Die obersten Finanzbehörden der Länder haben ihre aus dem Jahr 2022
stammende Billigkeitsmaßnahme im Zusammenhang mit der Unterbringung
ukrainischer Kriegsflüchtlinge durch Wohnungsunternehmen bis zum 31.12.2024
verlängert. Danach erhalten Vermietungsunternehmen auch dann die erweiterte
Gewerbesteuerkürzung, wenn Wohnungsgenossenschaften an ukrainische
Kriegsflüchtlinge unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Leistungen
erbringen, die über eine reine Vermietung von Wohnraum hinausgehen. Die
aktuellen Erlasse ergehen im Einvernehmen mit dem
Bundesfinanzministerium.
Hintergrund:
Vermietungsgesellschaften, die kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig
sind (z.B. als GmbH), sind hinsichtlich ihres Gewinns aus der Vermietung von
der Gewerbesteuer befreit, wenn sie ausschließlich eigenen
Grundbesitz verwalten und nutzen oder nebenbei noch bestimmte
weitere Tätigkeiten ausüben wie z.B. eigenes Kapitalvermögen verwalten.
Tätigkeiten, die darüber hinausgehen, sind
nach dem Gesetz aber grundsätzlich schädlich
und führen zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung.
Wesentlicher Inhalt des Schreibens der obersten
Finanzbehörden:
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Die Finanzämter werden aus Billigkeitsgründen bis zum
31.12.2024 nicht prüfen, ob die Vermietung von möbliertem Wohnraum an
ukrainische Kriegsflüchtlinge zur Gewerblichkeit und damit zur Versagung der
erweiterten Gewerbesteuerkürzung führt.Hinweis: Diese Aussage der
Finanzverwaltung ist streng genommen wohl rechtswidrig, weil die
Finanzverwaltung kraft Gesetzes zur Aufklärung des steuerlich relevanten
Sachverhalts verpflichtet ist. Billigkeitsmaßnahmen sind im Einzelfall zwar
möglich, erfordern aber ebenfalls eine vorherige Sachverhaltsaufklärung. Sollte
es also z.B. aus anderen Gründen zu einem Klageverfahren beim Finanzgericht
kommen, muss damit gerechnet werden, dass sich das Finanzgericht nicht an die
Billigkeitsregelung der Finanzverwaltung hält und daher die erweiterte
Gewerbesteuerkürzung versagt. Richtigerweise müsste der Gesetzgeber tätig
werden, zumal der Krieg nun schon seit mehr als 1,5 Jahren
andauert. -
Vermietet ein Wohnungsunternehmen Räume an eine juristische
Person des öffentlichen Rechts, z.B. an eine Gemeinde, die die Räume an
ukrainische Kriegsflüchtlinge überlässt, gelten die ukrainischen
Kriegsflüchtlinge in den Erhebungszeiträumen 2022 bis einschließlich 2024 aus
Billigkeitsgründen als (mittelbare) Mieter. Dies hat zur Folge, dass an sie
z.B. Kleidung oder Nahrungsmittel verkauft werden können, ohne dass dies
gewerbesteuerlich zur Versagung der erweiterten Kürzung führt: Voraussetzung
für die gewerbesteuerliche Unschädlichkeit ist aber, dass die Verkaufseinnahmen
maximal 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten
Grundbesitzes betragen.Hinweis: Auch diese
Billigkeitsregelung erscheint nicht gerichtsfest, könnte also bei einem
finanzgerichtlichen Streit vom Finanzgericht gekippt werden. Denn der
Gesetzgeber verlangt Einnahmen aus einer unmittelbaren Vertragsbeziehung. Die
unmittelbare Vertragsbeziehung besteht aber nur mit der Gemeinde, an die das
Gebäude vermietet wird, nicht hingegen mit dem Kriegsflüchtling, an den Nahrung
oder Kleidung verkauft wird und dem eine Wohnung von der Gemeinde überlassen
wird. -
Erzielt das Wohnungsunternehmen Erträge aus sonstigen
Unterstützungsleistungen wie z.B. dem Verkauf von Nahrungsmitteln oder
Kleidung, ist dies nach dem Gesetz nur dann gewerbesteuerlich unschädlich, wenn
die Erträge aus Verkäufen an die Mieter resultieren und wenn die Einnahmen
hieraus maximal 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten
Grundbesitzes betragen.Hinweis: Dieser Punkt ist
keine Billigkeitsregelung, sondern ein Hinweis auf ein gewerbesteuerliches
Risiko. Verkäufe von Kleidung oder Nahrung an ukrainische Kriegsflüchtlinge,
die nicht Mieter sind, führen nämlich zur Versagung der erweiterten
Gewerbesteuerkürzung. Es wird dann der gesamte Vermietungsgewinn der
Gewerbesteuer unterworfen.
Quelle: Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der
Länder vom 17.10.2023 – FM3-G 1425-4/4; NWB