Fitnessstudio muss bei Corona-Schließung keine Umsatzsteuer entrichten

Der Betreiber eines Fitnessstudios
muss für dem Zeitraum, in dem sein Studio aufgrund der Corona-Maßnahmen
geschlossen wurde, keine Umsatzsteuer auf die weiterhin von den Mitgliedern
entrichteten Beiträge abführen. Denn er hat keine Leistungen erbracht. Dies
gilt auch dann, wenn er seinen Mitgliedern Ersatzangebote über kostenlose
Anschlussmonate oder Internet-Kurse gemacht hat, da diese Ersatzangebote die
vereinbarten Leistungen nicht ersetzen konnten.

Hintergrund: Umsatzsteuer
entsteht, wenn ein Unternehmer Leistungen gegen Entgelt erbringt.

Sachverhalt: Der Kläger
betrieb ein Fitnessstudio, das er im Zeitraum vom 17.3.2020 bis 17.5.2020 auf
Grund der Corona-Maßnahmen schließen musste. Das Studio hatte mehr als 800
Mitglieder. Im Schließungszeitraum zahlten 761 Mitglieder die Beiträge weiter.
Der Kläger bot seinen Mitgliedern im Schließungszeitraum Ersatzangebote an wie
z.B. kostenlose Monate im Anschluss an die Schließung, einen täglichen
Online-Kurs, einen 3D-Körperscan sowie eine Telefon-Hotline. Der Kläger führte
auf die an ihn im April und Mai 2020 gezahlten Beiträge keine Umsatzsteuer ab.
Das Finanzamt sah in den angebotenen Ersatzleistungen hingegen umsatzsteuerbare
Leistungen.

Entscheidung: Das
Finanzgericht Hamburg (FG) verneinte die Umsatzsteuerbarkeit und gab der Klage
statt:

  • Die Umsatzsteuerbarkeit setzt
    voraus, dass ein Unternehmer Leistungen gegen Entgelt erbringt. Der Kläger hat
    im Schließungszeitraum jedoch keine Leistungen erbracht, da er die vereinbarten
    Leistungen aufgrund der Schließung seines Fitnessstudios nicht erbringen
    konnte.

  • Allein die Zahlung der
    Beiträge durch die Mitglieder führt nicht zur Umsatzsteuerbarkeit, da
    entscheidend ist, ob der Kläger seine Leistungen erbracht hat; dies ist
    aufgrund der Schließung zu verneinen.

  • Es handelt sich bei den
    gezahlten Beiträgen auch nicht um ein freiwillig gezahltes (Mehr-)Entgelt, das
    der Umsatzsteuer unterliegen würde; denn zum einen würde auch dies eine
    Leistung voraussetzen, und zum anderen ist es denkbar, dass die Mitglieder ihre
    Beiträge nur aufgrund bloßer Vergesslichkeit oder Bequemlichkeit weitergezahlt
    haben könnten.

  • Die angebotenen
    Ersatzleistungen“ stellten
    keine umsatzsteuerbaren Leistungen dar, da
    sie die vereinbarten Leistungen nicht ersetzt haben. Denn weder konnten die
    Mitglieder die Fitnessgeräte nutzen, noch konnten sie einen persönlichen
    Kontakt zu den Trainern und anderen Mitgliedern aufnehmen.

  • Die gezahlten Beiträge waren
    ferner auch keine Anzahlungen für künftige
    Leistungen
    des Klägers. Die Beiträge wurden nämlich für den
    jeweiligen Monat April und Mai gezahlt, nicht aber für künftige Zeiträume. Eine
    Anzahlung war nur in den für März 2020 gezahlten Beiträgen zu sehen, da im
    Zahlungszeitpunkt noch nicht feststand, dass die Leistungen nicht erbracht
    werden würden; insoweit gab es aber auch keinen Streit zwischen dem Kläger und
    dem Finanzamt.

Hinweise: Hätte der
Kläger die Umsatzsteuer für April 2020 und Mai 2020 gesondert ausgewiesen,
hätte er zur Abführung der Umsatzsteuer aufgrund einer gesetzlichen Regelung
verpflichtet sein können, nach der der Unternehmer die Umsatzsteuer im Fall
eines unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweises schuldet. Der Kläger hat
aber lediglich den Bruttobetrag ausgewiesen.

Anders als das FG Hamburg wird die
Rechtslage vom Schleswig-Holsteinischen FG gesehen, das die Umsatzsteuerbarkeit
in einem vergleichbaren Fall eines Fitnessstudio-Betreibers bejaht hat. Hierzu
ist eine Revision beim Bundesfinanzhof anhängig, der die streitige Rechtsfrage
nun entscheiden muss.

Quelle: FG Hamburg, Urteil vom
16.2.2023 – 6 K 239/21; NWB