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Kategorie: Steuern: Unternehmer

  • Keine Umsatzsteuer auf dezentral verbrauchten Strom eines Blockheizkraftwerks

    Keine Umsatzsteuer auf dezentral verbrauchten Strom eines Blockheizkraftwerks

    Der nicht eingespeiste, sondern dezentral verbrauchte Strom eines Blockheizkraftwerks, für den ein sog. Kraft-Wärme-Kopplungszuschlag gezahlt wird, unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Der vom Anlagenbetreiber erzeugte und dezentral verbrauchte Strom wird nämlich nicht an den Betreiber des Stromnetzes geliefert und an den Anlagenbetreiber zurückgeliefert. Hintergrund: Leistungen eines Unternehmers gegen Entgelt unterliegen der Umsatzsteuer. Sachverhalt: Die Klägerin war eine gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts und Alleingesellschafterin der A-GmbH. Die Klägerin verpachtete ein Blockheizkraftwerk (BHKW) an die A-GmbH und vereinbarte mit ihr, dass die A-GmbH den mit dem BHKW erzeugten Strom an die Klägerin und an Dritte überlassen sollte. Die Klägerin verbrauchte den im BHKW erzeugten Strom nahezu vollständig selbst (sog. dezentraler Verbrauch) und speiste ihn nicht in das Stromnetz ein. Für den dezentral verbrauchten Strom stellte die Klägerin dem Stromnetzbetreiber im Jahr 2010 einen sog. KWK-Zuschlag (nach dem sog. Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der dezentral verbrauchte Strom fiktiv in das Stromnetz eingespeist und vom Stromnetzbetreiber wieder an den Anlagenbetreiber geliefert worden sei, so dass Umsatzsteuer entstehe.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt: Die Umsatzsteuerbarkeit setzt eine Lieferung oder sonstige Leistung voraus. Eine tatsächliche Lieferung ist nicht erfolgt. Denn hierfür fehlt es an der Verschaffung der Verfügungsmacht zugunsten des Stromnetzbetreibers; der Stromnetzbetreiber hat nämlich nie die Verfügungsmacht an dem durch das BKHW produzierten Strom erlangt. Eine Stromlieferung kann auch nicht fingiert werden. Zwar hat die Klägerin einen KWK-Zuschlag erhalten. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Zuschlagzahler eine Lieferung oder sonstige Leistung empfangen hat. Hinweise: In gleicher Weise hat vor kurzem ein anderer Umsatzsteuer-Senat des BFH entschieden, so dass nunmehr beide Umsatzsteuersenate den Klagen stattgegeben haben und der Verwaltungsauffassung widersprechen. Die Finanzverwaltung geht von einer fiktiven Stromlieferung aus, wenn ein sog. KWK-Zuschlag in Anspruch genommen worden ist. Der BFH hat die Sache allerdings aus anderen Gründen an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen. Die Klägerin ging von einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen ihr als Organträgerin und der A-GmbH als Organgesellschaft aus. Aufgrund der umsatzsteuerlichen Problematik im Bereich der Organschaft muss das FG nun prüfen, ob die A-GmbH als Organgesellschaft Umsätze an die Klägerin erbracht hat, die umsatzsteuerbar sein könnten und für die die Klägerin die Umsatzsteuer abführen müsste. Quelle: BFH, Urteil v. 11.5.2023 – V R 22/21; NWB

  • Erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer für Abfindungszahlung wegen Aufhebung des Mietvertrags

    Erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer für Abfindungszahlung wegen Aufhebung des Mietvertrags

    Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für grundstücksverwaltende Gesellschaften wird nicht nur für Mieteinnahmen gewährt, sondern auch für eine vom Mieter gezahlte Abfindung für die Aufhebung des Mietvertrags vor der erstmaligen Nutzung der Mietsache. Unschädlich ist, dass die Immobilie vom Mieter gar nicht genutzt worden ist. Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die eine große Immobilie vermieten wollte und aufgrund ihrer Rechtsstruktur grundsätzlich der Gewerbesteuer unterlag. Sie vermietete im November 2010 eine große Gewerbeimmobilie an die D-GmbH. Im Mietvertrag verpflichtete sich die Klägerin, zunächst die Immobilie umfassend nach den Wünschen der D-GmbH umzubauen, so dass die D-GmbH die Immobilie nach dem Umbau nutzen konnte. In der Folgezeit gab es jedoch Probleme beim Umbau, und es kam zu Streitigkeiten zwischen der Klägerin und der D-GmbH. Im Dezember 2015 hoben die Klägerin und die D-GmbH den Mietvertrag auf; zu diesem Zeitpunkt war die D-GmbH noch nicht eingezogen. Die D-GmbH verpflichtete sich, an die Klägerin eine Abfindung von 4,75 Mio. € als Ausgleich für die Baumaßnahmen zu zahlen. Die Klägerin machte für die Abfindung die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte die erweiterte Kürzung und gab der Klage statt: Die erweiterte Kürzung wird für Einnahmen aus der Verwaltung eigenen Grundbesitzes gewährt. Zur Verwaltung des eigenen Grundbesitzes gehört auch eine Abfindung, die der Mieter infolge eines Rechtsstreits zahlt. Denn Rechtsstreitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter sind integraler Bestandteil der Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes. Dies gilt auch für Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen möglicher Schadensersatzansprüche. Würde man Rechtsstreitigkeiten nicht als Teil der Verwaltung eigenen Grundbesitzes ansehen, wäre der Vermieter gezwungen, auf Schadensersatzansprüche zu verzichten, um seine erweiterte Kürzung nicht zu gefährden. Denn die erweiterte Kürzung wird grundsätzlich nur gewährt, wenn die Immobiliengesellschaft ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet. Die erweiterte Kürzung wäre nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage zwar zu versagen, wenn die Klägerin Betriebsvorrichtungen mitvermietet hätte. Das Finanzgericht als sog. Tatsacheninstanz hat eine derartige Mitvermietung aber nicht feststellen können; an diese Feststellung war der BFH gebunden.Hinweise: Die Klägerin war aufgrund ihrer Rechtsform als sog. gewerblich geprägte GmbH & Co. KG bereits seit November 2010 gewerbesteuerpflichtig. Denn im November 2010 hatte sie den Mietvertrag mit der D-GmbH abgeschlossen und damit mit der Vermietung begonnen. Die Gewerbesteuerpflicht setzt also nicht voraus, dass die D-GmbH bereits eingezogen ist und dass die laufende Miete zu zahlen ist. Unbeachtlich für die erweiterte Kürzung ist die umsatzsteuerliche Behandlung der von der D-GmbH geleisteten Abfindung. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Zahlung der D-GmbH umsatzsteuerlich als sog. echter Schadensersatz behandelt wird, der nicht umsatzsteuerbar ist. Quelle: BFH, Urteil v. 25.5.2023 – IV R 33/19; NWB

  • Keine Pflicht zur Heilung eines fehlerhaften Ergebnisabführungsvertrags

    Keine Pflicht zur Heilung eines fehlerhaften Ergebnisabführungsvertrags

    Ist eine körperschaftsteuerliche Organschaft auf der Grundlage eines fehlerhaften Gewinnabführungsvertrags durchgeführt, aber vor dem 1.1.2015 beendet worden, war eine Heilung des fehlerhaften Gewinnabführungsvertrags zwar aufgrund einer Gesetzesänderung möglich. Es gab aber keine Pflicht zu einer derartigen Heilung, so dass sich der Organträger auch nach außen erkennbar gegen eine Heilung aussprechen konnte mit der Folge, dass ihm das Einkommen der Organgesellschaft nicht zugerechnet wird. Hintergrund: Bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft verpflichtet sich eine Kapitalgesellschaft (sog. Organgesellschaft), ihren gesamten Gewinn an den Organträger abzuführen. Das Einkommen der Organgesellschaft wird dann dem Organträger zugerechnet und nur von diesem versteuert. Ist die Organgesellschaft eine GmbH, muss der Ergebnisabführungsvertrag eine Verpflichtung des Organträgers für den Fall der Verlustübernahme enthalten, damit die Organschaft körperschaftsteuerlich anerkannt wird. Hierfür ist auf eine bestimmte aktienrechtliche Vorschrift Bezug zu nehmen. Im Dezember 2004 wurde diese aktienrechtliche Vorschrift um einen weiteren Absatz ergänzt, so dass der Verweis in vielen Ergebnisabführungsverträgen nicht mehr stimmte, weil der neue Absatz in dem Verweis nicht erwähnt wurde. Der Gesetzgeber ermöglichte im Jahr 2013 eine Heilung der nunmehr fehlerhaft gewordenen Ergebnisabführungsverträge. Sachverhalt: Die Klägerin war eine KG und schloss im März 2004 mit der A-GmbH, an der sie zu 100 % beteiligt war, einen Ergebnisabführungsvertrag (EAV). Danach sollte die A-GmbH ihren Gewinn an die Klägerin abführen. Der EAV enthielt einen Verweis auf die im März 2004 gültige aktienrechtliche Regelung zur Verlustübernahme. Dieser Verweis wurde aber im Dezember 2004 nicht ergänzt, nachdem die aktienrechtliche Regelung im Dezember 2004 um einen weiteren Absatz ergänzt worden war. Die Klägerin kündigte den EAV zum 31.5.2012. Im Anschluss an eine Außenprüfung machte die Klägerin geltend, dass der EAV mangels Verweises auf die im Dezember 2004 geänderte aktienrechtliche Regelung zur Verlustübernahme unwirksam sei. Die körperschaftsteuerliche Organschaft sei daher nicht anzuerkennen, so dass ihr das Einkommen der A-GmbH in den Jahren 2007 bis 2010 nicht zuzurechnen sei; die Bescheide für diese Jahre waren aufgrund der Außenprüfung verfahrensrechtlich noch änderbar. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Der EAV war fehlerhaft, weil der Verweis auf die aktienrechtliche Regelung zur Verlustübernahme infolge der Änderung dieser Regelung unvollständig und damit unwirksam geworden war. Eine Heilung des fehlerhaften EAV war zwar möglich, weil der Gesetzgeber im Jahr 2013 eine solche Heilung ermöglichte. Voraussetzung für die Heilung war, dass eine Verlustübernahme tatsächlich erfolgt ist und dass bis zum 31.12.2014 eine Verlustübernahme durch Aufnahme eines sog. dynamischen Verweises auf die jeweils geltende Fassung der aktienrechtlichen Regelung zur Verlustübernahme vereinbart wurde. Dieser Vereinbarung bedurfte es nicht, wenn die steuerliche Organschaft – wie im Streitfall – vor dem 1.1.2015 beendet wurde. Daraus folgt aber keine zwingende Heilung, selbst wenn die Verlustübernahme tatsächlich erfolgt war. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Heilung in das Belieben des Organträgers gestellt. Im Streitfall hat sich die Klägerin ausdrücklich gegen eine Heilung des EAV gestellt, weil sie keine Zurechnung des Einkommens der A-GmbH wünschte. Damit blieb es bei dem fehlerhaften EAV, so dass die Klägerin das Einkommen der A-GmbH der Streitjahre nicht versteuern musste. Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass die gesetzliche Heilungsmöglichkeit keine Heilungspflicht begründet. Wer die Organschaft vor dem 1.1.2015 beendete, konnte also nach außen erkennbar den Willen äußern, dass keine Heilung gewünscht ist. Der Organträger und die Organgesellschaft müssen dann jeweils ihr eigenes Einkommen versteuern. Quelle: BFH, Urteil v. 3.5.2023 – I R 7/20; NWB

  • Vorsteuerabzug einer Holding

    Vorsteuerabzug einer Holding

    Eine unternehmerisch tätige Holding, die sich an anderen Gesellschaften beteiligt und gegen Entgelt Geschäftsführungsleistungen erbringt, kann Vorsteuer aus Eingangsleistungen, die an sie erbracht worden sind, nicht geltend machen, wenn sie diese Eingangsleistungen als Gesellschafterbeitrag unentgeltlich an die Tochtergesellschaft erbringt und die Eingangsleistungen mit den Umsätzen der Tochtergesellschaft, nicht aber mit den Geschäftsführungsleistungen der Holding in Zusammenhang stehen. Hintergrund: Die Vorsteuer ist abziehbar, wenn der Unternehmer Leistungen für sein Unternehmen bezieht und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Sachverhalt: Die Klägerin war eine Holding, die an mehreren Tochtergesellschaften beteiligt war, ohne dass eine umsatzsteuerliche Organschaft bestand. Die Tochtergesellschaften tätigten umsatzsteuerfreie Umsätze aus Grundstücksverkäufen und waren daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Klägerin erbrachte gegenüber ihren Tochtergesellschaften umsatzsteuerpflichtige Geschäftsführungs- und Buchführungsleistungen. Die Klägerin hatte sich im jeweiligen Gesellschaftsvertrag der Tochtergesellschaften verpflichtet, unentgeltliche Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften zu erbringen. Sie bezog und bezahlte u.a. Architekten- und Erschließungsdienstleistungen, die für die Grundstücksgeschäfte der Tochtergesellschaften nützlich waren und überließ diese Dienstleistungen den Tochtergesellschaften unentgeltlich. Die Vorsteuer aus diesen Leistungen erkannte das Finanzamt nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Zwar war die Klägerin als sog. geschäftsleitende Holding Unternehmerin und damit grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Sie erbrachte nämlich Geschäftsführungs- und Buchführungsdienstleistungen gegen Entgelt. Allerdings gehörte die Erbringung der Architekten- und Erschließungsdienstleistungen nicht zur unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin. Denn die Klägerin verwendete die bezogenen Architekten- und Erschließungsdienstleistungen nicht für ihre unternehmerisch erbrachten Geschäftsführungs- und Buchführungsdienstleistungen; die Architekten- und Erschließungsdienstleistungen gingen auch weder in den Preis für die Geschäftsführungs- und Buchführungsdienstleistungen ein, noch gehörten die Architekten- und Erschließungsdienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen der Holding. Vielmehr standen die Architekten- und Erschließungsdienstleistungen im Zusammenhang mit den umsatzsteuerfreien Grundstücksverkäufen der Tochtergesellschaften. Hinweise: Die Tochtergesellschaften hätten zwar die von der Klägerin eingebrachten Architekten- und Erschließungsdienstleistungen selbst beziehen können; dennoch hätten sie die Vorsteuer nicht geltend machen können, da sie umsatzsteuerfreie Grundstücksverkäufe tätigten und damit vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen waren. Mit der gewählten Konstruktion sollte der Klägerin als Holding der Vorsteuerabzug ermöglicht werden. Ob dies ein Gestaltungsmissbrauch darstellt, konnte offen bleiben, da der Vorsteuerabzug der Klägerin bereits nach allgemeinen Grundsätzen zu versagen war. Der BFH hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der einen Vorsteuerabzug abgelehnt hat. Im aktuellen Urteil ist der BFH der Entscheidung und Begründung des EuGH gefolgt. Quelle: BFH, Urteil v. 15.2.2023 – XI R 24/22 (XI R 22/18); NWB

  • Vorsteuerabzug aus den Kosten für eine Betriebsveranstaltung

    Vorsteuerabzug aus den Kosten für eine Betriebsveranstaltung

    Der Vorsteuerabzug aus den Kosten für eine Betriebsveranstaltung ist grundsätzlich nur möglich, wenn es entweder ein vorrangiges Unternehmensinteresse für die Betriebsveranstaltung gibt, das über die Verbesserung des Betriebsklimas hinausgeht, oder wenn die Kosten pro erschienenen Teilnehmer nicht höher als 110 € sind. Hintergrund: Die Vorsteuer ist abziehbar, wenn der Unternehmer Leistungen für sein Unternehmen bezieht und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Wird die bezogene Leistung für den Privatbedarf der Arbeitnehmer verwendet, ist die Vorsteuer grundsätzlich nicht abziehbar. Einkommensteuerlich gibt es seit 2015 einen Freibetrag in Höhe von 110 € für die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen. Der Freibetrag gilt pro Arbeitnehmer und ggf. dessen Begleitung. Er wird für bis zu zwei Veranstaltungen pro Jahr gewährt. Bis einschließlich 2014 galt eine Freigrenze in Höhe von 110 €, so dass bei Überschreitung dieser Freigrenze der gesamte Betrag als Abeitslohn steuerpflichtig war. Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitgeber und lud seine Mitarbeiter im Jahr 2015 zu einer Weihnachtsfeier ein, die in Gestalt eines sog. Kochevents in einem Kochstudio durchgeführt werden sollte. Es meldeten sich 32 Arbeitnehmer an; tatsächlich erschienen 31 Arbeitnehmer. Die Kosten betrugen brutto ca. 4.500 €. Auf jeden Teilnehmer entfielen ca. 150 €. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Der Vorsteuerabzug aus den Kosten für eine Betriebsveranstaltung setzt grundsätzlich ein vorrangiges Unternehmensinteresse voraus. Allein die Verbesserung des Betriebsklimas genügt nicht. Im Streitfall ging es lediglich um die Verbesserung des Betriebsklimas, so dass ein Vorsteuerabzug unter Hinweis auf ein vorrangiges Unternehmensinteresse nicht möglich ist. Ein Vorsteuerabzug ist allerdings auch dann möglich, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung als Aufmerksamkeit – und nicht als Entnahme – zu werten ist. Von einer Aufmerksamkeit ist im Zusammenhang mit einer Betriebsveranstaltung auszugehen, wenn die Kosten pro erschienenen Arbeitnehmer nicht höher sind als 110 €. Dieser Betrag resultiert aus dem Lohnsteuerrecht, das bis einschließlich 2014 eine Freigrenze von 110 € vorsah und seit 2015 einen Freibetrag in Höhe von 110 €. Allerdings ist umsatzsteuerlich weiterhin von einer Freigrenze auszugehen und nicht von einem Freibetrag. Denn Aufmerksamkeiten sind geringfügige Zuwendungen. Bei Ansatz eines Freibetrags wäre indes eine aufwendige Betriebsveranstaltung teilweise, nämlich bis zu einem Betrag von 110 €, umsatzsteuerlich begünstigt. Bei der Ermittlung der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Kosten sind auch die Kosten für den äußeren Rahmen wie z.B. die Raumkosten einzubeziehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt. Im Streitfall lag mit dem Kochevent eine solche einheitliche Leistung in Gestalt eines marktfähigen Gesamtpakets vor, das sich aus dem Kochen und Verzehren der selbst zubereiteten Speisen in gehobenem Ambiente zusammensetzte; die Minderung der Gesamtkosten um die Raumkosten würde zu einer künstlichen Aufspaltung dieser Gesamtleistung führen. Da auf jeden Teilnehmer ca. 150 € Kosten entfielen, war die Freigrenze von 110 € überschritten, so dass die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung keine Aufmerksamkeit darstellte, sondern eine Entnahme. Damit war der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Hinweise: Der BFH hält umsatzsteuerlich daran fest, dass Betriebsveranstaltungen nur dann umsatzsteuerlich unschädlich sind, wenn pro Arbeitnehmer der Kostenanteil maximal 110 € beträgt. Eine Überschreitung dieses Betrags auch nur um einen Euro würde zum Ansatz einer Entnahme und damit zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen. Der BFH folgt damit nicht der einkommensteuerlichen Änderung des Gesetzes, wonach seit 2015 ein Freibetrag – und nicht eine Freigrenze – von 110 € gilt. Außerdem stellt der BFH klar, dass umsatzsteuerlich die Kosten der Betriebsveranstaltung auf die erschienenen Arbeitnehmer aufzuteilen sind und nicht auf die angemeldeten Teilnehmer. Dies ist nachteilig, weil sich hierdurch der auf den einzelnen Teilnehmer entfallende Kostenanteil erhöhen kann. Quelle: BFH, Urteil v.10.5.2023 – V R 16/21; NWB

  • Zinsschranke gilt nicht für sog. Arrangement Fee einer Bank

    Zinsschranke gilt nicht für sog. Arrangement Fee einer Bank

    Die sog. Zinsschranke beschränkt den Betriebsausgabenabzug von Vergütungen für die Darlehensgewährung. Sie gilt nicht für Vergütungen, die für weitere Leistungen über die Darlehensüberlassung hinaus gezahlt werden. Daher ist eine sog. Arrangement Fee, die an eine Bank für die Vermittlung eines Konsortialkredits gezahlt wird, uneingeschränkt als Betriebsausgabe abziehbar, wenn der Kredit betrieblich veranlasst ist. Hintergrund: Der Gesetzgeber erkennt betrieblich veranlasste Schuldzinsen von Konzerngesellschaften nur eingeschränkt als Betriebsausgaben an. Diese Beschränkung nennt man „Zinsschranke“. Die Zinsaufwendungen sind, soweit sie Zinseinnahmen übersteigen, nur bis zur einer bestimmten, vom Gewinn abhängigen Quote absetzbar. Auf diese Weise sollen Gewinnverlagerungen innerhalb von Konzernen verhindert werden. Allerdings gibt es eine Freigrenze von 2.999.999 €; wenn diese Grenze überschritten wird, greift die Zinsschranke. Sachverhalt: Die Klägerin war Alleingesellschafterin der B-GmbH, mit der eine körperschaftsteuerliche Organschaft bestand, so dass das Einkommen der B-GmbH der Klägerin zugerechnet wurde. Die Klägerin und die B-GmbH nahmen im Jahr 2011 bei der C-Bank einen Konsortialkredit auf, dessen Gesamtsumme durch die C-GmbH und die anderen Konsortialbanken aufgebracht wurde. Die C-Bank hatte als Konsortialführerin das Finanzierungskonzept erarbeitet und die Vertragsunterzeichnung organisiert und dokumentiert. Hierfür berechnete sie der B-GmbH im Jahr 2011 eine sog. Arrangement Fee in Höhe von 4,25 % der vereinbarten Darlehenssumme. Die B-GmbH machte diesen Betrag als Betriebsausgabe geltend. Das Finanzamt erkannte den Betriebsausgabenabzug unter Hinweis auf die Zinsschranke nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Zinsschranke gilt nur für Vergütungen für die zeitlich begrenzte Überlassung von Fremdkapital, d.h. für Darlehen. Vergütungen für Leistungen, die über die reine Kapitalüberlassung hinausgehen, werden hingegen nicht von der Zinsschranke erfasst. Die Arrangement Fee wurde im Streitfall nicht für die Gewährung des Konsortialkredits gezahlt, sondern für die Tätigkeit der C-Bank als Konsortialführerin. Die C-GmbH hat eine Vermittlungstätigkeit erbracht, um den Konsortialkredit zusammenzustellen; außerdem hat sie das Finanzierungskonzept erarbeitet und die Vertragsunterzeichnung organisiert und dokumentiert. Gegen eine Vergütung für die Darlehensgewährung sprach im Übrigen, dass die Arrangement Fee nicht laufzeitabhängig zu zahlen war, sondern nur einmalig. Außerdem richtete sich die Höhe nach der vertraglich vereinbarten Darlehenssumme und nicht nach dem tatsächlich abgerufenen Fremdkapital.Hinweise: Das Urteil ist für Konzerngesellschaften erfreulich, weil der BFH die Zinsschranke auf die reinen Zinsen beschränkt, d.h. auf die Vergütungen für die Überlassung des Darlehens, und nicht auf die weiteren Entgelte erstreckt, die im Zusammenhang mit einer Darlehensgewährung anfallen. Der BFH widerspricht insoweit der Auffassung der Finanzverwaltung, die Vergütungen, die Vergütungscharakter haben, als Zinsaufwendungen behandelt. Der BFH macht ferner deutlich, dass es für die Anwendbarkeit der Zinsschranke nicht darauf ankommt, ob die Aufwendungen als Zinsen bezeichnet werden. Daher können Gebühren durchaus der Zinsschranke unterliegen, wenn sie wirtschaftlich betrachtet eine Vergütung für die Darlehensgewährung darstellen. Noch nicht geklärt ist, ob die Zinsschranke verfassungsgemäß ist. Hierzu ist seit 2017 ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Quelle: BFH, Beschluss v. 22.3.2023 – XI R 45/19; NWB

  • Verlustverrechnungsverbot bei Einbringung mit Rückwirkung

    Verlustverrechnungsverbot bei Einbringung mit Rückwirkung

    Das gesetzliche Verlustverrechnungsverbot bei rückwirkend vorgenommenen Umwandlungen gilt in allen Einbringungsfällen mit Rückwirkung und ist nicht auf Missbrauchsfälle beschränkt. Außerdem verhindert es auch bei der Gewerbesteuer eine Verrechnung des Verlustes des übernehmenden Rechtsträgers mit positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers, die dieser im Rückwirkungszeitraum erzielt hat. Hintergrund: Umwandlungen können steuerlich mit Rückwirkung vorgenommen worden, z.B. am 1.7.2023 mit Rückwirkung zum 1.1.2023. Im Rückwirkungszeitraum gibt es dann einen übernehmenden Rechtsträger und einen übertragenden Rechtsträger. Nach dem Gesetz ist ein Ausgleich oder die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers aus dem Rückwirkungszeitraum mit Verlusten des übernehmenden Rechtsträgers nicht zulässig.Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die vom Einzelkaufmann S mit notarieller Urkunde am 13.7.2017 rückwirkend zum 1.1.2017 durch sog. Ausgliederung des Vermögens des Einzelunternehmens des S gegründet wurde. Am 21.8.2017 wurde die Klägerin in das Handelsregister eingetragen. Während sie im Jahr 2017 einen Verlust erzielte, erwirtschaftete S im Rückwirkungszeitraum des Jahres 2017 einen Gewinn. Das Finanzamt erkannte eine Verrechnung des Verlustes der Klägerin mit dem Gewinn des S nicht an. Entscheidung: Der BFH wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Das gesetzliche Verlustverrechnungsverbot steht einer Verrechnung des im Rückwirkungszeitraum erzielten Gewinns des S mit dem von der Klägerin erlittenen Verlust entgegen. Dabei kommt es nicht auf einen steuerlichen Missbrauch an. Das Verlustverrechnungsverbot greift daher auch dann, wenn die Klägerin als übernehmender Rechtsträger noch gar keine Verlustvorträge im Zeitpunkt der Umwandlung hat, weil sie erst durch die Umwandlung entsteht. Auch wenn das Gesetz körperschaftliche Begriffe verwendet, gilt es doch auch für die Gewerbesteuer. Daher kann auch bei der Gewerbesteuer eine Verlustverrechnung nicht erfolgen. Hinweise: Der Gesetzgeber will verhindern, dass mittels einer rückwirkenden Umwandlung gezielt Verlustvorträge einer Kapitalgesellschaft genutzt werden. Der BFH hält das Verlustverrechnungsverbot für verfassungsmäßig. Der Rückwirkungszeitraum ging im Streitfall vom 1.1.2017, dem Umwandlungsstichtag, bis zum 21.8.2017, dem Tag der Eintragung der Klägerin im Handelsregister. Die Ermittlung des Gewinns des übertragenden Rechtsträgers aus dem Rückwirkungszeitraum kann regelmäßig durch eine Zwischenbilanz erfolgen. Soll dieser Mehraufwand vermieden werden, kann der Gewinn geschätzt werden. Im Streitfall lagen z.B. betriebswirtschaftliche Auswertungen des S nur für das 1. Halbjahr 2017 vor; der sich hiernach ergebende Gewinn des S konnte auf den Zeitraum bis zum 21.8.2017 mit dem Faktor 232/181 hochgerechnet werden; denn bis zum 21.8.2017 waren bereits 232 Tage vergangen. Quelle: BFH, Urteil v. 12.4.2023 – I R 48/20; NWB

  • Steuerliche Auswirkungen der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

    Steuerliche Auswirkungen der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

    Die Bundesregierung hat auf eine sog. Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion mitgeteilt, dass sie derzeit noch nicht abschließend absehen kann, ob die zivilrechtliche Reform im Personengesellschaftsrecht zum 1.1.2024 auch Änderungen im Grunderwerbsteuerrecht und anderen steuerlichen Gesetzen nach sich ziehen wird. Hintergrund: Das Grunderwerbsteuerrecht enthält verschiedene Begünstigungen für Personengesellschaften, etwa bei der Übertragung von Grundstücken von einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter oder umgekehrt. Im Umfang der Beteiligungsquote ist die Grundstücksübertragung grunderwerbsteuerfrei. Bei den Vergünstigungen verwendet das Gesetz meist den Begriff „Gesamthand“. Durch die zum 1.1.2024 in Kraft tretende Reform des Personengesellschaftsrechts wird jedoch der Begriff der Gesamthand im Zivilrecht abgeschafft. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag hat die Bundesregierung gefragt, ob steuerliche Änderungen geplant sind. Wesentlicher Inhalt der Antwort der Bundesregierung: Zurzeit gibt es keine konkrete Zeitplanung für eine Änderung des Grunderwerbsteuerrechts. Innerhalb der Bundesregierung ist der Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen. Auf Bund-Länder-Ebene wird derzeit geprüft, ob es im Bereich der Befreiungsvorschriften des Grunderwerbsteuerrechts einen konkreten Anpassungsbedarf gibt. Der Bundesregierung liegt keine statistische Erfassung darüber vor, ob es durch Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften zu Ausfällen bei den Steuereinnahmen kommt. Die Bundesregierung verfügt auch nicht über Informationen, ob Grunderwerbsteuereinnahmen durch Gestaltungen mit Familienstiftungen verloren gehen. Die Bundesregierung will die Bundesländer, denen das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer zusteht, dabei unterstützen, eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer zu ermöglichen, um den Erwerb selbstgenutzten Wohnungseigentums zu erleichtern. Wie die grunderwerbsteuerlichen Vergünstigungen konkret ausgestaltet werden, obliegt dann aber den Bundesländern. Ob sich die Reform des Personengesellschaftsrechts auf das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht auswirkt, kann die Bundesregierung derzeit noch nicht sagen, weil der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen ist. Hinweise: Die Antwort der Bundesregierung erweckt nicht den Eindruck, als ob die Bundesregierung Zeitdruck verspürt. Sie lässt offen, ob sie sich mit einer erneuten Reform bzw. Anpassung des Grunderwerbsteuerrechts beschäftigen will. Die letzte Grunderwerbsteuerreform, die zu grundlegenden Verschärfungen bei Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften geführt hat, stammt aus dem Jahr 2021.Ebenso wenig ist abschließend geklärt, ob sich die zum 1.1.2024 in Kraft tretende Reform des Personengesellschaftsrechts auf das Einkommensteuerrecht auswirkt. Auch im Einkommensteuerrecht wird in verschiedenen Fällen der Begriff der Gesamthand verwendet, die es ab dem 1.1.2024 zivilrechtlich nicht mehr geben soll. Allerdings hat der Gesetzgeber in der Begründung zu dem Gesetz über die Reform des Personengesellschaftsrechts ausgeführt, dass sich die zivilrechtliche Reform nicht einkommensteuerlich auswirken soll. Der Gesetzgeber wird dies in einer Gesetzesänderung voraussichtlich noch klarstellen. Quelle: BT-Drucks. 20/7216 v. 12.6.2023; NWB

  • Aussetzung der Vollziehung bei Verlustuntergang wegen mehr als 50%iger Anteilsübertragung

    Aussetzung der Vollziehung bei Verlustuntergang wegen mehr als 50%iger Anteilsübertragung

    Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährt eine Aussetzung der Vollziehung, wenn der steuerliche Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft aufgrund einer Anteilsübertragung von mehr als 50 % auf einen Erwerber innerhalb von fünf Jahren untergeht. Dem BFH zufolge ist die Aussetzung der Vollziehung aufgrund der verfassungsrechtlichen Zweifel an der gesetzlichen Regelung zum Verlustuntergang gerechtfertigt. Hintergrund: Nach dem Gesetz geht der steuerliche Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft unter, wenn mehr als 50 % der Anteile innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber unmittelbar oder mittelbar übertragen werden. Zu einem Verlustuntergang kommt es jedoch nicht, soweit stille Reserven vorhanden sind. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte im Jahr 2017 die vorherige Gesetzesregelung, die bei einer Anteilsübertragung von mehr als 25 % bis zu 50 % einen anteiligen Verlustuntergang vorgesehen hatte, für verfassungswidrig erklärt. Daraufhin ist die aktuelle Regelung verabschiedet worden, die für den Verlustuntergang eine Anteilsübertragung von mehr als 50 % verlangt. Sachverhalt: Die Antragstellerin war eine GmbH, die zu einer U.S.-amerikanischen Kapitalgesellschaft gehörte und die über Verlustvorträge bei der Körperschaft- sowie Gewerbesteuer verfügte. Im Jahr 2016 übertrug die U.S.-amerikanische Muttergesellschaft 99 % der Anteile an der Antragstellerin auf einen einzelnen Erwerber. Das Finanzamt kürzte daraufhin den zum 31.12.2016 festgestellten Verlustvortrag bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer, soweit die Verluste bis zum Tag der Anteilsübertragung entstanden waren. Die Antragstellerin legte hiergegen Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.Entscheidung: Der BFH gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt: Eine Aussetzung der Vollziehung setzt ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids voraus. Derartige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit ergeben sich aus der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der vorherigen gesetzlichen Regelung, die einen anteiligen Verlustuntergang bei einer Anteilsübertragung von mehr als 25 % bis 50 % vorsah. Diese Vorgängerregelung war der heutigen Regelung ähnlich, so dass die vom BVerfG festgestellte Verfassungswidrigkeit auf ernstliche Zweifel an der Verfassungswidrigkeit der aktuellen Regelung hindeutet. Der Gesetzgeber hat sich bei der Verabschiedung der aktuellen Regelung trotz seines Wissens von der Verfassungswidrigkeit der bisherigen Regelung gegen eine mögliche Neuausrichtung des Verlustuntergangs entschieden. Zudem gibt es im Streitfall auch Zweifel, ob die Antragstellerin über steuerpflichtige stille Reserven verfügt und aus diesem Grund der Verlustvortrag erhalten bleiben könnte. Hinweise: Der BFH lehnt eine Aussetzung der Vollziehung, die auf verfassungsrechtliche Zweifel gestützt wird, häufig ab. Denn dann würden viele Gesetze, bei denen es verfassungsrechtliche Zweifel gibt, aufgrund einer Aussetzung der Vollziehung erst einmal nicht umgesetzt werden können und der Bundeshaushalt beeinträchtigt werden. Deshalb verlangt der BFH häufig ein besonderes Aussetzungsinteresse, z.B. eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz. Im Streitfall ergab sich das besondere Aussetzungsinteresse aus der bereits vom BVerfG festgestellten Verfassungswidrigkeit zur Vorgängerregelung, die in vielen Einzelpunkten der aktuellen Regelung ähnelt. Zur aktuellen Regelung ist bereits seit fast sechs Jahren ein Verfahren beim BVerfG anhängig. Es ist unklar, wann dieses Verfahren endlich entschieden wird. Quelle: BFH, Beschluss v. 12.4 2023 – I B 74/22 (AdV); NWB

  • Kein Steuerstundungsmodell bei aktiver Betätigung des Steuerpflichtigen

    Kein Steuerstundungsmodell bei aktiver Betätigung des Steuerpflichtigen

    Ein Steuerstundungsmodell, dessen Verluste grundsätzlich nicht ausgleichsfähig sind, liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige ein vorgefertigtes Konzept vorfindet, das er nur noch anzunehmen braucht, so dass er sich wie ein passiver Anleger verhält. Ist der Steuerpflichtige hingegen in der Weise aktiv, dass er bei der Gestaltung des Konzepts mitwirkt, handelt es sich nicht um ein Steuerstundungsmodell, so dass seine Verluste in vollem Umfang ausgleichsfähig sind. Hintergrund: Verluste aus einem Steuerstundungsmodell sind nach dem Gesetz nicht mit anderen positiven Einkünften ausgleichbar. Sie sind lediglich verrechenbar und können nur mit künftigen positiven Einkünften aus dem Steuerstundungsmodell verrechnet werden. Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung negative Einkünfte erzielt werden sollen. Eine modellhafte Gestaltung ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit erhält, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen.Sachverhalt: Die Klägerin war eine KG, die von A und B im Jahr 2006 gegründet wurde und an der sich C als atypisch stiller Gesellschafter beteiligte. B hatte im Jahr 2006 hohe Einkünfte erzielt. Bei der Gründung der KG hatte der Rechtsanwalt und Steuerberater R mitgewirkt, der von B beauftragt worden war, eine Anlagestruktur mit steuerlichem Verlustverrechnungspotenzial zu begründen. R empfahl eine Treuhandstruktur; dieser Empfehlung folgten A, B und C aber nicht, sondern gründeten die KG selbst (A und B) bzw. beteiligten sich als stiller Gesellschafter (C). Die KG erwarb dann Schuldverschreibungen, deren Erwerb durch Bankdarlehen finanziert wurde, bei deren Auszahlung ein Disagio abgezogen wurde. An den Verhandlungen mit den Banken nahmen A, B und C sowie R teil. Im Jahr 2006 erzielte die KG einen Verlust, den das Finanzamt als Verlust aus einem Steuerstundungsmodell ansah, so dass er mit den positiven Einkünften von A, B und C nicht verrechnet werden konnte. Gegen diese Feststellung klagte die KG.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Eine Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell kann dadurch begründet werden, dass man sich an einem geschlossenen Fonds, der ein Steuerstundungsmodell umsetzt, beteiligt oder indem eine Einzelinvestition in Gestalt eines Steuerstundungsmodells getätigt wird. A, B und C haben sich nicht an einem geschlossenen Fonds beteiligt, denn die KG hatte keinen geschlossenen Anlegerkreis. Vielmehr hätten nach dem Gesellschaftsvertrag der KG noch weitere Anleger der KG beitreten können. Es handelte sich jedoch um eine Einzelinvestition, da die KG eine Schuldverschreibung gezeichnet hat. Allerdings liegt ein Steuerstundungsmodell nur dann vor, wenn die Investition aufgrund eines vorgefertigten Konzepts erfolgt und sich der Anleger passiv verhält, also das ihm vorgelegte Konzept „abnickt“. Im Streitfall haben A, B und C kein vorgefertigtes Konzept vorgefunden, das sie lediglich übernommen haben, sondern sie haben an der Gestaltung und dem Entwurf des Konzepts aktiv mitgewirkt. So haben sie die KG gegründet (A und B), sind von dem Vorschlag des R, ein Treuhandmodell umzusetzen, abgewichen und haben zusammen mit R eigenständige Verhandlungen mit den Banken geführt. Zudem war B auch geschäftsführender Kommanditist. Hinweise: Das Urteil hat zur Folge, dass der von der KG erzielte Verlust von A, B und C im Umfang ihrer jeweiligen Beteiligungsquote mit ihren positiven Einkünften verrechnet werden kann und damit ihre Einkommensteuerlast mindert. Hätte das Finanzamt Recht bekommen, hätten A, B und C warten müssen, bis die KG eines Tages Überschüsse erzielt, und erst dann den lediglich verrechenbaren Verlust zur Verrechnung mit diesen Überschüssen nutzen können. Der Verlust der KG ergab sich insbesondere aus dem Disagio des aufgenommenen Bankdarlehens, das in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar war, sowie aus den Zinsen für dieses Darlehen. Der BFH macht deutlich, dass steuerliche Vorschriften, die zu Verlusten führen, durchaus von Einzelinvestoren genutzt werden können. Verhindert werden soll aber, dass derartige Vorschriften konzeptionell aufgearbeitet werden und einer Vielzahl von Anlegern angeboten werden. Quelle: BFH, Urteil v. 16.3.2023 – VIII R 10/19; NWB