Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer kann die Kosten für ein
häusliches Arbeitszimmer nach der bis einschließlich 2022 geltenden Rechtslage
auch dann absetzen, wenn ihm im Betrieb seines Arbeitgebers zwar ein
Arbeitsplatz zur Verfügung steht, der Arbeitnehmer aufgrund seiner Behinderung
aber nicht täglich zum Betrieb fahren kann. Nach der bis einschließlich 2022
geltenden Rechtslage war ein Werbungskostenabzug bis zu 1.250 € möglich.
Hintergrund: Nach der bis
einschließlich 2022 geltenden Rechtslage konnten die Kosten für ein häusliches
Arbeitszimmer nur dann abgesetzt werden, wenn entweder für die betriebliche
oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand –
der Abzug war dann auf 1.250 € beschränkt – oder wenn das
Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen
Betätigung bildete; in dem zuletzt genannten Fall war der Abzug unbeschränkt
möglich. Zur neuen Rechtslage s. Hinweise unten.
Sachverhalt: Die Klägerin war
Arbeitnehmerin. Sie war an einer seltenen Erbkrankheit erkrankt und deshalb zu
70 % schwerbehindert. Ihr Arzt hatte ihr eine Bescheinigung ausgestellt, dass
sie wöchentlich an zwei Tagen zu Hause arbeiten soll. Mit ihrem Arbeitgeber
hatte sie vereinbart, dass sie teilweise zu Hause arbeiten könne, falls die
Behinderung dies erfordere. Die Klägerin arbeitete im Streitjahr 2018 einmal
wöchentlich zu Hause und machte die Kosten für ihr häusliches Arbeitszimmer in
Höhe von 1.250 € geltend. Das Finanzamt erkannte den Werbungskostenabzug
mit der Begründung nicht an, dass die Klägerin im Betrieb ihres Arbeitgebers
über einen anderen Arbeitsplatz verfügt habe.
Entscheidung: Das Finanzgericht
Berlin-Brandenburg (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
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Der Werbungskostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer ist
u.a. dann möglich, wenn dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz zur
Verfügung steht. -
Der Begriff des „Zur-Verfügung-Stehens“ ist
subjektiv zu interpretieren. Es muss also nicht nur ein Arbeitsplatz im Betrieb
des Arbeitgebers bereitstehen, sondern seine Inanspruchnahme muss für den
Arbeitnehmer auch subjektiv zumutbar sein.
An der subjektiven Zumutbarkeit fehlt es, wenn der Arbeitnehmer aus
gesundheitlichen Gründen den betrieblichen Arbeitsplatz nicht nutzen
kann. -
Im Streitfall war die subjektive Zumutbarkeit nicht gegeben.
Denn die Klägerin konnte anhand der ärztlichen Bescheinigung und der
arbeitsvertraglichen Regelung nachweisen, dass sie aus gesundheitlichen Gründen
nicht in der Lage war, den betrieblichen Arbeitsplatz täglich zu nutzen. Damit
stand ihr ein anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung, und der
Werbungskostenabzug war möglich.
Hinweise: Das Urteil ist für
Arbeitnehmer, die gesundheitlich beeinträchtigt sind, erfreulich, weil es
jedenfalls bis einschließlich 2022 den Abzug der Werbungskosten für ein
häusliches Arbeitszimmer im Umfang von 1.250 € jährlich ermöglicht, wenn
der Arbeitnehmer nachweisen kann, dass ihm eine werktägliche Nutzung des
betrieblichen Arbeitsplatzes nicht möglich ist.
Die Rechtslage hat sich ab 2023 geändert. Seitdem können
Arbeitnehmer die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann steuerlich
geltend machen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten
betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Liegen diese Voraussetzungen
nicht vor, kann eine sog. Home-Office-Pauschale von täglich 6 € (maximal
1.260 €/Jahr) steuerlich geltend gemacht werden. Der Abzug dieser
Tagespauschale erfolgt grundsätzlich unabhängig davon, ob dem Arbeitnehmer ein
anderer Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers zur Verfügung steht, sondern
setzt lediglich voraus, dass der Arbeitnehmer an dem Tag, für den er die
Pauschale geltend macht, seine berufliche Tätigkeit überwiegend in der
häuslichen Wohnung und nicht im Betrieb ausübt.
Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.9.2022 – 5 K
5138/21; NWB