Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für grundstücksverwaltende
Gesellschaften wird nicht nur für Mieteinnahmen gewährt, sondern auch für eine
vom Mieter gezahlte Abfindung für die Aufhebung des Mietvertrags vor der
erstmaligen Nutzung der Mietsache. Unschädlich ist, dass die Immobilie vom
Mieter gar nicht genutzt worden ist.
Hintergrund: Unternehmen, die
nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer
gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind,
tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz
verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte
Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und
-nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH & Co. KG, die eine große Immobilie vermieten wollte und aufgrund
ihrer Rechtsstruktur grundsätzlich der Gewerbesteuer unterlag. Sie vermietete
im November 2010 eine große Gewerbeimmobilie an die D-GmbH. Im Mietvertrag
verpflichtete sich die Klägerin, zunächst die Immobilie umfassend nach den
Wünschen der D-GmbH umzubauen, so dass die D-GmbH die Immobilie nach dem Umbau
nutzen konnte. In der Folgezeit gab es jedoch Probleme beim Umbau, und es kam
zu Streitigkeiten zwischen der Klägerin und der D-GmbH. Im Dezember 2015 hoben
die Klägerin und die D-GmbH den Mietvertrag auf; zu diesem Zeitpunkt war die
D-GmbH noch nicht eingezogen. Die D-GmbH verpflichtete sich, an die Klägerin
eine Abfindung von 4,75 Mio. € als Ausgleich für die Baumaßnahmen zu
zahlen. Die Klägerin machte für die Abfindung die erweiterte Kürzung bei der
Gewerbesteuer geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gewährte die erweiterte Kürzung und gab der Klage
statt:
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Die erweiterte Kürzung wird für Einnahmen aus der Verwaltung
eigenen Grundbesitzes gewährt. Zur Verwaltung des eigenen Grundbesitzes gehört
auch eine Abfindung, die der Mieter infolge eines Rechtsstreits zahlt. Denn
Rechtsstreitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter sind integraler Bestandteil
der Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes. -
Dies gilt auch für Rechtsstreitigkeiten über
das Bestehen möglicher Schadensersatzansprüche. Würde man
Rechtsstreitigkeiten nicht als Teil der Verwaltung eigenen Grundbesitzes
ansehen, wäre der Vermieter gezwungen, auf Schadensersatzansprüche zu
verzichten, um seine erweiterte Kürzung nicht zu gefährden. Denn die erweiterte
Kürzung wird grundsätzlich nur gewährt, wenn die Immobiliengesellschaft
ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet. -
Die erweiterte Kürzung wäre nach der im Streitjahr geltenden
Rechtslage zwar zu versagen, wenn die Klägerin Betriebsvorrichtungen
mitvermietet hätte. Das Finanzgericht als sog. Tatsacheninstanz hat eine
derartige Mitvermietung aber nicht feststellen können; an diese Feststellung
war der BFH gebunden.
Hinweise: Die Klägerin war
aufgrund ihrer Rechtsform als sog. gewerblich geprägte GmbH & Co. KG
bereits seit November 2010 gewerbesteuerpflichtig. Denn im November 2010 hatte
sie den Mietvertrag mit der D-GmbH abgeschlossen und damit mit der Vermietung
begonnen. Die Gewerbesteuerpflicht setzt also nicht voraus, dass die D-GmbH
bereits eingezogen ist und dass die laufende Miete zu zahlen ist.
Unbeachtlich für die erweiterte Kürzung ist die umsatzsteuerliche
Behandlung der von der D-GmbH geleisteten Abfindung. Es kommt deshalb nicht
darauf an, ob die Zahlung der D-GmbH umsatzsteuerlich als sog. echter
Schadensersatz behandelt wird, der nicht umsatzsteuerbar ist.
Quelle: BFH, Urteil v. 25.5.2023 – IV R 33/19; NWB