Optiert ein GmbH-Gesellschafter hinsichtlich seiner Dividenden zum
Teileinkünfteverfahren, müssen die Voraussetzungen für die Option nur im Jahr,
für das erstmals die Option gestellt wird, vorliegen. In den folgenden vier
Veranlagungszeiträumen, in denen die Option kraft Gesetzes ebenfalls gilt,
können die Voraussetzungen unterstellt
werden. Fallen die Voraussetzungen in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen
weg, führt dies also nicht zum Wegfall der Option.
Hintergrund: Für Dividenden gilt
ebenso wie für andere Kapitaleinkünfte (z.B. Zinsen) grundsätzlich die
Abgeltungsteuer von 25 %. Der Abzug von Werbungskosten ist damit
ausgeschlossen. Allerdings können GmbH-Gesellschafter, die zu mindestens 1 % an
der GmbH beteiligt sind und für die GmbH in einer bestimmten Weise beruflich
tätig sind oder die zu mindestens 25 % an der GmbH beteiligt sind, zum
Teileinkünfteverfahren optieren: Die Dividenden sind dann zu 60 %
steuerpflichtig, und Werbungskosten können im Umfang von 60 % abgezogen werden.
Der Antrag gilt nach dem Gesetz auch für die folgenden vier
Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen
sind.
Sachverhalt: Der Kläger war an
der X-GmbH zu 12,5 % beteiligt und bis 2011 als Gesellschafter-Geschäftsführer
für die X-GmbH tätig. Anschließend war er bis 31.3.2013 als Arbeitnehmer für
die X-GmbH tätig. Der Kläger stellte für den Veranlagungszeitraum 2013 einen
Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens für seine Dividenden, dem das
Finanzamt entsprach. In den Streitjahren 2014 und 2015 war der Kläger zwar
immer noch zu 12,5 % an der X-GmbH beteiligt, aber nicht mehr für die X-GmbH
tätig. Der Kläger erhielt im Jahr 2014 Dividenden in Höhe von ca. 100.000
€ und im Jahr 2015 in Höhe von ca. 71.000 €. Ihm waren insoweit
Werbungskosten in Höhe von ca. 1.200 € für 2014 und ca. 1.400 €
für 2015 entstanden. In den Streitjahren 2014 und 2015 wandte das Finanzamt das
Teileinkünfteverfahren nicht an, weil der Kläger nicht mehr beruflich für die
GmbH tätig war.
Entscheidung: Der BFH gab der
hiergegen gerichteten Klage statt:
-
Der Kläger hatte für den Veranlagungszeitraum 2013 einen
wirksamen Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gestellt. Die
Voraussetzungen für den Antrag waren zu diesem Zeitpunkt erfüllt, da der Kläger
zu mindestens 1 % an der X-GmbH beteiligt war und er bis 2013 für die X-GmbH
beruflich tätig war. -
Das Teileinkünfteverfahren galt aufgrund des Antrags auch für
die folgenden vier Veranlagungszeiträume 2014 bis 2017. Es ist nicht
erforderlich, dass in den Veranlagungszeiträumen 2014 bis 2017 ebenfalls die
Voraussetzungen für den Antrag vorliegen und
der Kläger ebenfalls noch für die X-GmbH beruflich tätig ist; denn die
Voraussetzungen werden für den Zeitraum 2014 bis 2017 aufgrund des wirksamen
Antrags für 2013 kraft Gesetzes unterstellt. -
Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Voraussetzungen für
den Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens auch in den nächsten vier
Veranlagungszeiträumen erfüllt sein müssen, hätte er dies regeln müssen, z.B.
durch eine Anzeige des Wegfalls der Antragsvoraussetzungen durch den
GmbH-Gesellschafter.
Hinweise: Aufgrund des danach
anwendbaren Teileinkünfteverfahrens waren die Dividenden nur zu 60 %
steuerpflichtig und zu 40 % steuerfrei. Die Werbungskosten konnten entsprechend
zu 60 % abgezogen werden.
Wäre der Kläger in den Streitjahren zu mindestens 25 % an der
X-GmbH beteiligt gewesen, hätte es keinen Streit gegeben, weil bei dieser
Beteiligungshöhe das Teileinkünfteverfahren für Dividenden beantragt werden
kann, ohne dass es einer beruflichen Tätigkeit für die GmbH bedarf. Nur bei
einer Beteiligung von mindestens 1 % bedarf es zusätzlich einer beruflichen
Tätigkeit, die der Kläger ab 2014 nicht mehr ausübte. Seit dem
Veranlagungszeitraum 2017 verlangt der Gesetzgeber, dass die berufliche
Tätigkeit dem Gesellschafter einen maßgeblichen
unternehmerischen Einfluss auf die wirtschaftliche Tätigkeit
der GmbH vermitteln muss.
Der BFH widerspricht mit seinem Urteil der Finanzverwaltung, die
nur von einer Nachweiserleichterung für die Prüfung der Antragsvoraussetzungen
in den vier Folgejahren ausgeht.
Quelle: BFH, Urteil vom 12.12.2023 – VIII R 2/21;
NWB