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Kategorie: Steuern

  • Videoverhandlung beim Finanzgericht mit Bildschirm im Rücken der Beteiligten

    Videoverhandlung beim Finanzgericht mit Bildschirm im Rücken der Beteiligten

    Eine Videoverhandlung beim Finanzgericht (FG) verletzt das Recht auf rechtliches Gehör, wenn sich der Videobildschirm, auf dem der Prozessgegner zu sehen ist, im Rücken eines Prozessbeteiligten im Sitzungssaal befindet, so dass sich der Prozessbeteiligte immer umdrehen muss, um den Prozessgegner zu sehen. Hintergrund: Eine mündliche Verhandlung beim Finanzgericht kann in Gestalt einer Videokonferenz durchgeführt werden. Der Kläger und sein Bevollmächtigter oder auch der Beklagte (Finanzamt) sind dann im Sitzungssaal im Gericht nicht persönlich anwesend, sondern nehmen per Videoübertragung an der Verhandlung teil. Sachverhalt: Die Klägerin klagte gegen das Finanzamt. Es kam zu einer Videoverhandlung im Finanzgericht, bei der die Klägerin im Sitzungssaal saß, während das Finanzamt per Video zugeschaltet war. Der Bildschirm, auf dem der Finanzamtsvertreter zu sehen war, befand sich im Rücken der Klägerin, die Richterbank stand hingegen vor ihr. Die Klägerin musste sich daher um 180 Grad wenden, um den Finanzamtsvertreter auf dem Bildschirm zu sehen. Die Klägerin verlor ihre Klage und erhob gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH). Entscheidung: Der BFH gab der Nichtzulassungsbeschwerde statt, hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zur weiteren Entscheidung zurück: Die Videoverhandlung beim FG hat den Anspruch der Klägerin auf das rechtliche Gehör verletzt. Zum rechtlichen Gehör bei einer Videoverhandlung gehört es nämlich, dass der Prozessbeteiligte zeitgleich die Richterbank und die anderen Prozessbeteiligten sehen und hören kann. Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn die Klägerin den zugeschalteten Finanzamtsvertreter nur dann sehen kann, wenn sie sich um 180 Grad dreht. Denn dann kann die Klägerin nicht zugleich die Richterbank sehen und bekommt nicht mit, ob sich zwischen der Richterbank und dem Finanzamtsvertreter eine nonverbale Kommunikation durch Mimik oder Gestik entwickelt. Zwar muss die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör grundsätzlich gerügt werden, weil auf diesen Anspruch verzichtet werden kann; ohne Rüge kommt es zu einem Rügeverlust, so dass eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf einen Verfahrensfehler gestützt werden kann. Das Rügeerfordernis gilt aber nicht, wenn der Prozessbeteiligte – wie im Streitfall – nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten wird. Denn als Laie konnte sie das Rügeerfordernis nicht erkennen. Hinweise: Das FG muss nun neu über die eigentliche Streitfrage, zu der sich der BFH nicht geäußert hat, entscheiden.Der BFH hat bereits vor kurzem entscheiden, dass der extern zugeschaltete Prozessbeteiligte bei einer Videoverhandlung die gesamte Richterbank während der überwiegenden Dauer der Verhandlung auf dem Bildschirm sehen muss und nicht nur einen einzelnen Richter, etwa den Vorsitzenden. Anderenfalls ist das Gericht nicht ordnungsgemäß besetzt, weil der Prozessbeteiligte nicht erkennen kann, ob die Richter pünktlich erscheinen oder vorübergehend den Sitzungssaal verlassen oder auch einschlafen. Bei der ordnungsgemäßen Besetzung handelt es sich um einen sog. absoluten Revisionszulassungsgrund, so dass eine Rüge nicht erforderlich ist. Quelle: BFH, Beschluss vom 18.8.2023 – IX B 104/22; NWB

  • Werbungskostenabzug einer ehrenamtlichen Gewerkschafterin und Pensionärin

    Werbungskostenabzug einer ehrenamtlichen Gewerkschafterin und Pensionärin

    Eine pensionierte Beamtin, die ehrenamtlich in der Gewerkschaft tätig ist, kann die Aufwendungen, die ihr im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit entstehen, als Werbungskosten von ihren Versorgungsbezügen abziehen. Denn ihre ehrenamtliche Tätigkeit für die Gewerkschaft dient mittelbar auch der Verbesserung ihrer Versorgungsbezüge.Hintergrund: Pensionierte Beamte müssen ihre Versorgungsbezüge als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit versteuern. Sachverhalt: Die Klägerin war im Streitjahr 2016 pensionierte Landesbeamtin und erhielt Versorgungsbezüge. Bis zur Pensionierung war sie hauptamtlich für die Gewerkschaft tätig und als Beamtin von ihrer Beamtentätigkeit freigestellt gewesen. Seit ihrer Pensionierung war sie ehrenamtlich in verschiedenen Gremien der für den öffentlichen Dienst zuständigen Gewerkschaft tätig. Die ihr durch die ehrenamtliche Tätigkeit entstandenen Aufwendungen machte sie als Werbungskosten bei ihren Versorgungsbezügen geltend. Das Finanzamt erkannte den Werbungskostenabzug nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte den Werbungskostenabzug an und gab der Klage statt: Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der berufliche Anlass der Aufwendungen ist zu bejahen, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht. Im Streitfall ist ein beruflicher Veranlassungszusammenhang zu bejahen, weil die Gewerkschaftsarbeit der Klägerin auch auf die Verbesserung ihrer Einkünfte als Pensionärin zielte. Gewerkschaften setzen sich nämlich nicht nur für die berufstätigen Arbeitnehmer und Beamten, sondern auch für die Erwerbsinteressen der Pensionäre ein. So bemüht sich eine Gewerkschaft darum, dass die Ergebnisse einer Tarifrunde im öffentlichen Dienst zeitgleich und systemgerecht bzw. wirkungsgleich auf den Bereich Besoldung und Versorgung übertragen werden. Hinweise: Das Urteil lässt sich auch auf Rentner übertragen, die als Rentner ehrenamtlich für ihre Gewerkschaft tätig sind. Die Aufwendungen sind dann bei der Ermittlung der sonstigen Einkünfte, zu denen Rentenbezüge gehören, zu berücksichtigen. Der BFH grenzt sich in seinem aktuellen Urteil von einer früheren Entscheidung ab: Damals hatte der BFH Aufwendungen einer emeritierten Professorin für eine gegenwärtig ausgeübte Forschungstätigkeit steuerlich nicht als Werbungskosten bei den Versorgungsbezügen anerkannt. Dies lag daran, dass die Forschungstätigkeit nicht mit den Versorgungsbezügen zusammenhing, da die Versorgungsbezüge auch ohne Forschungstätigkeit gezahlt worden wären. Für den Werbungskostenabzug kommt es nicht darauf an, ob sich die Aufwendungen konkret auf die Höhe der Einnahmen auswirken. Der Steuerpflichtige hat einen Ermessensspielraum, ob und welche Aufwendungen er zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung seiner Einnahmen tätigt. Quelle: BFH, Urteil vom 28.6.2023 – VI R 17/21; NWB

  • Bildung und Auflösung einer Rücklage für ausgeschiedenen Mitunternehmer

    Bildung und Auflösung einer Rücklage für ausgeschiedenen Mitunternehmer

    Verkauft ein Gesellschafter einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) seinen Mitunternehmeranteil, kann er seinen Veräußerungsgewinn durch eine Rücklage neutralisieren, soweit der Gewinn auf Immobilien entfällt. Ob diese Rücklage zulässig ist, entscheidet das für die Gewinnfeststellung der Mitunternehmerschaft zuständige Finanzamt. Tätigt der ausgeschiedene Mitunternehmer innerhalb der vierjährigen Reinvestitionsfrist keine begünstigte Investition (z.B. in seinem Einzelunternehmen), muss die Rücklage gewinnerhöhend unter Erhöhung eines sog. Gewinnzuschlags aufgelöst werden; über die gewinnerhöhende Auflösung entscheidet das für die Einkommensteuer des ausgeschiedenen Mitunternehmers zuständige Finanzamt. Hintergrund: Bestimmte Veräußerungsgewinne, z.B. aus dem Verkauf von Immobilien, können durch eine Rücklage zunächst neutralisiert werden. Der Steuerpflichtige hat dann grundsätzlich vier Jahre Zeit, eine begünstigte Investition zu tätigen, z.B. eine neue Immobilie anzuschaffen. Er kann dann die Rücklage von den Anschaffungskosten des neuen Wirtschaftsguts abziehen, so dass sich die Abschreibungen auf das neue Wirtschaftsgut mindern. Unterbleibt die Investition, wird die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst und um einen sog. Gewinnzuschlag von 6 % für jedes Jahr, in dem die Rücklage bestand, erhöht.Sachverhalt: Der Kläger war Mitunternehmer der A-KG. Er veräußerte am 30.6.2006 seinen Mitunternehmeranteil an der A-KG. Der Veräußerungsgewinn entfiel in vollem Umfang auf Immobilien, so dass der Kläger seinen Veräußerungsgewinn durch eine Rücklage neutralisieren konnte. Allerdings geriet er mit der A-KG in Streit, die keine Rücklage für den Kläger bilden wollte. Der Kläger legte daher gegen den Gewinnfeststellungsbescheid für die A-KG für 2006 Einspruch ein und hatte Erfolg; allerdings dauerte dies bis zum Jahr 2017, so dass erst im November 2017 ein geänderter Gewinnfeststellungsbescheid für 2006 erging, in dem die Rücklage berücksichtigt wurde. Der Kläger hatte im vierjährigen Reinvestitionszeitraum 2007 bis 2010 keine Investition getätigt, so dass die Rücklage im Jahr 2010 gewinnerhöhend aufgelöst werden musste. Das für die A-KG zuständige Finanzamt informierte das Wohnsitzfinanzamt des Klägers, das im Oktober 2018 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 erließ, in dem es die Rücklage gewinnerhöhend auflöste und um einen Gewinnzuschlag von 6 % jährlich erhöhte. Der Kläger wehrte sich gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Der Kläger durfte im Feststellungszeitraum 2006 seinen Gewinn aus der Veräußerung seines KG-Anteils durch eine Rücklage neutralisieren; denn der Gewinn beruhte ausschließlich auf den stillen Reserven der Immobilien der A-KG. Die Rücklage war in der Sonderbilanz des Klägers bei der A-KG zu bilden. Die Entscheidung, ob eine Rücklage nach § 6b EStG zulässig ist, war von dem für die Gewinnfeststellung der A-KG zuständigen Finanzamt zu treffen. Diese Entscheidung hat das für die A-KG zuständige Finanzamt aufgrund des Einspruchs des Klägers im November 2017 getroffen. Die Rücklage war im Jahr 2010 gewinnerhöhend aufzulösen, da der Kläger die Reinvestition nicht innerhalb der Reinvestitionsfrist durchgeführt hat. Die Entscheidung über die Auflösung der Rücklage war von dem für die Einkommensteuer des Klägers zuständigen Finanzamt zu treffen. Die Entscheidung über die Auflösung der Rücklage konnte nicht im Gewinnfeststellungsverfahren der Personengesellschaft für 2010 getroffen werden, weil der Kläger im Jahr 2010 nicht mehr an der A-KG beteiligt war. Das für den Kläger zuständige Finanzamt durfte daher den Einkommensteuerbescheid des Klägers für 2010 ändern und nachträgliche gewerbliche Einkünfte aufgrund der Auflösung der Rücklage und des Gewinnzuschlags ansetzen. Hinweise: Die Änderung des Einkommensteuerbescheids konnte aufgrund einer sog. widerstreitenden Steuerfestsetzung erfolgen. Denn infolge der Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids der A-KG für 2006, in dem nun eine Rücklage in der Sonderbilanz des Klägers angesetzt wurde, ergab sich ein Widerstreit, d.h. Widerspruch, zum Einkommensteuerbescheid 2010, weil in diesem eine Rücklage nicht aufgelöst worden war. Das Gesetz sieht in einem solchen Fall eine Änderungsmöglichkeit vor, die zudem eine eigenständige Verjährungsregelung enthält. Hätte sich der Kläger im Jahr 2006 gegen die Bildung einer Rücklage entschieden, wäre zwar im Jahr 2006 ein Veräußerungsgewinn entstanden; dieser Veräußerungsgewinn wäre aber tarifbegünstigt gewesen, so dass die steuerliche Belastung etwas niedriger ausgefallen wäre. Von dieser Tarifermäßigung konnte der Kläger im Jahr 2010 bei seinem Gewinn aus der Auflösung der Rücklage nicht mehr profitieren. Quelle: BFH, Urteil vom 12.7.2023 – X R 14/21; NWB

  • Grunderwerbsteuer: Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs

    Grunderwerbsteuer: Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs

    Die Grunderwerbsteuer für einen grunderwerbsteuerbaren Verkauf wird aufgehoben, wenn der Verkauf innerhalb von zwei Jahren rückgängig gemacht wird und der Verkauf innerhalb der gesetzlichen Anzeigefrist der Grunderwerbsteuerstelle des Finanzamts angezeigt worden war. Dabei genügt es, wenn der Notar den Verkauf innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Anzeigefrist angezeigt hat. Hintergrund: Die Grunderwerbsteuer entsteht grundsätzlich mit Abschluss eines Grundstückskaufvertrags oder bei einem Verkauf von Anteilen an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft, wenn dadurch bestimmte Beteiligungsquoten überschritten bzw. erreicht werden. Der Gesetzgeber lässt bei Rückgängigmachung des Grundstückskaufvertrags innerhalb von zwei Jahren eine Aufhebung der Grunderwerbsteuer zu. Die Grunderwerbsteuer kann aber nur dann aufgehoben werden, wenn der Erwerbsvorgang fristgerecht, d.h. innerhalb von zwei Wochen, und in allen Teilen vollständig angezeigt worden ist. Sachverhalt: Die Klägerin war im Jahr 2016 an einer grundbesitzenden GmbH mit 90,1 % beteiligt. Weitere Gesellschafterin war eine AG mit einer Beteiligung von 9,9 %. Mit notariellem Vertrag vom 22.12.2016 verkaufte die AG ihre Beteiligung an der GmbH an die Klägerin; dieser Verkauf war grunderwerbsteuerbar. Der Verkauf musste aber noch von einem weiteren Vorstandsmitglied der AG genehmigt werden. Die Genehmigung wurde am 23.12.2016 erteilt und ging am 30.12.2016 beim Notar ein. Der Notar übersandte eine Veräußerungsanzeige an das für die Körperschaftsteuer zuständige Finanzamt, das die Unterlagen an das für die Grunderwerbsteuer zuständige Finanzamt weiterleitete, wo sie am 12.1.2017 eingingen. Das Finanzamt setzte daraufhin Grunderwerbsteuer fest. Am 12.6.2018 wurde der Anteilsverkauf rückgängig gemacht. Die Klägerin beantragte die Aufhebung der Grunderwerbsteuer; das Finanzamt lehnte dies ab, weil der Anteilsverkauf vom 22.12.2016 nicht innerhalb von zwei Wochen angezeigt worden sei. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hob die Grunderwerbsteuer auf und gab der Klage statt: Eine Aufhebung der Grunderwerbsteuer ist nicht nur bei der Rückgängigmachung eines Grundstückskaufvertrags, sondern auch bei der Rückgängigmachung eines Anteilskaufvertrags möglich. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist der Anteilsverkauf vom 22.12.2016 fristgerecht, d.h. innerhalb von zwei Wochen, und vollständig angezeigt worden. Es genügt nämlich, wenn einer von mehreren Anzeigeverpflichteten (Notar oder Steuerschuldner) der Anzeigepflicht ordnungsgemäß und fristgerecht nachkommt. Zwar hat der Notar seine eigene Anzeigepflicht nicht fristgerecht erfüllt; denn er hätte innerhalb von zwei Wochen, nach dem 22.12.2016, dem für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt die Veräußerungsanzeige übersenden müssen; dort ist sie aber erst am 12.1.2017 und damit nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist eingegangen. Jedoch hat der Notar die Anzeigepflicht der Klägerin erfüllt; denn für die Klägerin begann die Zwei-Wochen-Frist erst mit der Kenntnisnahme von der am 30.12.2016 beim Notar eingegangenen Genehmigung des Vertrags durch das weitere Vorstandsmitglied. Mit dem Eingang der Veräußerungsanzeige am 12.1.2017 bei dem für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt ist die Anzeige damit innerhalb der für die Klägerin als Steuerschuldnerin geltenden Anzeigefrist eingegangen. Hinweise: Im Ergebnis hat der Notar die Anzeigepflicht der Klägerin innerhalb der für die Klägerin geltenden Anzeigefrist erfüllt. Dies war möglich, weil es zwei unterschiedliche Anzeigepflichten gab, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten begannen, nämlich für den Notar mit dem Anteilskaufvertrag und für die Klägerin mit der Kenntnisnahme von der Genehmigung durch das Vorstandsmitglied. Dies wäre beinahe noch schiefgegangen, weil der Notar die Veräußerungsanzeige an das falsche Finanzamt übersandt hat, nämlich an das für die Körperschaftsteuer zuständige Finanzamt; es genügte jedoch, dass dieses die Anzeige an das Grunderwerbsteuer-Finanzamt weiterleitete und die Anzeige dort vor Ablauf der Frist einging. Die Erfüllung der Anzeigepflicht als Voraussetzung für die Aufhebung der Grunderwerbsteuer soll dem Anreiz entgegenwirken, die Anzeige zu unterlassen und damit einer Besteuerung des Grundstückskaufvertrags oder Anteilskaufvertrags zu entgehen. Quelle: BFH, Urteil vom 21.6.2023 – II R 2/21; NWB

  • Aufwendungen eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares für Leihmutter nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar

    Aufwendungen eines gleichgeschlechtlichen Ehepaares für Leihmutter nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar

    Ein gleichgeschlechtliches Ehepaar kann die Kosten für eine Leihmutter, die in den USA das Kind des einen Ehegatten nach vorheriger künstlicher Befruchtung der Eizelle einer anderen Frau austrägt, nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzen. Denn die ungewollte Kinderlosigkeit des gleichgeschlechtlichen Ehepaares ist nicht krankheitsbedingt, sondern beruht auf den biologischen Grenzen der Fortpflanzung.Hintergrund: Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, weil er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, und die notwendig und angemessen sind, können als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden. Ein typisches Beispiel hierfür sind Krankheitskosten.Sachverhalt: Die Kläger waren zwei Männer, die im Streitjahr 2017 heirateten und zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Einer der beiden Männer ließ die Eizelle einer in den USA lebenden Frau künstlich befruchten. Anschließend wurde diese befruchtete Eizelle einer anderen in den USA lebenden Frau als sog. Leihmutter eingesetzt, die das Kind austrug und anschließend den Klägern übergab. Die Kläger machten die Aufwendungen für die Leihmutterschaft als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an, weil eine Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Zwar gehören Krankheitskosten zu den außergewöhnlichen Belastungen, jedoch waren die Kläger nicht krank. Ihre ungewollte Kinderlosigkeit war nicht Folge einer Erkrankung eines der beiden Ehegatten, sondern Folge der biologischen Grenzen der Fortpflanzung. Die Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen folgt auch nicht daraus, dass der andere Ehegatte, der nicht an der künstlichen Befruchtung beteiligt war, nach eigenen Angaben unter dem unerfüllten Kinderwunsch psychisch litt. Denn eine Ersatzmutterschaft kann nicht als medizinisch indizierte Heilbehandlung zur Heilung einer seelischen Erkrankung angesehen werden; zudem würde dies das Kind zu einem bloßen medizinischen Heilmittel herabwürdigen, das zur Linderung einer seelischen Krankheit eingesetzt wird. Außerdem ist der Abzug als außergewöhnliche Belastung deshalb ausgeschlossen, weil die Leihmutterschaft mit deutschem Recht zum Schutz von Embryonen nicht vereinbar ist. Nach deutschem Recht darf nämlich auf eine Frau keine Eizelle einer anderen Frau zwecks reproduktionsmedizinischer Behandlung übertragen werden. Ebenso ist es verboten, dass eine Ersatz- bzw. Leihmutter ihr Kind nach der Geburt einem Dritten auf Dauer überlässt. Hinweis: Der BFH hat keine verfassungsrechtlichen Zweifel an dem Verbot der Ersatzmutterschaft und der Eizellenspende. Denn das Verbot dient der Verhinderung einer Aufspaltung der Mutterschaft in eine genetische Mutter und eine austragende Mutter. Quelle: BFH, Urteil vom 10.8.2023 – VI R 29/21; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: Oktober 2023)

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: Oktober 2023)

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Oktober 2023 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2023 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben v. 1.11.2023 – III C 3 – S 7329/19/10001 :005 (2023/1035752); NWB

  • Erbschaftsteuer: Einkommensteuer für rückwirkend von den Erben erklärte Betriebsaufgabe ist keine Nachlassverbindlichkeit

    Erbschaftsteuer: Einkommensteuer für rückwirkend von den Erben erklärte Betriebsaufgabe ist keine Nachlassverbindlichkeit

    Die Einkommensteuer, die aufgrund einer von den Erben nach dem Tod des Erblassers und Betriebsinhabers rückwirkend erklärten Betriebsaufgabe entsteht, ist keine erbschaftsteuerliche Nachlassverbindlichkeit. Sie mindert daher nicht die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer. Hintergrund: Bei der Erbschaftsteuer mindert sich der Wert des Nachlasses um Nachlassverbindlichkeiten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehört u.a. auch die Einkommensteuer, die auf Einkünfte des Erblassers entfällt. Sachverhalt: Die Kläger waren Miterben des im Jahr 2016 verstorbenen Erblassers E, der bis zu seinem Tod einen Bauernhof betrieben hatte. Nach dem Tod des E erklärten die Erben eine Betriebsaufgabe für den Bauernhof, und zwar drei Monate rückwirkend; eine solche Rückwirkung ist gesetzlich möglich. Hierdurch kam es zu einem einkommensteuerlichen Aufgabegewinn mit einer entsprechenden Einkommensteuer des Erblassers für 2016. Die Kläger machten diese Einkommensteuer als Nachlassverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer geltend. Das Finanzamt erkannte die Nachlassverbindlichkeit nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Zwar gehört zu den Nachlassverbindlichkeiten auch die Einkommensteuer des Erblassers, wenn sie entweder bis zum Tod des Erblassers festgesetzt worden ist, oder aber wenn sie auf Einkünfte des Erblassers entfällt, die dieser bis zu seinem Tod erzielt hat. Im Streitfall waren diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt. Denn weder war die Einkommensteuer für 2016 für E vor seinem Tod festgesetzt worden, noch hatte der Erblasser den Aufgabegewinn erzielt. Die Einkommensteuer auf den Aufgabegewinn war nämlich erst aufgrund der rückwirkend von den Klägern erklärten Betriebsaufgabe entstanden. E selbst hatte keine Aufgabeerklärung bis zu seinem Tod abgegeben, so dass der Bauernhof mit seinem Tod auf die Kläger als Miterben überging. Hinweise: Anders wäre zu entscheiden gewesen, wenn der Erblasser noch den Tatbestand für die Entstehung der Einkommensteuer selbst verwirklicht hätte, die Höhe der Einkommensteuer im Todeszeitpunkt aber noch nicht genau festgestanden hätte, weil die Erben noch mögliche steuerliche Wahlrechte ausüben konnten. Der Streitfall unterschied sich jedoch hiervon, weil es erst durch die von Miterben erklärte Betriebsaufgabe zu einem rückwirkenden Aufgabegewinn gekommen ist. Quelle: BFH, Urteil vom 10.5.2023 – II R 3/21; NWB

  • Aufrechnung des Finanzamts bei der umsatzsteuerlichen Rückabwicklung der sog. Bauträger-Fälle

    Aufrechnung des Finanzamts bei der umsatzsteuerlichen Rückabwicklung der sog. Bauträger-Fälle

    Hat ein Bauunternehmer bis 2013 Bauleistungen an einen Bauträger erbracht, der eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft darstellt, und ist hierbei einvernehmlich das sog. Reverse-Charge-Verfahren angewendet worden, so dass der Organträger die Umsatzsteuer für den Bauunternehmer an das Finanzamt abgeführt hat, kann der Organträger vom Finanzamt die Erstattung dieser Umsatzsteuer verlangen, da der BFH im Jahr 2013 die Nichtanwendbarkeit des Reverse-Charge-Verfahrens bei Bauleistungen an Bauträgern festgestellt hat. In diesem Fall kann sich das Finanzamt aber von dem Bauunternehmer dessen zivilrechtlichen Anspruch gegen den Bauträger auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags abtreten lassen, und mit diesem Anspruch gegen einen Steuererstattungsanspruch des Bauträgers aufrechnen. Diese Abtretung und Aufrechnung sind trotz der umsatzsteuerlichen Organschaft möglich.Hintergrund: Bei Bauleistungen unter Unternehmern gilt grundsätzlich das sog. Reverse-Charge-Verfahren, d.h. Umsatzsteuerschuldner ist der Leistungsempfänger (Auftraggeber). Nach Auffassung der Finanzverwaltung galt dies ursprünglich auch bei Bauleistungen an einen Bauträger, der unbebaute Grundstücke bebaut und anschließend verkauft. Im Jahr 2013 entschied der Bundesfinanzhof (BFH) aber, dass bei Bauleistungen an einen Bauträger das Reverse-Charge-Verfahren nicht gilt, weil der Bauträger selbst keine Bauleistungen erbringt, sondern nur Grundstücke verkauft. Daraufhin beantragten viele Bauträger die Erstattung der von ihnen zu Unrecht entrichteten Umsatzsteuer. Die Finanzämter versuchten nun, die Umsatzsteuer von den Bauunternehmern zu erhalten. Der Gesetzgeber hat daraufhin die Rückabwicklung dieser Fälle gesetzlich geregelt und u.a. eine Abtretung des zivilrechtlichen Anspruchs des Bauunternehmers auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags auf die Bauleistungen vorgesehen.Sachverhalt: Die Klägerin war Bauträgerin und eine umsatzsteuerliche Organgesellschaft des Organträgers U. Das heißt, dass U die Umsatzsteuer auf Leistungen der Klägerin sowie auf Leistungen, die an die Klägerin erbracht wurden, und dem Reverse-Charge-Verfahren unterlagen, entrichtete. Der Bauunternehmer B erbrachte bis 2013 Bauleistungen an die Klägerin, auf die die Klägerin und B einvernehmlich, und auf der Grundlage der damaligen Verwaltungsauffassung, das sog. Reverse-Charge-Verfahren anwandten, so dass U als Organträger der Klägerin die Umsatzsteuer für B abführte. Im Jahr 2013 entschied der BFH, dass das Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen an einen Bauträger nicht gilt. Daraufhin beantragte U im Jahr 2014 die Erstattung der von ihm für B entrichteten Umsatzsteuer. Das Finanzamt nahm nun B für die Umsatzsteuer in Anspruch, der daraufhin seinen zivilrechtlichen Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags an das Finanzamt abtrat. Das Finanzamt rechnete mit diesem zivilrechtlichen Anspruch im Jahr 2016 gegen Körperschaftsteuererstattungsansprüche der Klägerin für 2015 und 2016 auf. Die Klägerin wehrte sich gegen die Aufrechnung.Entscheidung: Der BFH wies die Klage ab: Die Voraussetzungen der Aufrechnung lagen vor. Das Finanzamt hatte im Wege der Abtretung von B dessen zivilrechtlichen Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags, der aufgrund der Bauleistungen entstand, erworben: B hatte Bauleistungen an die Klägerin erbracht und keinen Nettopreis vereinbart. Vielmehr gingen B und die Klägerin davon aus, dass die Klägerin bzw. deren Organträger U die Umsatzsteuer für B an das Finanzamt abführt. Nach der Zivilrechtsprechung des Bundesgerichtshofs lebt der zivilrechtliche Anspruch des Bauunternehmers auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags aber wieder in dem Moment auf, in dem der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach der Veröffentlichung des BFH-Urteils im Jahr 2013 vom Finanzamt zurückfordert. Das Finanzamt hatte diesen zivilrechtlichen Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags im Wege der Abtretung von B erworben und konnte mit diesem Anspruch gegen die Körperschaftsteuererstattungen der Klägerin aufrechnen. Das Finanzamt kann auch mit einer bestrittenen Forderung aufrechnen, wenn sich – wie hier – herausstellt, dass die Forderung, d.h. der zivilrechtliche Anspruch auf Zahlung des Umsatzsteuerbetrags besteht. Unbeachtlich ist, dass nicht die Klägerin die Erstattung der Umsatzsteuer vom Finanzamt gefordert hat, sondern der Organträger U; denn als Organträger war U umsatzsteuerlicher Leistungsempfänger und musste daher aufgrund der einvernehmlichen Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Dementsprechend konnte jetzt auch nur U die Umsatzsteuer wieder zurückfordern, weil das Reverse-Charge-Verfahren nach dem BFH-Urteil im Jahr 2013 nicht hätte angewendet werden dürfen. Hinweise: Der Fall hat die Besonderheit, dass auf Seiten des Leistungsempfängers (Klägerin) eine umsatzsteuerliche Organschaft bestand, so dass auch noch U als Organträger umsatzsteuerlich beteiligt war. Der BFH macht nun deutlich, dass es für die Aufrechnung keine Rolle spielt, dass U weder an der Abtretung noch an der Aufrechnung beteiligt war. Die Klägerin erhält zwar nun keine Körperschaftsteuererstattungen, während dem U die Umsatzsteuer erstattet wird; nach dem BFH kann hier aber ein interner Gesamtschuldnerausgleich unter den Organschaftsmitgliedern (U und Klägerin) in Betracht kommen. Quelle: BFH, Urteil vom 24.5.2023 – XI R 45/20; NWB

  • Passivierung erhaltener Zahlungen bei einer Immobilienentwicklungsgesellschaft

    Passivierung erhaltener Zahlungen bei einer Immobilienentwicklungsgesellschaft

    Erhält eine Immobilienentwicklungsgesellschaft für ihre Tätigkeit ein pauschales Tätigkeitshonorar, das sich an der Höhe der Gesamtinvestition orientiert und das in monatlichen Raten ausgezahlt wird, dürfen die monatlichen Zahlungen nur insoweit durch einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten gewinnneutral erfasst werden, als die Zahlungen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen. Dies setzt voraus, dass die Zuordnung der Zahlungen zu einer bestimmten Zeit auf allgemein-gültigen Maßstäben beruht; eine bloße Schätzung der zeitlichen Komponente durch die Immobilienentwicklungsgesellschaft genügt nicht. Hintergrund: Ein bilanzierender Kaufmann muss Einnahmen, die ihm vor dem Bilanzstichtag zufließen, und die aber Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen, passivisch abgrenzen und einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden. Dieser Posten wird dann im nächsten Wirtschaftsjahr, dem der Ertrag zuzuordnen ist, gewinnerhöhend aufgelöst. Ein typisches Beispiel hierfür ist eine Mieteinnahme, die dem Kaufmann, der einen Teil seiner Geschäftsräume vermietet, im Dezember für den Januar des Folgejahres zufließt. Sachverhalt: Die Klägerin war eine Immobilienentwicklungsgesellschaft, die zu einem Konzern gehörte und für andere Konzerngesellschaften Bauprojekte entwickelte. Hierfür erhielt sie Tätigkeitshonorar in Höhe von 6 % der Gesamtinvestitionskosten, das in monatlichen Raten auf der Grundlage der voraussichtlichen Bauzeit ausgezahlt wurde. Je nach Projekt erhielt die Klägerin zwischen 12 und 30 Raten. Die Klägerin unterteilte ihre Entwicklungsleistung in fünf Phasen und ordnete diesen Phasen jeweils einen Zeitraum und einen Anteil am Gesamthonorar zu (z.B. 15 % für die Projektinitiierung, 35 % für die Vorbereitungsphase). Dem sich danach ergebenden Anteil und Zeitraum für die jeweilige Phase stellte sie die monatlichen Raten gegenüber; soweit die gezahlten Raten höher waren, bildete die Klägerin zum 31.12.2008 einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten, der zum 31.12.2008 ca. 5 Mio. € betrug und den Gewinn für 2008 nicht erhöhte. Das Finanzamt erkannte den Rechnungsabgrenzungsposten ebenso wenig an wie eine hilfsweise passivierte erhaltene Anzahlung. Allerdings berücksichtigte das Finanzamt eine Rückstellung aufgrund eines sog. Erfüllungsrückstands in Höhe von 2,5 Mio. €.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab, die auf eine gewinnneutrale Passivierung von insgesamt 5 Mio. € gerichtet war: Die Klägerin durfte einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten nicht bilden. Denn dieser setzt voraus, dass die monatlich geleisteten Zahlungen ein Entgelt für eine „bestimmte Zeit“ darstellten. Ob sich die Leistung des Unternehmers, und damit auch das Entgelt des Vertragspartners auf eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag bezieht, richtet sich nach allgemein-gültigen Maßstäben, die objektiv kontrollierbar sind. Schätzungen des Unternehmers genügen hingegen nicht. Tatsächlich hat die Klägerin die „bestimmte Zeit“ nur geschätzt, indem sie ihre Gesamtleistungen in fünf Phasen aufgeteilt, die Dauer der einzelnen Phasen geschätzt und das Entgelt auf die einzelnen Phasen im Schätzungswege aufgeteilt hat. Die Schätzungen waren jedoch nicht kontrollierbar und stimmten auch nicht, weil die geschätzten Laufzeiten im Nachhinein tatsächlich länger waren. Eine Passivierung als erhaltene Anzahlung war ebenfalls nicht möglich, weil dies nur bei zeitpunktbezogenen Leistungen des Unternehmers (z.B. einem Warenverkauf) möglich ist, nicht aber bei einer zeitraumbezogenen Leistung wie im Streitfall, die sich auf eine Bauphase bezieht. Hier war nur ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zulässig, der im Streitfall aber an dem Kriterium der bestimmten Zeit scheiterte. Eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands auf der Passivseite ist zwar zulässig, soweit sich der Unternehmer mit seiner Leistung im Rückstand befindet. Hierzu hätte die Klägerin aber konkret vortragen müssen, inwieweit ihr Vertragspartner bereits in Vorleistung getreten ist und sie sich mit ihren Leistungen im Rückstand befand. Ein derartiger konkreter Vortrag ist seitens der Klägerin nicht erfolgt. Hinweise: Es blieb aber bei der vom Finanzamt anerkannten Rückstellung in Höhe von 2,5 Mio. €, weil der BFH nicht verbösern durfte. Das Urteil ist wichtig für Unternehmer, die zeitraumbezogene Leistungen z.B. im Bereich der Beratung oder Betreuung erbringen. Die vor Abschluss der Leistung erhaltenen Zahlungen können nur dann passivisch abgegrenzt werden, wenn sich ein bestimmter Zeitraum nach dem Bilanzstichtag objektiv bestimmen lässt. Ist dies nicht möglich, ist im Ergebnis nur eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands zulässig, für die jedoch konkrete Aufzeichnungen zu führen sind und aus denen sich ergibt, inwieweit die bis zum Bilanzstichtag erhaltenen Zahlungen höher sind als die vom Unternehmer bis zum Bilanzstichtag erbrachten Leistungen. Bei Einnahmen bis zur Höhe von 800 € hat der Unternehmer ein Wahlrecht, einen Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden.Quelle: BFH, Urteil vom 26.7.2023 – IV R 22/20; NWB

  • Abzug der Aufwendungen für Gästehäuser

    Abzug der Aufwendungen für Gästehäuser

    Zwar sind nach dem Gesetz Aufwendungen für Gästehäuser nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn sich das Gästehaus außerhalb des Orts eines Betriebs des Unternehmers befindet. Die Aufwendungen sind jedoch abziehbar, wenn sich das Gästehaus am Ort eines Betriebs des Unternehmers befindet. Die Abziehbarkeit der Betriebsausgaben setzt dann nicht voraus, dass der beherbergte Geschäftsfreund den Betrieb üblicherweise besucht.Hintergrund: Der Gesetzgeber sieht bestimmte Betriebsausgaben als nicht oder nur teilweise abziehbar an. So sind zum Beispiel Aufwendungen für Gästehäuser, die Geschäftsfreunden zur Verfügung gestellt werden und die sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden, nicht als Betriebsausgaben abziehbar.Sachverhalt: Der Kläger war ein Lohnsteuerhilfeverein mit zahlreichen Beratungsstellen. Die Beratungsstellenleiter waren nicht Arbeitnehmer des Klägers, sondern als freie Mitarbeiter tätig. Der Kläger hatte in X einen Schulungsraum, der als Betriebsstätte anzusehen war. Der Kläger mietete in demselben Gebäude, in dem sich der Schulungsraum befand, noch zwei Ferienwohnungen an und überließ diese seinen Beratungsstellenleitern jeweils für eine Woche unentgeltlich. Das Finanzamt erkannte den Betriebsausgabenabzug für die Anmietung der Ferienwohnung unter Hinweis auf das gesetzliche Abzugsverbot für Gästehäuser nicht an, weil die beherbergten Beratungsstellenleiter nicht üblicherweise den Schulungsraum besuchten.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und ließ den Betriebsausgabenabzug zu: Das Betriebsausgabenabzugsverbot für Gästehäuser greift nicht, wenn sich das Gästehaus bzw. die Ferienwohnung am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden. Ein Betrieb kann auch eine Betriebsstätte oder Zweigniederlassung sein. Der Schulungsraum in X war eine Betriebsstätte, und die Ferienwohnungen befanden sich am selben Ort, so dass das Betriebsausgabenabzugsverbot vom Wortlaut her nicht anwendbar war. Es kommt nicht darauf an, ob die beherbergten Beratungsstellenleiter üblicherweise den Betrieb bzw. die Betriebsstätte (Schulungsraum) vor Ort besuchten. Soweit die Finanzverwaltung den Betriebsausgabenabzug davon abhängig macht, dass sich das Gästehaus am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen befindet und zusätzlich der Betrieb üblicherweise von den beherbergten Geschäftsfreunden besucht werden muss, gibt dies der Gesetzeswortlaut nicht her. Außerdem würde es dem Vereinfachungszweck des Abzugsverbots widersprechen, wenn man im Einzelfall aufklären müsste, ob der beherbergte Geschäftsfreund den Betrieb besucht hat. Hinweise: Der BFH widerspricht in seinem aktuellen Urteil der Auffassung der Finanzverwaltung. Dem BFH zufolge sind die Betriebsausgaben bereits dann abziehbar, wenn sich das Gästehaus am Ort des Betriebs, wozu auch eine Zweigniederlassung oder Betriebsstätte gehört, befindet. Außerdem sind die Betriebsausgaben für ein Gästehaus abziehbar, wenn das Gästehaus der Beherbergung von Arbeitnehmern dient. Werden in dem Gästehaus aber Geschäftsfreunde bzw. freie Mitarbeiter untergebracht und befindet sich das Gästehaus nicht am Ort eines Betriebs des Steuerpflichtigen, sind die Betriebsausgaben für das Gästehaus nicht abziehbar. Es genügt dann nicht, dass das Gästehaus aus betrieblichen Gründen unterhalten wird; denn das gesetzliche Abzugsverbot gilt ohnehin nur für betrieblich veranlasste Aufwendungen. Fehlt bereits eine betriebliche Veranlassung, scheidet der Betriebsausgabenabzug von vornherein aus. Quelle: BFH, Urteil v. 24.5.2023 – XI R 37/20; NWB