Steuerliche Berücksichtigung von Kindern beim paritätischen Wechselmodell

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird bei getrennt
lebenden Eltern nur einem Elternteil gewährt, nicht aber aufgeteilt.
Kinderbetreuungskosten können nur bei demjenigen Elternteil berücksichtigt
werden, der sie auch getragen hat.

Hintergrund: Der Gesetzgeber
sieht verschiedene steuerliche Entlastungen vor, wenn der Steuerpflichtige
minderjährige Kinder hat. So können z.B.
Kinderbetreuungskosten abgezogen werden.
Außerdem können alleinerziehende Elternteile
einen Entlastungsbetrag geltend machen.
Schließlich wird für die Kinder Kindergeld
gezahlt; allerdings wird eine sog. Günstigerprüfung durchgeführt, bei der
geprüft wird, ob es für den Steuerpflichtigen günstiger ist, wenn von seinem
Einkommen ein Kinderfreibetrag abgezogen wird. Ist dies der Fall, wird der
(höhere) Kinderfreibetrag steuerlich abgezogen und das (niedrigere) Kindergeld
wieder dem Einkommen hinzugerechnet.

Sachverhalt: Der Kläger wohnte
bis zum 5.9.2015 mit seinem minderjährigen Kind und der Kindesmutter in einem
gemeinsamen Haushalt. Die Kindesmutter zog am 5.9.2015 aus. Bis zum Dezember
2015 wohnte das Kind, das nun bei beiden Eltern gemeldet war, wechselseitig
eine Woche bei seiner Mutter und eine Woche beim Kläger (sog. paritätisches
Wechselmodell). Die Kindesmutter erhielt das Kindergeld.

Der Kläger machte für den Zeitraum September bis Dezember 2015
einen hälftigen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 636 €
geltend. Außerdem machte er Aufwendungen für Kinderbetreuung (Kindergarten- und
Hortgebühren) in Höhe von 690 € als Sonderausgaben geltend; allerdings
hatte die Mutter die Gebühren an den Kindergarten überwiesen. Schließlich
beantragte der Kläger noch den Abzug des Kinderfreibetrags für einen Elternteil
in Höhe von 3.576 €. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten
Beträge und Aufwendungen nicht an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Der Kläger kann keine
    Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben
    geltend machen, weil er die Kosten nicht
    getragen
    hat. Denn die Gebühren für den Kindergarten und Hort
    wurden von der Mutter überwiesen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der den
    hälftigen Betrag der Kindesmutter erstattet hat oder dass er unmittelbar die
    Hälfte der Kosten an den Kindergarten und Hort überwiesen hat. Der Kläger hat
    auch nicht nachgewiesen, dass er im Wege der Aufrechnung die Hälfte der Kosten
    getragen hat.

  • Dem Kläger steht auch nicht der hälftige
    Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
    zu. Der
    Entlastungsbetrag wird nur einem Elternteil gezahlt und nicht
    aufgeteilt
    . Grundsätzlich kommt es darauf an, in wessen
    Haushalt das Kind gemeldet war. War es in
    beiden Haushalten gemeldet wie im Streitfall, können die Eltern festlegen, wer
    von ihnen den Entlastungsbetrag erhalten soll. Treffen die Eltern keine
    derartige Bestimmung, erhält der Elternteil den Entlastungsbetrag, an den auch
    das Kindergeld ausgezahlt wird. Im Streitfall haben der Kläger und die
    Kindesmutter keine Bestimmung dahingehend getroffen, dass der Kläger den
    Entlastungsbetrag erhalten soll; daher war der Entlastungsbetrag der
    Kindesmutter, die das Kindergeld erhalten hat, zu gewähren.

  • Schließlich war dem Kläger auch nicht der einfache
    Kinderfreibetrag zu gewähren, da sich das
    hälftige Kindergeld für ihn vorteilhafter ausgewirkt hat. Zwar hat der Kläger
    das Kindergeld nicht erhalten; der Kläger kann das hälftige Kindergeld aber auf
    seine Barunterhaltsverpflichtung anrechnen.

Hinweise: Der BFH hält es nicht
für verfassungswidrig, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nicht
aufgeteilt, sondern nur einem Elternteil gewährt wird. Es dient nämlich der
Vereinfachung, eine Aufteilung zu vermeiden. Dies gilt auch beim paritätischen
Wechselmodell.

Der Kläger, der den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nun
nicht erhält, ist dennoch nicht schutzlos. Er kann z.B. seine Zustimmung zur
Kindergeldberechtigung der Kindesmutter nur dann erteilen, wenn diese sich
verpflichtet, das Kindergeld zur Hälfte an ihn auszuzahlen. Alternativ kann er
der Auszahlung des Kindergelds an die Kindesmutter nur unter der Bedingung
zustimmen, dass er den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erhält. Denkbar
ist es auch, dass er einen zivilrechtlichen Anspruch auf (teilweise) Auszahlung
des Kindergelds geltend macht, solange es an einem unterhaltsrechtlichen
Gesamtausgleich zwischen den unterhaltspflichtigen Eltern fehlt.

Quelle: BFH, Urteil vom 10.7.2024 – III R 1/22; NWB