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Kategorie: Steuern: Alle Steuerzahler

  • Aufwendungen für künstliche Befruchtung und Präimplantationsdiagnostik als außergewöhnliche Belastung

    Aufwendungen für künstliche Befruchtung und Präimplantationsdiagnostik als außergewöhnliche Belastung

    Aufwendungen einer Frau für eine Präimplantationsdiagnostik mit anschließender künstlicher Befruchtung aufgrund einer Chromosomenmutation ihres Partners sind als außergewöhnliche Belastungen absetzbar. Dies gilt auch dann, wenn die Betroffenen nicht miteinander verheiratet sind. Hintergrund: Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, weil er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und die notwendig und angemessen sind, können als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden. Ein typisches Beispiel hierfür sind Krankheitskosten.Sachverhalt: Die Klägerin war nicht verheiratet. Ihr Freund litt unter einer Chromosomenmutation, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu geführt hätte, dass ein auf natürliche Weise gezeugtes Kind an schwersten körperlichen oder geistigen Behinderungen gelitten hätte oder sogar nicht überlebt hätte. Die Klägerin und ihr Partner entschlossen sich zu einer künstlichen Befruchtung mit einer Präimplantationsdiagnostik (PID), die die chromosomale Fehlstellung ausschließen sollte. Die Ärztekammer stimmt der PID zu. Die Klägerin begehrte die Berücksichtigung der ihr in Rechnung gestellten Aufwendungen (ca. 23.000 €), soweit sie von ihr selbst getragen worden waren (ca. 9.300 €), als außergewöhnliche Belastungen für 2019. Das Finanzamt lehrnt einen Anzug der Kosten ab.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Aufwendungen der Klägerin waren Krankheitskosten. Zu den Krankheitskosten gehören nicht nur Aufwendungen, die zur Heilung führen, sondern auch Aufwendungen, mit denen die Folgen der Erkrankung gemildert bzw. „umgangen“ werden. Hierzu gehören die Kosten für eine künstliche Befruchtung, wenn eine natürliche Zeugung aus Krankheitsgründen eines der beiden Partner nicht möglich ist. Für die steuerliche Berücksichtigung der Behandlungskosten ist es unschädlich, dass die Behandlung auch bei der gesunden Klägerin erfolgt ist. Denn allein eine Behandlung des kranken Partners würde nicht zur Linderung der Krankheit führen. Ferner ist es nach der Rechtsprechung des BFH unschädlich, dass die Klägerin und ihr Partner nicht verheiratet waren. Im Streitfall stand die künstliche Befruchtung sowie die PID zudem auch im Einklang mit der Berufsordnung der Ärzte, und die Ärztekammer hat die erforderliche Zustimmung erteilt. Hinweise: Steuerlich werden künstliche Befruchtungen nicht berücksichtigt, wenn sie nach deutschem Recht verboten sind und insbesondere gegen das sog. Embryonenschutzgesetz verstoßen. Hierauf sollte insbesondere geachtet werden, falls die künstliche Befruchtung im Ausland durchgeführt wird. Dies bedeutet nämlich nicht zwingend, dass sie im Inland erlaubt wäre; ein steuerlicher Abzug wäre dann ausgeschlossen.Die genetische Untersuchung eines außerhalb des Körpers erzeugten Embryos ist zwar grundsätzlich unzulässig. Dies gilt aber nicht, wenn aufgrund einer genetischen Disposition des Mannes ein hohes Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht. Es müssen dann noch verschiedene weitere Voraussetzungen erfüllt werden, z.B. eine vorherige Aufklärung und Beratung oder eine Prüfung und Zustimmung der zuständigen Ethikkommission.Quelle: BFH, Urteil vom 29.2.2024 – VI R 2/22; NWB

  • Steuerliche Maßnahmen für vom Hochwasser Betroffene

    Steuerliche Maßnahmen für vom Hochwasser Betroffene

    Die Finanzministerien der Länder Baden-Württemberg und des Saarlandes haben anlässlich der Hochwasserkatastrophe Mitte Mai/Anfang Juni umfangreiche steuerliche Erleichterungen für Betroffene beschlossen und entsprechende Katastrophenerlasse veröffentlicht. Es ist davon auszugehen, dass ein entsprechender Erlass aus Bayern in Kürze folgt.Die Erlasse beinhalten ein Maßnahmenbündel von Steuerstundungen und Zahlungserleichterungen bis hin zu vereinfachten Spendennachweisen und der steuerlichen Absetzbarkeit von Ersatzbeschaffungen.So wird die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung oder die Beseitigung von Schäden am Wohneigentum als steuerlich abzugsfähige außergewöhnliche Belastung anerkannt. Spenden über eingerichtete Sonderkonten, können unbürokratisch und verwaltungsvereinfachend per Einzahlungsbeleg dokumentiert werden. Stundungszinsen und steuerliche Vorauszahlungspflichten für Betroffene können reduziert werden. Zudem ergeben sich aus dem Verlust von Buchführungsunterlagen infolge des Hochwassers keine nachteiligen Folgen. Die vom Hochwasser betroffene Landwirtschaft wird ebenfalls durch Billigkeitsmaßnahmen berücksichtigt.Hinweise: Betroffene können sich direkt an die jeweils zuständigen Finanzämter wenden.Den Katastrophenerlass des Landes Baden-Württemberg können Sie hier abrufen, den des Saarlandes hier.Quellen: FinMin Baden-Württemberg online, Saarländisches FinMin, Pressemitteilung v. 27.5.2024; NWB

  • Gläubigerbenachteiligung bei Nutzung eines geliehenen Kontos

    Gläubigerbenachteiligung bei Nutzung eines geliehenen Kontos

    Lässt sich der Arbeitnehmer, der Steuerschulden hat, seinen Lohn auf ein geliehenes Konto, das seinem Ehegatten gehört, auszahlen, liegt darin eine Gläubigerbenachteiligung, die das Finanzamt zu einer Anfechtung in Gestalt eines Duldungsbescheids gegenüber dem Ehegatten berechtigt. Die Gläubigerbenachteiligung besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer ein Pfändungsschutzkonto hätte einrichten können, dies aber unterlassen hat. Hintergrund: Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen und mit entsprechendem Benachteiligungsvorsatz vorgenommen werden, können außerhalb des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Vertragspartner des Schuldners angefochten werden, wenn der Vertragspartner den Vorsatz des Schuldners kannte. Das Finanzamt als Gläubiger kann dann die Anfechtung durch einen Duldungsbescheid vornehmen.Sachverhalt: Die Klägerin war die Ehefrau des S, der Steuerschulden hatte. S war Arbeitnehmer im Großhandel und verdiente monatlich ca. 1.270 € netto. Seit 2009 hatte S kein eigenes Bankkonto mehr, sondern nutzte das Bankkonto der Klägerin, auf das die Lohnzahlungen des S vom Arbeitgeber überwiesen wurden. Das Finanzamt erließ im November 2016 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber der Klägerin. Die Klägerin erkannte die gepfändeten Forderungen nicht an. Im April 2018 erließ das Finanzamt einen Duldungsbescheid gegenüber der Klägerin, mit dem es die Anfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung erklärte und die Klägerin verpflichtete, die Vollstreckung in ihr Konto so zu dulden, als gehörten die gutgeschriebenen Beträge noch zum Vermögen des S. Der Duldungsbescheid betraf Lohnzahlungen im Zeitraum vom November 2016 bis März 2018 in Höhe von ca. 12.000 €. Die Klägerin wehrte sich gegen den Duldungsbescheid. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Die Voraussetzungen der Anfechtung wegen Gläubigerbenachteiligung waren gegeben. Die anfechtbare Rechtshandlung des S war seine Anweisung an seinen Arbeitgeber, den Lohn auf das Konto der Klägerin zu überweisen. Auf diese Weise entstanden Forderungen der Klägerin gegen ihre Bank, da die Löhne dem Konto der Klägerin gutgeschrieben wurden. Eine Gläubigerbenachteiligung lag ebenfalls vor. Denn durch die Nutzung des Bankkontos der Klägerin konnte das Finanzamt nicht mehr ohne Weiteres gegen S aufgrund eines gegen ihn gerichteten Vollstreckungstitels pfänden. Im Außenverhältnis hatte S nämlich keine Forderungen gegen eine Bank, sondern nur die Klägerin gegen ihre Bank. Unbeachtlich ist, dass die Lohnbeträge dem Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen unterfallen konnten. Denn der Pfändungsschutz gilt nur bis zur Auszahlung auf ein Konto; ab der Auszahlung greift der Pfändungsschutz nicht mehr. S hätte allerdings ein Pfändungsschutzkonto einrichten können, so dass er auch nach der Auszahlung vor einem Gläubigerzugriff geschützt gewesen wäre; dies hat S aber unterlassen, so dass dies nicht zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden kann. S handelte mit dem Vorsatz einer Gläubigerbenachteiligung, und die Klägerin kannte diesen Vorsatz. S wusste, dass er Steuerschulden hatte, die er nicht begleichen konnte, und er hat mit der Überweisung seines Lohns auf das Konto der Klägerin billigend in Kauf genommen, dass die Beträge dem Zugriff des Finanzamts entzogen werden. Die Klägerin hatte von diesem Benachteiligungsvorsatz Kenntnis, weil sie aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung aus dem November 2016 von der Zahlungsunfähigkeit des S wusste; die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz wird dann vermutet. Hinweise: Für die Anfechtung gilt eine Frist von zehn Jahren, die das Finanzamt eingehalten hat. Aufgrund der Klageabweisung ist die Klägerin nun verpflichtet, einen Wertersatz von ca. 12.000 € an das Finanzamt zu leisten. Das Urteil macht deutlich, dass die Nutzung eines fremden Kontos als sog. geliehenem Konto nicht vor einer Vollstreckung schützt. Im Ergebnis kann die Vollstreckung nämlich im Wege eines Duldungsbescheids gegen den Kontoinhaber, der sein Konto verleiht, durchgesetzt werden. Der S hätte sich ein Pfändungsschutzkonto einrichten lassen sollen. Seit dem 18.6.2016 hat jeder Verbraucher einen Anspruch auf Abschluss eines sog. Basiskontovertrags; das Basiskonto wird dann als Pfändungsschutzkonto geführt. Quelle: BFH, Urteil vom 21.11.2023 – VII R 11/20; NWB

  • Steuertipps für Menschen mit Behinderung

    Steuertipps für Menschen mit Behinderung

    Das Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg hat eine Broschüre mit Steuertipps für Menschen mit Behinderung herausgegeben. Darin werden u.a. die wichtigsten Vorschriften für Menschen mit Behinderung sowie deren Angehörigen in der Lohn-, der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer dargestellt.Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige sind mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Um sie zu unterstützen, gibt es verschiedene steuerliche Entlastungen und Vergünstigungen. Darüber informiert eine neue Broschüre des Finanzministeriums. Insbesondere mit Blick auf die Lohn-, Einkommen- und Umsatzsteuer. Die Steuertipps sind digital erhältlich und können auf der Website des Finanzministeriums heruntergeladen werden. Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. 17.5.2024; NWB

  • Finanzverwaltung lehnt Einlagenrückgewähr bei Stiftungen ab

    Finanzverwaltung lehnt Einlagenrückgewähr bei Stiftungen ab

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) lehnt eine steuerfreie Einlagenrückgewähr bei Stiftungen ab und widerspricht damit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Hintergrund: Bei Kapitalgesellschaften wird ein steuerliches Einlagekonto durch Bescheid festgestellt. Hierin werden die Einlagen der Gesellschafter festgehalten, damit diese in einem Folgejahr steuerfrei als sog. Einlagenrückgewähr von der Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter zurückgezahlt werden können. Im Jahr 2023 hat der BFH entschieden, dass bei einer rechtsfähigen privaten Stiftung kein steuerliches Einlagekonto festgestellt wird, weil eine Stiftung eine Vermögensmasse ist und das Gesetz für Vermögensmassen kein steuerliches Einlagekonto vorsieht. Allerdings hat der BFH eine steuerfreie Einlagerückgewähr gleichwohl nicht ausgeschlossen (s. unten). Inhalt des BMF-Schreibens: Das BMF verweist auf das BFH-Urteil, in dem der BFH die Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos, das grundsätzlich eine Voraussetzung für eine spätere steuerfreie Einlagenrückgewähr ist, für eine rechtsfähige private Stiftung des bürgerlichen Rechts abgelehnt hat. Das BMF folgt dem Urteil des BFH hinsichtlich der Unzulässigkeit einer Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos und zieht daraus die Schlussfolgerung, dass mangels Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos auch eine steuerfreie Einlagenrückgewähr scheitert. Soweit der BFH eine steuerfreie Einlagenrückgewähr dennoch für möglich gehalten und darauf verwiesen hat, dass die Voraussetzungen einer steuerfreien Einlagenrückgewähr im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren des Begünstigten der Stiftung (Destinärs) geklärt werden könnten, hält das BMF diese Aussage des BFH nicht für entscheidungserheblich. Das BMF schließt daher eine spätere steuerfreie Einlagenrückgewähr aus, weil hierfür ein steuerliches Einlagekonto hätte festgestellt werden müssen; eben dies ist aber bei Stiftungen nicht möglich. Hinweise: Auch wenn das BMF dem BFH in der Frage der Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos für Stiftungen folgt und die Feststellung für unzulässig hält, widerspricht das BMF in der eigentlichen Streitfrage dem BFH. Denn während der BFH eine steuerfreie Einlagenrückgewähr trotz fehlender Feststellung eines steuerlichen Einlagekontos für möglich hält und die Prüfung der Voraussetzungen einer steuerfreien Einlagenrückgewähr auf das Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren des Destinärs verlagert, schließt das BMF eine steuerfreie Einlagenrückgewähr aus. Das BMF-Schreiben ist für die Finanzämter verbindlich, nicht aber für die Finanzgerichte. Daher können Destinäre, die eine Einlagenrückgewähr von ihrer Stiftung erhalten und diese als steuerfrei ansehen, weil sie die übrigen Voraussetzungen einer steuerfreien Einlagenrückgewähr als erfüllt ansehen, die Steuerfreiheit geltend machen und sich dabei auf den BFH berufen. Sollte das Finanzamt die Steuerfreiheit unter Hinweis auf das aktuelle BMF-Schreiben verneinen, muss das Finanzgericht über die Steuerfreiheit entscheiden. Es dürfte sich erfahrungsgemäß der BFH-Rechtsprechung anschließen. Quelle: BMF-Schreiben vom 24.4.2024 – IV C 2 – S 2204/24/10001 :001; NWB

  • Steuerliche Behandlung des Betriebs von Photovoltaikanlagen

    Steuerliche Behandlung des Betriebs von Photovoltaikanlagen

    Das Thüringer Finanzministerium hat Informationen zur steuerlichen Behandlung des Betriebs von Photovoltaikanlagen veröffentlicht.Hintergrund: In den Finanzämtern häufen sich die Anfragen zur steuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen. Viele Steuerpflichtige sind unsicher, ob sie ihre Anlage komplett steuerfrei betreiben können, oder sich die Steuerfreiheit nur auf die Einkommensteuer oder die Umsatzsteuer erstreckt. Die Finanzverwaltung des Landes Thüringen hat daher die steuerlichen Regeln zum Betrieb von Photovoltaikanlagen noch einmal zusammengefasst. I. Umsatzsteuer Betreiber, die die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen und ihre Photovoltaikanlage zum sog. Nullsteuersatz, also ohne Umsatzsteuer erworben haben, können auf die Anzeige ihrer seit dem 1.1.2023 aufgenommenen Tätigkeit beim Finanzamt verzichten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Photovoltaikanlage nach dem Einkommensteuergesetz begünstigt ist und keine weitere unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird. Seit dem 1.1.2023 gilt für den Kauf und die Installation bestimmter kleiner Photovoltaikanlagen und für dazugehörige Stromspeicher eine Umsatzsteuer von null Prozent, wenn: die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen/Wohnungen/Wohngebäuden, auf öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden oder an Wohnwagen, wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden, installiert sind. Ist die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage kleiner oder gleich 30 kW(p), dann entfällt ein Nachweis der Belegenheit. Für den Erwerb dieser kleinen Anlagen greift dann automatisch der Nullsteuersatz. Aus Gründen des Bürokratieabbaus kann auf die steuerliche Erfassung beim Finanzamt und die Vergabe einer Steuernummer verzichtet werden, wenn: das Unternehmen ausschließlich den Betrieb einer Photovoltaikanlage i.S.d. § 3 Nr. 72 EStG und § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG (+ steuerfreie Vermietung) umfasst, die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG angewendet wird und die Erwerbstätigkeit ab dem 1.1.2023 aufgenommen wurde. Werden die Voraussetzungen erfüllt, wird keine Steuernummer vergeben. Gegenüber den Netzbetreibern ist in diesen Fällen die Marktstammdatenregisternummer der Photovoltaikanlage mitzuteilen. Die Information an den Netzbetreiber bezüglich der Inanspruchnahme der Vereinfachung ist jedoch zwingend erforderlich, da anderenfalls die (vom Netzbetreiber ausgewiesene) Umsatzsteuer für den eingespeisten Strom von den Betreiberinnen oder Betreibern der Anlage geschuldet werden würde. Erfüllt der Unternehmer hingegen eine der o.g. Voraussetzungen nicht, bedarf es bei erstmaliger unternehmerischer Betätigung einer elektronischen Abgabe des Fragebogens zur steuerlichen Erfassung an das zuständige Finanzamt. Für Anlagen, die vor 2023 installiert wurden, gelten die alten Steuerregeln. II. Einkommensteuer Bereits rückwirkend seit dem 1.1.2022 werden Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage von der Einkommensteuer befreit. Für die Anwendung der Steuerbefreiung muss die Photovoltaikanlage bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Anlagenleistung und des Standortes erfüllen: Die installierte Bruttoleistung darf bis zu 30 kW(p) betragen, wenn die Anlage auf einem Einfamilienhaus (einschließlich Nebengebäuden, Garagen oder Carports), oder auf Gebäuden, die nicht Wohnzwecken dienen (z.B. Gewerbeimmobilien, Garagenhof), installiert ist. Die Anlage kann auch einkommensteuerfrei betrieben werden, wenn sie auf Mehrfamilienhäusern oder sonstigen Gebäuden (z.B. gemischt genutzte Immobilien, Vermietungsobjekte, Gewerbeimmobilien mit mehreren Gewerbeeinheiten) installiert ist und die installierte Leistung 15 kW(p) nicht überschreitet. Für den Betrieb einer oder mehrerer Photovoltaikanlagen gilt insgesamt eine Höchstgrenze von 100 kW(p) pro Steuerpflichtigen. Bei Überschreiten der 100 kW(p)-Grenze entfällt die Steuerbefreiung für alle Photovoltaikanlagen. Auch dachintegrierte Photovoltaikanlagen sowie sog. Fassadenphotovoltaikanlagen sind begünstigt. Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind hingegen unabhängig von ihrer Größe nicht begünstigt. Die jeweilige Verwendung des erzeugten Stroms ist für die Steuerbefreiung unerheblich. Es spielt also keine Rolle, ob der erzeugte Strom z.B. vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird oder für das Aufladen eines privaten Elektrofahrzeugs verbraucht wird. Hinweis: Die Thüringer Finanzverwaltung hat zum Thema ein Informationsblatt veröffentlicht. Dieses können Sie hier herunterladen.Quelle: Thüringer Finanzministerium, Pressemitteilung v. 24.4.2024; NWB

  • Änderungen durch das Wachstumschancengesetz

    Änderungen durch das Wachstumschancengesetz

    Nach langem Hin und Her wurde das sog. Wachstumschancengesetz nun doch noch Ende März 2024 verkündet. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst:I. Änderungen für Unternehmer1. Befristete Wiedereinführung der degressiven AbschreibungBisher war eine degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur dann möglich, wenn das Wirtschaftsgut bis zum 31.12.2022 angeschafft oder hergestellt worden ist. Die degressive Abschreibung beträgt das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung, die auf der Nutzungsdauer beruht; die degressive Abschreibung darf höchstens 25 % betragen.Der Gesetzgeber lässt die degressive Abschreibung nun auch für solche beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu, die nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind. In diesem Fall beträgt die degressive Abschreibung maximal das Doppelte der sog. linearen Abschreibung, die sich nach der Nutzungsdauer bemisst, und darf 20 % nicht übersteigen.Hinweis: Die degressive Abschreibung ist nicht zulässig, wenn das Wirtschaftsgut nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.4.2024 angeschafft oder hergestellt worden ist.2. Sonderabschreibung für kleine und mittlere UnternehmenUnternehmer, deren Gewinn 200.000 € nicht übersteigt, können bislang unter bestimmten Voraussetzungen eine einmalige Sonderabschreibung von 20 % auf abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wie z. B. Maschinen vornehmen, und zwar zusätzlich zur regulären Abschreibung, die von der Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts abhängig ist. Für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt werden, wird die Sonderabschreibung von 20 % auf 40 % nun verdoppelt.Zu beachten ist ferner die geänderte Abschreibung für neu gebaute Mietwohnungen, die auch für Unternehmer gilt, wenn sich die Wohnungen im Betriebsvermögen befinden, weil sie z. B. an Arbeitnehmer vermietet werden (zu den Einzelheiten s. unten unter „Vermieter“).3. Verbesserung bei der sog. ThesaurierungsbesteuerungEinzelunternehmen und Personengesellschaften haben die Möglichkeit, eine sog. Thesaurierungsbesteuerung zu wählen. Der nicht entnommene, also thesaurierte Gewinn wird dann mit 28,25 % besteuert. Allerdings kommt es zu einer Nachversteuerung mit einem Steuersatz von 25 %, sobald der Gewinn entnommen wird.Ab 2024 wird das begünstigt besteuerte Thesaurierungsvolumen dadurch erhöht, dass der begünstigungsfähige Gewinn um die steuerlich nicht als Betriebsausgabe abziehbare Gewerbesteuer und um die nicht absetzbare Einkommensteuer, die entnommen wird, damit die „Thesaurierungssteuer“ an das Finanzamt gezahlt werden kann, erhöht wird.4. Änderung bei der DienstwagenbesteuerungWerden betriebliche Elektrofahrzeuge privat genutzt, muss für die Privatnutzung eine Entnahme versteuert werden. Bei einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50 % kann die Entnahme mit 0,25 % des Bruttolistenpreises (zzgl. Kosten der Sonderausstattung und einschließlich Umsatzsteuer) monatlich bewertet werden.Diese günstige Bewertung setzte bislang voraus, dass der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs 60.000 € nicht übersteigt. Diese Grenze wird für reine Elektrofahrzeuge, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, auf 70.000 € erhöht (ursprünglich war eine Erhöhung auf 80.000 € geplant).Hinweis: Entscheidet sich der Unternehmer für die Bewertung der Entnahme nach der sog. Fahrtenbuchmethode, wirkt sich die Erhöhung der zulässigen Anschaffungskosten bei reinen Elektrofahrzeugen ebenfalls günstig aus, weil dann nur 25 % der Anschaffungskosten bei den Kfz-Kosten berücksichtigt werden.5. Betriebsausgabenabzug für GeschenkeGeschenke an Geschäftsfreunde waren bislang bis zur Höhe von 35 € / Empfänger im Wirtschaftsjahr abziehbar. Diese Freigrenze wird ab 2024 auf 50 € angehoben. Wie bisher gilt: Ist das Geschenk auch nur geringfügig teurer, sind die kompletten Ausgaben nicht abziehbar.6. Erhöhung der BuchführungsgrenzenGewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte sind steuerrechtlich zur Buchführung verpflichtet, wenn sie bestimmte Buchführungsgrenzen überschreiten. Der Gesetzgeber erhöht für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, die bisherige Umsatzgrenze von 600.000 € auf 800.000 € und die bisherige Gewinngrenze von 60.000 € auf 80.000 €.In gleicher Höhe werden auch die Grenzen für die handelsrechtliche Buchführungspflicht von Einzelkaufleuten angepasst. Steuerpflichtige Einzelkaufleute können dann unterhalb dieser Grenze auf eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung und vereinfachte Buchführung zurückgreifen. Diese Änderungen greifen ebenfalls für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen.7. Erweiterung der umsatzsteuerlichen Ist-VersteuerungAb 2024 wird die Umsatzgrenze für die Anwendbarkeit der sog. Ist-Versteuerung von 600.000 € um 200.000 € auf 800.000 € erhöht.8. Erleichterung für KleinunternehmerAb 2024 sind Kleinunternehmer grundsätzlich nicht mehr zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung verpflichtet. Sie können allerdings – wie bisher auch – vom Finanzamt zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung aufgefordert werden. Auch besteht die Abgabepflicht z. B. weiterhin bei innergemeinschaftlichen Erwerben.Hinweis: Kleinunternehmer sind Unternehmer, deren Umsatz im Vorjahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Sie müssen keine Umsatzsteuer abführen, können dann aber auch keine Vorsteuer gelten machen.9. Option zur KörperschaftsteuerPersonenhandelsgesellschaften wie z. B. die OHG oder KG können auf Antrag zur Körperschaftsbesteuerung optieren und unterliegen dann lediglich einem Körperschaftsteuersatz von 15 % zuzüglich Gewerbesteuer, die bei Körperschaften grundsätzlich anfällt. Der Gesetzgeber erstreckt ab dem 28.3.2024 den Anwendungsbereich dieser Option auf alle Personengesellschaften, also insbesondere auch auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, wenn diese in einem Gesellschaftsregister eingetragen sind (sog. eGbR).Die Option, die bis zum 30.11. für das Folgejahr zu beantragen ist, ist ab dem 28.3.2024 auch für neu gegründete Personengesellschaften möglich, die den Antrag dann innerhalb eines Monats nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags stellen müssen, so dass die Option bereits für das laufende Wirtschaftsjahr gilt. Gleiches gilt für Personengesellschaften, die durch einen umwandlungsrechtlichen Formwechsel aus einer Körperschaft hervorgegangen sind und die für die Option einen Monat Zeit nach Anmeldung des Formwechsels beim Handelsregister haben, damit die Option bereits für das laufende Wirtschaftsjahr gilt.10. Befreiung von der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen ab 2025Nach bisheriger Rechtslage kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen befreien, wenn die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 € betragen hat. Dieser Betrag wird ab dem Besteuerungszeitraum 2025 auf 2.000 € erhöht. Ursprünglich sollte diese Regelung bereits für das Jahr 2024 gelten.11. Elektronische Rechnung ab 2025Der Gesetzgeber schreibt ab 2025 die Pflicht zur elektronischen Rechnung in einem sog. strukturiertem Format innerhalb von sechs Monaten nach Leistungserbringung vor, wenn die Leistung an einen anderen Unternehmer im Inland ausgeführt wird. Allerdings gibt es eine Übergangsregelung für Umsätze, die nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2027 ausgeführt werden, so dass bis zum 31.12.2026 eine Rechnung auf Papier und – bei Zustimmung des Rechnungsempfängers – auch in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden kann. Unternehmer, deren Gesamtumsatz im Jahr 2026 800.000 € nicht überschreitet, können sogar bis zum 31.12.2027 ihre Rechnungen auf Papier oder – mit Zustimmung des Rechnungsempfängers – in einem anderen elektronischen Format ausstellen.II. Änderungen für ArbeitnehmerZum 1.1.2024 wird der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer, die im Fahrzeug übernachten, von 8 € auf 9 € pro Tag erhöht. Dieser Betrag kann zusätzlich zur den Verpflegungspauschalen geltend gemacht werden.III. Änderungen für VermieterFür Vermieter ergeben sich durch das Wachstumschancengesetz folgende wichtige Änderungen:1. Sonderabschreibung für MietwohnungsneubauDer Anwendungsbereich der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau wurde verlängert. Danach können die Sonderabschreibungen – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – in Anspruch genommen werden, wenn durch Baumaßnahmen aufgrund eines nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 oder nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 (bisher 1.1.2027) gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen hergestellt werden Für aufgrund eines nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellte Wohnungen sind darüber hinaus auch die Baukostenobergrenze und die maximale Bemessungsgrundlage angehoben worden. Die maximalen Anschaffungs- oder Herstellungskosten betragen nunmehr 5.200 € (bislang 4.800 €) je qm Wohnfläche, die Bemessungsgrundlage beträgt nunmehr maximal 4.000 € (bisher 2.500 €) je qm Wohnfläche.Hinweis: Die Sonderabschreibung ist rückgängig zu machen, wenn die Wohnung nicht zehn Jahre lang vermietet oder vorher verkauft oder die Baukostenobergrenze durch nachträgliche Baumaßnahmen überschritten wird.2. Befristete Einführung einer degressiven AfA für WohngebäudeAußerdem hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.1.2023 eine degressive Abschreibung für Wohngebäude i. H. v. 5 % eingeführt. Dies gilt für Wohngebäude in Deutschland oder in der EU bzw. im EWR (Island, Liechtenstein und Norwegen). Voraussetzung ist, dass mit der Herstellung des Gebäudes nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen wird oder dass das Gebäude nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 gekauft wird und der Nutzen- und Lastenwechsel bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung erfolgt ist. Bei einem Kauf muss die Fertigstellung also im selben Jahr wie der Nutzen- und Lastenwechsel erfolgen. Für den Beginn der Herstellung kommt es auf die Anzeige des Baubeginns an.IV. Alle SteuerzahlerMit Wirkung zum 1.1.2024 wird mit dem Wachstumschancengesetz die Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte von bislang 600 € auf 1.000 € angehoben. Bei zusammenveranlagten Ehegatten steht jedem Ehegatten die Freigrenze einzeln zu, sofern jeder von ihnen Veräußerungsgewinne erzielt hat. Bei einem auch nur geringfügig höheren Gewinn kommt die Freigrenze nicht zum Ansatz.Verbesserung des Verlustausgleichs: Trotz Verlustvortrags droht eine Mindestbesteuerung, wenn ein Verlust von mehr als 1 Mio. € in ein Folgejahr vorgetragen und dort mit positiven Einkünften von mehr als 1 Mio. € verrechnet werden soll. Der Gesetzgeber sieht bislang nämlich eine Besteuerung von 40 % des Betrags, der 1 Mio. € übersteigt, vor. Dieser Mindestbesteuerungssatz wird nun bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer in den Jahren 2024 bis 2027 auf 30 % gesenkt.V. Nicht umgesetzte MaßnahmenU.a. die folgenden ursprünglich mit dem Wachstumschancengesetz geplanten Änderungen wurden nicht umgesetzt: Erhöhung der Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) von 800 € pro Wirtschaftsgut auf 1.000 €; Abschaffung des Sammelpostens für GWG sowie – alternativ – die Abschreibung des Sammelpostens auf drei anstatt auf fünf Jahre; Einführung einer Klimaschutzprämie, die gewährt werden sollte, wenn der Unternehmer bis zum 31.12.2029 Wirtschaftsgüter anschafft, die Teil eines sog. Einsparkonzepts sind und zur Verbesserung der Energieeffizienz dienen; Erhöhung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen; Erhöhung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen auf 150 €; die Einführung einer Freigrenze von 1.000 € für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung; Anhebung des Höchstbetrags, der im Wege des Verlustrücktrags in einem Vorjahr abgezogen werden kann, auf 10 Mio. € (20 Mio. €. bei zusammenveranlagten Ehegatten). Ebenfalls nicht umgesetzt wurde eine ursprünglich geplante Meldepflicht für Steuergestaltungen im Inland sowie die Senkung des Durchschnittssatzes auf landwirtschaftliche Erzeugnisse auf 8,4 %; hier bleibt es nach derzeitigem Stand in diesem Jahr beim Durchschnittssatz von 9,0 %.Quelle: Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz), BGBl. 2024 I Nr. 108; NWB

  • Rechtsanwaltskosten eines Berufssoldaten für ein Wehrdisziplinarverfahren

    Rechtsanwaltskosten eines Berufssoldaten für ein Wehrdisziplinarverfahren

    Beauftragt ein Berufssoldat in einem gegen ihn geführten Wehrdisziplinarverfahren einen Rechtsanwalt, kann er die Rechtsanwaltskosten als Werbungskosten abziehen. Denn ein Wehrdisziplinarverfahren ist beruflich veranlasst, da es an eine Verletzung der Dienstpflicht anknüpft. Hintergrund: Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen sind als Werbungskosten steuerlich abziehbar. Sachverhalt: Der Kläger war Berufssoldat. Aufgrund eines auf Facebook veröffentlichten Kommentars wurde er vom Amtsgericht schuldig gesprochen und kostenpflichtig verwarnt. Anschließend wurde gegen ihn ein Wehrdisziplinarverfahren eingeleitet und ein mehrfacher Verstoß gegen Dienstpflichten vorgeworfen, z.B. gegen das Zurückhaltungsgebot außerhalb des Diensts oder gegen das Gebot, die dienstliche Stellung des Vorgesetzten in seiner Person auch außerhalb des Diensts zu achten. Der Kläger beauftragte einen Rechtsanwalt und machte die Anwaltskosten in Höhe von rund 1.700 € als Werbungskosten geltend.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die Werbungskosten an und gab der Klage statt: Die Rechtsanwaltskosten waren beruflich veranlasst, da das Wehrdisziplinarverfahren die berufliche Sphäre des Klägers betraf. Wehrdisziplinarverfahren werden nämlich nur wegen dienstlichen Verfehlungen eingeleitet. Zwar kann ein Wehrdisziplinarverfahren an ein außerdienstliches Verhalten anknüpfen. Der Vorwurf hat aber immer einen dienstlichen Bezug, weil dem Soldaten bei einem Wehrdisziplinarverfahren eine Verletzung seiner Dienstpflicht vorgeworfen wird., z.B. das Zurückhaltungsgebot. Außerdem drohte aufgrund des Disziplinarverfahrens eine Disziplinarmaßnahme, die zu einer Minderung der Dienstbezüge geführt hätte, etwa eine Kürzung der Bezüge, eine Degradierung oder aber die Entfernung aus dem Dienst. Hinweise: Ein Wehrdisziplinarverfahren unterscheidet sich damit steuerlich von einem Strafverfahren. Denn die Prozesskosten für ein Strafverfahren sind nur dann als Werbungskosten absetzbar, wenn die Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen wurde und nicht nur – wie etwa bei einem Diebstahl von Waren des Arbeitgebers – bei Gelegenheit der Berufsausübung. Ein Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen statt Werbungskosten scheitert in der Regel am Gesetz, das einen Abzug als außergewöhnliche Belastung nur dann zulässt, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess seine Existenzgrundlage verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen könnte.Quelle: BFH, Urteil vom 10.1.2024 – VI R 16/21; NWB

  • Widerruf eines Immobilienkreditvertrags

    Widerruf eines Immobilienkreditvertrags

    Widerruft ein Kreditnehmer, der einen privaten Immobilienkredit aufgenommen hat, nach mehreren Jahren wirksam den Kreditvertrag, sodass es zu einer wechselseitigen Rückgewähr der gezahlten Leistungen kommt, stellt der Nutzungsersatz, der dem Kreditnehmer zufließt, keine steuerbaren Einkünfte dar. Hintergrund: Vor einigen Jahren stellte sich heraus, dass die Sparkassen unwirksame Widerrufsbelehrungen in ihren Kreditverträgen verwendeten. Dies ermöglichte es den Kreditnehmern, einen Widerruf noch nach vielen Jahren zu erklären und so die Rückabwicklung des Kredits herbeizuführen. Auf diese Weise konnte die Zinsbelastung nachträglich reduziert werden. Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute, die im Jahr 2007 zwei Darlehen für eine vermietete Wohnung, sowie für eine selbstgenutzte Wohnung aufgenommen hatten. Nachdem sie festgestellt hatten, dass die von der Sparkasse verwendeten Widerrufsbelehrungen unwirksam waren, widerriefen sie im August 2014 mit Erfolg ihre Willenserklärungen zum Abschluss der Darlehensverträge. Beide Darlehensverträge wurden daraufhin rückabgewickelt, und die Kläger erhielten per Saldo einen Nutzungsersatz in Höhe von ca. 3.500 € aus dem Darlehen für die selbstgenutzte Wohnung sowie einen Nutzungsersatz in Höhe von ca. 4.000 € aus dem Darlehen für die vermietete Wohnung. Das Finanzamt erfasste den Nutzungsersatz aus dem Darlehen für die selbstgenutzte Wohnung als Kapitaleinkünfte und den Nutzungsersatz aus dem Darlehen für die vermietete Wohnung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Kläger wehrten sich gegen die Erfassung des Nutzungsersatzes in Höhe von 3.500 € als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Wird ein Kreditvertrag widerrufen, wandelt sich der Kreditvertrag in ein gegenseitiges Rückgewährschuldverhältnis um. Es werden dann die geleisteten Zahlungen wieder rückgängig gemacht und jeweils ein Wertvorteil für die Gebrauchsvorteile ermittelt, der zu zahlen ist. Der Nutzungsersatz, den die Sparkasse an die Kläger zahlen musste, fiel nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre an und bleibt daher steuerlich irrelevant. Das Rückgewährschuldverhältnis ist nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Einheit zu behandeln. Aus dieser Einheit und dem sich ergebenden Saldo kann nicht isoliert ein Zinsanspruch herausgelöst und besteuert werden. Hinweise: Der BFH stellt klar, dass die Rückabwicklung von Immobilienkrediten aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen führt. Offen gelassen hat der BFH die Frage, ob die Rückabwicklung des Darlehensvertrags über die vermietete Immobilie zu steuerbaren Vermietungseinkünften führt; denn die Kläger hatten sich hiergegen nicht gewehrt. Nach der Begründung des BFH, der den Nutzungsersatz nicht der steuerbaren Erwerbssphäre zuordnet, dürfte aber auch hier eine Steuerpflicht zu verneinen sein. Die Rechtslage für den Nutzungsersatz aufgrund eines Widerrufs hat sich mittlerweile zuungunsten der Kreditnehmer geändert, da der Darlehensnehmer keinen Anspruch mehr auf Nutzungsersatz hat.Quelle: BFH, Urteil vom 7.11.2023 – VIII R 16/22; NWB

  • Nichtigkeit eines Schenkungsteuerbescheids

    Nichtigkeit eines Schenkungsteuerbescheids

    Ein Schenkungsteuerbescheid ist nichtig, wenn sich die festgesetzte Steuer nicht hinreichend bestimmt aus dem Bescheid ergibt. Hintergrund: Ein Bescheid wird mit seiner Bekanntgabe wirksam. Die Wirksamkeit besteht auch im Fall der Rechtswidrigkeit, sodass ein rechtswidriger Bescheid wirksam ist und bleibt, wenn er nicht angefochten wird. Ein nichtiger Bescheid ist hingegen nicht wirksam und entfaltet keine Rechtswirkung. Sachverhalt: Ein Vater schenkte seinem Sohn mehrere Beteiligungen an Personen- sowie an Kapitalgesellschaften, an denen der Vater jeweils zu 15 % beteiligt war; der Vater behielt sich den Nießbrauch vor. Der Vater übernahm im Schenkungsvertrag die Schenkungsteuer. Das Finanzamt setzte gegenüber dem Vater mit Bescheid vom 9.10.2009 Schenkungsteuer fest und gewährte dabei die schenkungsteuerlichen Begünstigungen für das Betriebsvermögen. Der Vater zahlte die Schenkungsteuer, der Bescheid wurde bestandskräftig. Am 26.10.2010 änderte das Finanzamt die Festsetzung und berücksichtigte die schenkungsteuerlichen Begünstigungen nur noch für die Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, weil der Sohn nicht Mitunternehmer bei den Personengesellschaften geworden sei. Der Vater entrichtete die Nachzahlung, legte allerdings Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren erkannte das Finanzamt nun auch die schenkungsteuerlichen Begünstigungen für die Kapitalgesellschaftsbeteiligungen nicht mehr an, weil der Vater nicht mit mindestens 25 % beteiligt gewesen war. Vater und Sohn erhoben anschließend Klage. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der Sohn legte nun Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Im Revisionsverfahren hob das Finanzamt nach einem entsprechenden richterlichen Hinweis am 10.5.2023 alle bisherigen Bescheide auf und erließ gegenüber dem Sohn einen neuen Bescheid, mit dem es die Steuer auf 15.800.340 € festsetzte. Von diesem Betrag zog das Finanzamt verschiedene Beträge, u. a. die bereits vom Vater gezahlten Steuern ab, und nannte dann in der Begründung des Bescheids eine „festgesetzte Steuer“ in Höhe von 6.829.463,31.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Revision des Sohns statt: Der während des Revisionsverfahrens am 10.5.2023 ergangene Bescheid wurde zum Gegenstand des Revisionsverfahrens. Der Bescheid vom 10.5.2023 ist nichtig, da aus ihm nicht eindeutig hervorgeht, in welcher Höhe Schenkungsteuer gegen den Sohn festgesetzt worden ist. Ein Bescheid leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was vom Steuerschuldner verlangt wird. Der sog. Tenor des Bescheids, der die Hauptaussage trifft, steht im Widerspruch zur Begründung des Bescheids. Denn im Tenor wurde eine Schenkungsteuer von 15.800.340 € gegen den Kläger festgesetzt, während in der Begründung eine „festgesetzte Steuer“ in Höhe von 6.829.463,31 € genannt wurde. Für den Sohn war damit nicht erkennbar, in welcher Höhe Schenkungsteuer gegen ihn festgesetzt worden ist. Zudem ließ der Bescheid nicht erkennen, dass die festgesetzte Schenkungsteuer durch die Zahlungen des Vaters materiell erloschen ist. Vater und Sohn waren Gesamtschuldner, so dass die Zahlungen des Vaters an das Finanzamt zum Erlöschen der Schenkungsteuer führten und dies auch zugunsten des Sohns wirkte. In dem Bescheid wurden zwar die Steuerzahlungen des Vaters abgezogen; hierdurch wurde aber nicht hinreichend deutlich, dass dies zum Erlöschen der gegen den Sohn festgesetzten Steuerschuld geführt hat. Hinweise: Der nichtige Bescheid war zwar nicht wirksam, wurde aber aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aufgehoben. Der BFH brauchte nicht zu entscheiden, ob die schenkungsteuerlichen Begünstigungen zu gewähren waren. Da auch die vorherigen Bescheide aufgehoben worden waren – und zwar vom Finanzamt während des Revisionsverfahrens –, wurde im Ergebnis keine Schenkungsteuer festgesetzt. Die Nichtigkeit eines Bescheids kann auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist geltend gemacht werden. Ist der Bescheid jedoch nicht nichtig, sondern nur rechtswidrig, bleibt der rechtswidrige Bescheid bestehen und ist wirksam, wenn der Steuerpflichtige nicht innerhalb der Einspruchsfrist Einspruch eingelegt hat. Im Zweifel sollte daher bei einem Bescheid, der nichtig sein könnte, auch rechtzeitig Einspruch eingelegt werden, um so im Fall der bloßen Rechtswidrigkeit eine Änderung zugunsten herbeiführen zu können. BFH, Urteil vom 8.11.2023 – II R 22/20; NWB