gewerbesteuer unterliegt.

  • Allerdings gilt der gesetzliche Ausschluss der erweiterten
    Kürzung nur für solche Sondervergütungen, die nach dem 18.6.2008 vereinbart
    wurden. Dies ist nicht nur bei A und B der Fall, sondern auch bei C, der schon
    vor dem 19.6.2008 Arbeitnehmer der Klägerin war und einen entsprechenden
    Arbeitsvertrag geschlossen hatte, auf dem die Tätigkeitsvergütung beruhte. Ist
    die Vergütungsvereinbarung nämlich bereits vor dem Beitritt als Gesellschafter
    abgeschlossen worden, kommt es auf den Zeitpunkt der Begründung der
    Gesellschafterstellung an; C ist aber erst im November 2010 und damit nach dem
    18.6.2008 Gesellschafter der Klägerin geworden, so dass für die an ihn gezahlte
    Tätigkeitsvergütung keine erweiterte Kürzung gewährt wird.

  • Bezüglich der Haftungsvergütung für die V-GmbH muss das FG im
    zweiten Rechtsgang ermitteln, ob die Haftungsvergütung nach dem 18.6.2008 oder
    vor dem 19.6.2008 vereinbart worden ist. Nur bei einer Vereinbarung nach dem
    18.6.2008 würde der Ausschluss der erweiterten Kürzung greifen.

Hinweise: Bezüglich des
Streitjahres 2013 hatte die Klage aus verfahrensrechtlichen Gründen Erfolg,
weil das Finanzamt die erweiterte Kürzung für die Sondervergütungen erst in
einem Änderungsbescheid versagt hatte, ohne dass es eine Rechtsgrundlage für
diese Änderung gab.

Der Ausschluss der erweiterten Kürzung gilt nur für die
Sondervergütungen, nicht aber für den übrigen Gewinn, der mit der Verwaltung
eigenen Grundbesitzes erzielt wurde. Auch Sondervergütungen in Gestalt von
Miet- und Pachtzinsen für Grundbesitz, den der Gesellschafter an die
Personengesellschaft vermietet, werden nicht von der erweiterten Kürzung
ausgeschlossen.

Der Ausschluss soll insbesondere verhindern, dass sich Banken mit
einem Zwerganteil an der grundstücksverwaltenden Personengesellschaft
beteiligen und dann hohe Gesellschafterdarlehen gewähren; die hierfür gezahlten
Zinsen waren bis zu der hier streitigen Neuregelung gewerbesteuerfrei. Man
nannte diese Gestaltung „Bankenbeteiligungsmodell“.

Quelle: BFH, Urteil v. 9.3.2023 – IV R 11/20; NWB