Finanzverwaltung äußert sich zur inkongruenten Gewinnausschüttung

Das Bundesfinanzministerium (BMF)
hat sich zur sog. inkongruenten Gewinnausschüttung bei Kapitalgesellschaften
geäußert, bei der eine Gewinnausschüttung abweichend von der Beteiligungsquote
erfolgt. Das BMF reagiert damit auf die aktuelle Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH).

Hintergrund: Bei
Kapitalgesellschaften erfolgt die Gewinnausschüttung grundsätzlich auf der
Grundlage der Beteiligungsquote. Unter bestimmten Voraussetzungen kann aber
auch eine hiervon abweichende (inkongruente) Gewinnausschüttung vorgenommen
werden. Der BFH hat im Jahr 2022 die Möglichkeit einer inkongruenten
Gewinnausschüttung bei einer GmbH erweitert. Hierauf reagiert nun das BMF.

Wesentlicher
Inhalt des aktuellen Schreibens des BMF:

  • Das BMF erkennt die
    Rechtsprechung des BFH aus dem Jahr 2022 an. Danach ist eine einstimmig
    beschlossene inkongruente Gewinnausschüttung bei einer GmbH steuerlich zu
    akzeptieren.

  • Dies gilt auch dann, wenn die
    inkongruente Gewinnausschüttung weder in der Satzung vereinbart ist noch eine
    sog. Öffnungsklausel, die inkongruente Gewinnausschüttungsbeschlüsse
    ermöglicht, in der Satzung enthalten ist.

    Hinweis: Aufgrund seiner
    Einstimmigkeit ist der satzungsdurchbrechende Beschluss zivilrechtlich wirksam,
    da er nicht angefochten werden kann.

  • Der Beschluss darf allerdings
    nur punktuell wirken, also nur für ein Wirtschaftsjahr. Er darf keine
    Dauerwirkung haben; eine unzulässige Dauerwirkung bestünde auch bei einer
    Befristung für nur wenige Wirtschaftsjahre. Bei einer Dauerwirkung wäre der
    Beschluss nichtig und deshalb zivilrechtlich unwirksam.

    Hinweis: Eine
    Dauerwirkung eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses wäre nur dann zulässig,
    wenn bei der Beschlussfassung alle materiellen und formellen Bestimmungen einer
    Satzungsänderung eingehalten würden. Der Beschluss müsste also insbesondere
    notariell beurkundet und in das Handelsregister eingetragen werden.

  • Über den vorstehend genannten
    satzungsdurchbrechenden Beschluss hinaus ist eine inkongruente
    Gewinnausschüttung zulässig, wenn sie im Gesellschaftsvertrag vereinbart wird
    oder wenn der Gesellschaftsvertrag eine Öffnungsklausel enthält, wonach eine
    inkongruente Gewinnverteilung mit einer bestimmten Mehrheit beschlossen werden
    kann und der Beschluss dann mit der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Mehrheit
    gefasst wird.

  • Bei einer AG genügen eine
    Öffnungsklausel oder ein satzungsdurchbrechender Beschluss nicht. Eine
    inkongruente Gewinnausschüttung setzt vielmehr voraus, dass bereits in der
    Satzung der AG ein abweichender Gewinnverteilungsschlüssel festgelegt worden
    ist.

Hinweis: Das BMF folgt
auch der weiteren BFH-Rechtsprechung zur sog. zeitlich inkongruenten
Gewinnausschüttung. Hier erhält der Minderheitsgesellschafter eine Ausschüttung
entsprechend seiner Beteiligungsquote, während der Gewinnanteil für den
Mehrheitsgesellschafter in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage
eingestellt wird. Sowohl nach dem BFH als auch nach dem BMF kommt es damit beim
Mehrheitsgesellschafter nicht zu einem Zufluss von Kapitalerträgen, da die
Einstellung des Gewinnanteils in die gesellschafterbezogene Gewinnrücklage
keine Ausschüttung darstellt.

Das aktuelle BMF-Schreiben ist in
allen noch offenen Fällen anwendbar.

Quelle: BMF, Schreiben vom 4.9.2024
– IV C 2 – S 2742/19/10004 :003; NWB