Haftung der Bank für die Umsatzsteuer des Bankkunden bei Globalabtretung
Eine Bank, die sich die Forderungen ihres Bankkunden hat abtreten lassen, haftet nicht für die von ihrem Bankkunden geschuldete Umsatzsteuer, wenn ihr Bankkunde die Kreditlinie seines Kontokorrentkontos einhält und nicht überschreitet. Denn dann hat die Bank die Umsatzsteuer nicht vereinnahmt.Hintergrund: Tritt ein Unternehmer seine Forderung einschließlich Umsatzsteuer an einen anderen Unternehmer ab, haftet der andere Unternehmer für die Umsatzsteuer, die der abtretende Unternehmer nicht an das Finanzamt abgeführt hat. Dies setzt allerdings voraus, dass der andere Unternehmer die Umsatzsteuer vereinnahmt hat, also eine Zahlung aus der abgetretenen Forderung vom sog. Drittschuldner erhält.Sachverhalt: Die Klägerin war eine Bank, deren Kunde u.a. die A-GmbH war. Die A-GmbH verfügte über ein Kontokorrentkonto mit einer Kreditlinie in einer bestimmten Höhe. Die A-GmbH trat ihre Forderungen gegen ihre Schuldner (sog. Drittschuldner) an die Klägerin im Wege der sog. Globalzession ab. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der A-GmbH kündigte die Klägerin den Kreditvertrag zum 31.8.2011. Das Kontokorrentkonto hatte sich im Juli und August 2011 durchgehend im Soll befunden, jedoch nicht die vereinbarte Kreditlinie überschritten. Die Umsatzsteuer für Juli und August 2011 zahlte die A-GmbH nicht. Daraufhin erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid gegen die Klägerin über Umsatzsteuer der A-GmbH für Juli und August 2011.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurück: Voraussetzung der Haftung für die Umsatzsteuer ist die Vereinnahmung der vom Drittschuldner im Bruttobetrag geschuldeten Umsatzsteuer durch die Klägerin als Zessionarin (Abtretungsempfängerin). Die Klägerin hat unmittelbar keine Zahlungen erhalten, da die Drittschuldner die Zahlungen auf das Kontokorrentkonto der A-GmbH überwiesen haben. Eine solche Überweisung auf das Konto des abtretenden Unternehmers (Zedent) stellt nur dann eine Vereinnahmung dar, wenn der Zessionar (Klägerin) über den Betrag wirtschaftlich verfügen kann. Hingegen liegt eine Vereinnahmung nicht vor, wenn die A-GmbH als Zedentin den Gutschriftsbetrag abheben oder für Überweisungen nutzen kann und die Klägerin als Zessionarin dies nicht verhindern kann. Im Streitfall befand sich das Kontokorrentkonto der A-GmbH im Soll. Die Überweisungen der Drittschuldner auf das im Soll befindliche Kontokorrentkonto führen nur dann zu einer Vereinnahmung durch die Klägerin, wenn die A-GmbH als Zedentin damit Verbindlichkeiten der Bank (Klägerin) tilgt oder wenn die A-GmbH über ihr im Soll befindliches Kontokorrentkonto nicht mehr frei verfügen kann, weil sie z.B. ihre Kreditlinie erheblich überschritten hat und die Bank Belastungsbuchungen nicht mehr ausführt. Es kommt damit entscheidend darauf an, ob die Bank als Zessionarin die Kreditlinie, die sie ihrem Kunden (A-GmbH) eingeräumt hat, beachtet. Macht sie das und bleibt der Zedent (A-GmbH) innerhalb der ihm eingeräumten Kreditlinie, liegt keine Vereinnahmung durch die Bank (Klägerin) vor, weil der Bankkunde wirtschaftlich verfügungsberechtigt bleibt. Hinweise: Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, damit dieses prüft, ob die Kündigung des Kontokorrentvertrags zum 31.8.2011 zu einer Vereinnahmung geführt hat. Die Umsatzsteuer für Juli 2011 und für August 2011 wurde aufgrund einer Dauerfristverlängerung erst nach dem 31.8.2011 fällig, nämlich am 10.9.2011 bzw. am 10.10.2011. Die Kündigung des Kontokorrentvertrags verhinderte die Zahlung der Umsatzsteuer für Juli und August 2011 durch die A-GmbH. Die hier streitige Haftung betrifft nur die Umsatzsteuer, nicht aber andere Steuern. Der Gesetzgeber will mit der Haftung Umsatzsteuerausfälle verhindern und begründet deshalb eine Art „Garantiehaftung“ des Zessionars, der häufig eine Bank ist. Quelle: BFH, Urteil v. 29.11.2022 – XI R 2/22; NWB