Einer Gesellschaft sind Grundstücke, die sich im Vermögen von
Tochter-Kapitalgesellschaften befinden, nicht bereits aufgrund ihrer
Beteiligung an der Tochter-Kapitalgesellschaft grunderwerbsteuerlich
zuzurechnen. Die Zurechnung des Grundstücks im Rahmen der Prüfung einer
grunderwerbsteuerbaren Anteilsvereinigung oder -übertragung setzt vielmehr
voraus, dass die Gesellschaft bezüglich des Grundstücks einen
grunderwerbsteuerbaren Vorgang in Form eines Kaufvertrags oder des Erwerbs der
wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis verwirklicht hat. Die Zurechnung des
Grundstücks ist zu verneinen, wenn ein Dritter aufgrund einer Treuhandabrede
bereits die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis an dem Grundstück erlangt hat.
Hintergrund: Die
Grunderwerbsteuerbarkeit ist zum einen bei Kaufverträgen über Grundstücke und
zum anderen beim Erwerb der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis, ohne dass das
Eigentum am Grundstück erworben wird, zu bejahen. Ferner kann sich eine
Grunderwerbsteuerbarkeit bei einer Übertragung von Anteilen an einer
grundstücksbesitzenden Gesellschaft ergeben, wenn der Gesellschaft Grundstücke
zuzurechnen sind.
Sachverhalt: Drei verschiedene
GmbH waren Eigentümer von Grundstücken. Gesellschafter der drei GmbH war die
DN, deren Gesellschafterin wiederum die MG war. Die drei GmbH hatten im
Dezember 2002 mit der MG eine sog. Vereinbarungstreuhand bezüglich der
Grundstücke begründet, so dass die MG Treugeberin der Grundstücke und die drei
GmbH Treuhänder der Grundstücke wurden; aufgrund der Vereinbarungstreuhand
wurde Grunderwerbsteuer festgesetzt.
Im April 2004 erwarb die Klägerin, eine GmbH, von der MG 100 % der
Anteile an der DN. Außerdem übertrug die MG ihre Rechte und Pflichten aus der
Treuhandvereinbarung auf die Klägerin; das Finanzamt setzte aufgrund der
Übertragung der Rechte und Pflichten aus der Treuhandvereinbarung
Grunderwerbsteuer fest. Ferner wollte das Finanzamt die Anteilsübertragung von
der MG auf die Klägerin der Grunderwerbsteuer unterwerfen und stellte die Werte
der Grundstücke der drei GmbH gesondert fest. Hiergegen wehrte sich die
Klägerin.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:
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Zwar kann eine Anteilsübertragung oder
Anteilsvereinigung Grunderwerbsteuer auslösen. Dies setzt
aber voraus, dass es sich um Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt, der
mindestens ein Grundstück zuzurechnen ist. Die Zurechnung hängt weder vom
zivilrechtlichen noch vom wirtschaftlichen Eigentum an dem Grundstück ab.
Vielmehr kommt es auf die grunderwerbsteuerliche Zuordnung an. -
Ein inländisches Grundstück ist einer Kapitalgesellschaft im
Rahmen einer Anteilsübertragung oder Anteilsvereinigung grunderwerbsteuerlich
zuzurechnen, wenn sie einen Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen hat
oder aber die wirtschaftliche
Verwertungsbefugnis an dem Grundstück erlangt hat. Hingegen
ist ihr das Grundstück nicht mehr zuzurechnen, wenn ein Dritter einen
Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen hat oder aber die wirtschaftliche
Verwertungsbefugnis an dem Grundstück erlangt hat. -
Im Streitfall gehörten den drei GmbH im April 2004 die
Grundstücke nicht mehr im grunderwerbsteuerlichen Sinne. Denn bereits im
Dezember 2002 hatte die MG aufgrund der Vereinbarungstreuhand die
wirtschaftliche Verwertungsbefugnis an den Grundstücken erworben; damit waren
die Grundstücke der MG grunderwerbsteuerlich zuzurechnen. Die
Anteilsübertragung im April 2004 betraf somit eine Gesellschaft (DN), die keine
Grundstücke mehr im grunderwerbsteuerlichen Sinne besaß.
Hinweise: Der BFH macht
deutlich, dass allein eine bloße Beteiligung
an einer Kapitalgesellschaft, die zivilrechtliche oder wirtschaftliche
Eigentümerin von Grundstücken ist, nicht für
die grunderwerbsteuerliche Zurechnung von Grundstücken
ausreicht. Vielmehr müssen die Grundstücke
der Kapitalgesellschaft grunderwerbsteuerlich zuzurechnen sein; nur dann kann
eine Anteilsübertragung an der Kapitalgesellschaft Grunderwerbsteuer auslösen.
Nach aktueller Rechtslage müssen hierzu entweder mindestens 90 % der Anteile an
der Kapitalgesellschaft übertragen werden oder ein Gesellschafter muss infolge
der Anteilsübertragung eine Beteiligung von mindestens 90 % an der
Kapitalgesellschaft erlangen.
Seit 2021 kann auch der Austausch von Gesellschaftern einer
Kapitalgesellschaft innerhalb von zehn Jahren im Umfang von mindestens 90 %
Grunderwerbsteuer auslösen, wenn der Kapitalgesellschaft mindestens ein
Grundstück grunderwerbsteuerlich zuzurechnen ist.
Quelle: BFH, Urteil v. 14.12.2022 – II R 40/20; NWB