Die Verluste einer ausländischen Tochtergesellschaft können nur
dann mit dem Gewinn der inländischen Muttergesellschaft verrechnet werden, wenn
die Tochtergesellschaft ihre Tätigkeit einstellt und die Muttergesellschaft die
Verluste der Tochtergesellschaft tatsächlich jährlich getragen
hat.
Hintergrund: Eine Verrechnung
von Verlusten einer Gesellschaft mit dem Gewinn einer anderen Gesellschaft
setzt grundsätzlich eine Organschaft voraus, bei der sich die Organgesellschaft
(Tochtergesellschaft) in einem Gewinnabführungsvertrag verpflichtet, ihren
Gewinn an den Organträger (Muttergesellschaft) abzuführen. Ist die
Organgesellschaft eine GmbH, muss sich der Organträger verpflichten, die
Verluste der GmbH zu übernehmen.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH, die ihren Sitz in Deutschland hatte und Alleingesellschafterin der
F, einer französischen Kapitalgesellschaft, war. Eine Organschaft bestand
nicht. Die F wurde zum 31.10.2012 auf die Klägerin verschmolzen; bis zu diesem
Zeitpunkt hatte die F seit vielen Jahren Verluste erwirtschaftet. Die Klägerin
hatte diese Verluste aber nicht jährlich getragen. Die Klägerin wollte ihren
Gewinn des Jahres 2012 mit dem Verlust der F aus dem Jahr 2012 verrechnen. Das
Finanzamt lehnte dies ab.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
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Für eine Verrechnung von Verlusten einer Tochtergesellschaft
mit dem Gewinn einer Muttergesellschaft gibt es keine Vorschriften, die dies
erlauben. Die einzige Ausnahme ist eine körperschaftsteuerliche oder
gewerbesteuerliche Organschaft. -
Im Streitfall bestand jedoch keine Organschaft zwischen der
Klägerin und der F. Denn zum einen wäre hierfür erforderlich gewesen, dass die
F ihre Geschäftsleitung im Inland und nicht in Frankreich hat. Zum anderen
hätte es eines Gewinnabführungsvertrags bedurft, der aber in den meisten
EU-Staaten wie etwa auch in Frankreich handelsrechtlich nicht zulässig ist. -
Zwar könnte es in Betracht kommen, die Vorschriften über die
Organschaft europarechtskonform zugunsten der Klägerin auszulegen und eine
Verlustverrechnung jedenfalls bei Einstellung der Tätigkeit der
Tochtergesellschaft zuzulassen. Dies setzt aber zumindest voraus, dass faktisch
eine Organschaft gelebt wurde, also die Klägerin die Verluste der F jährlich
übernommen hat; eben dies ist jedoch nicht geschehen.
Hinweise: Die nach deutschem
Recht bestehende Möglichkeit, eine Verlustverrechnung durch Begründung einer
Organschaft zu ermöglichen, scheitert bei Tochtergesellschaften im Ausland
daran, dass dort die Anforderungen des deutschen Gesetzgebers in der Regel
nicht erfüllt werden können, etwa der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags.
Der BFH verlangt nun zumindest eine „faktische
Organschaft“ mit der Folge, dass die deutsche
Muttergesellschaft die Verluste der ausländischen Tochtergesellschaft jährlich
übernehmen müsste.
Handelt es sich um einen reinen
Inlandsfall mit einer deutschen
Muttergesellschaft und einer deutschen Tochtergesellschaft, ist eine
Verlustverrechnung nur unter den Voraussetzungen einer Organschaft möglich, für
die der Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen werden
muss.
Quelle: BFH, Urteil vom 9.8.2023 – I R 26/19; NWB