Keine Kürzung außergewöhnlicher Belastungen um steuerpflichtige Ersatzleistung

Außergewöhnliche Belastungen werden zwar grundsätzlich um
Ersatzleistungen gekürzt, so dass sich nur der geminderte Betrag steuerlich
auswirken kann. Die Kürzung unterbleibt jedoch, soweit die Ersatzleistung
steuerpflichtig ist und deshalb bereits versteuert wird.

Hintergrund: Aufwendungen, die
dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, weil er sich ihnen aus
rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, und
die notwendig und angemessen sind, können als außergewöhnliche Belastungen
abgesetzt werden. Ein typisches Beispiel hierfür sind Krankheitskosten. Soweit
der Steuerpflichtige Ersatzleistungen erhält, z.B. von einer Versicherung,
mindern die Ersatzleistungen die außergewöhnlichen Belastungen.

Sachverhalt: Die Klägerin war
Angestellte im öffentlichen Dienst. Sie erhielt im Jahr 2017 für ihre
verstorbene Mutter ein Sterbegeld in Höhe von ca. 6.500 €, obwohl die
Klägerin nicht Erbin geworden war. Die Klägerin machte in ihrer
Einkommensteuererklärung für 2017 die Kosten für die Beerdigung ihrer Mutter
als außergewöhnliche Belastung geltend; die Beerdigungskosten waren niedriger
als das Sterbegeld. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen
wegen des Sterbegelds nicht an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage weitgehend statt und erkannte die
Beerdigungskosten, gekürzt um den steuerfreien Versorgungsfreibetrag, als
außergewöhnliche Belastungen an:

  • Die Kosten für die Beerdigung eines nahen Angehörigen stellen
    außergewöhnliche Belastungen dar, da eine sittliche Verpflichtung besteht.

  • Die Kosten sind steuerlich insoweit zu berücksichtigen,
    als sie nicht aus dem Nachlass bestritten
    werden
    können oder durch sonstige Geldleistungen, die dem
    Steuerpflichtigen aufgrund des Todes des Angehörigen zugeflossen sind, gedeckt
    werden. Denn im Ergebnis wird der Steuerpflichtige nur in Höhe der Differenz
    zwischen Beerdigungskosten und Ersatzleistung belastet.

  • Diese Minderung der
    außergewöhnlichen Belastungen um Ersatzleistungen ist aber
    nicht vorzunehmen, soweit die Ersatzleistung steuerpflichtig
    ist
    und deshalb versteuert werden muss. Das Sterbegeld war
    ein steuerpflichtiger Versorgungsbezug und musste von der Klägerin als
    Arbeitslohn versteuert werden. Allerdings blieb das Sterbegeld in Höhe des
    Versorgungsfreibetrags steuerfrei. Daher war nur in Höhe des steuerfreien
    Versorgungsfreibetrags eine Minderung der außergewöhnlichen Belastungen
    (Beerdigungskosten) vorzunehmen.

Hinweise: Würde man eine
steuerpflichtige Ersatzleistung von den außergewöhnlichen Belastungen abziehen,
käme es zu einer unzulässigen doppelten steuerlichen
Belastung
. Denn zum einen müsste die Ersatzleistung
versteuert werden, zum anderen wäre der Abzugsbetrag niedriger.

Zu beachten ist, dass sich die – um steuerfreie
Ersatzleistungen geminderten – außergewöhnlichen Belastungen nur dann
steuerlich auswirken, wenn sie die sog. zumutbare Eigenbelastung übersteigen,
die von der Höhe der Einkünfte und vom Familienstand (ledig oder verheiratet
und Anzahl der Kinder) abhängig ist.

Quelle: BFH, Beschluss v. 15.6.2023 – VI R 33/20; NWB