Weiträumiges Tätigkeitsgebiet und Entfernungspauschale

Ein Arbeitnehmer wird nur dann in
einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet eingesetzt, wenn er auf einer festgelegten
Fläche tätig werden muss. Er kann dann für die Fahrten von seiner Wohnung bis
zum Beginn des weiträumigen Tätigkeitsgebiets nur die Entfernungspauschale
geltend machen. Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet liegt aber nicht vor, wenn
der Arbeitnehmer bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt ist und in
betrieblichen Einrichtungen der Entleiher tätig wird, selbst wenn sich diese
betrieblichen Einrichtungen in einem abgrenzbaren Gebiet wie dem Hamburger
Hafen befinden.

Hintergrund: Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (erster Tätigkeitsstätte) können
grundsätzlich nur mit der Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 € pro
Entfernungskilometer für die ersten 20 km steuerlich als Werbungskosten
berücksichtigt werden. Die Entfernungspauschale gilt auch, wenn der
Arbeitnehmer nach seiner arbeitsrechtlichen Vereinbarung dauerhaft dasselbe
weiträumige Tätigkeitsgebiet arbeitstäglich aufsuchen muss.

Sachverhalt: Der Kläger
war bei einem Zeitarbeitsunternehmen unbefristet als Hafenarbeiter angestellt.
Er hatte keine erste Tätigkeitsstätte. Im Streitjahr 2015 wurde er von seinem
Arbeitgeber an insgesamt 164 Tagen bei vier verschiedenen Kunden innerhalb des
Hamburger Hafens eingesetzt. Der Kläger machte für die Fahrten von der Wohnung
zur nächstgelegenen Hafenzufahrt sowie für die Fahrten innerhalb des
Hafengebiets die tatsächlichen Kfz-Kosten mit 0,30 € pro gefahrenen
Kilometer geltend. Das Finanzamt setzte für die Fahrten von der Wohnung zur
Hafenzufahrt nur die Entfernungspauschale und damit nur den hälftigen Betrag
an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Der Kläger
    war nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet beschäftigt.

    Um ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet handelt es sich nur dann, wenn der
    Arbeitnehmer auf einer festgelegten Fläche tätig werden muss.

  • Der Kläger musste aber nicht
    auf einer festgelegten Fläche tätig werden, sondern auf Grund tagesaktueller
    Weisungen seines Arbeitgebers in ortsfesten betrieblichen Einrichtungen der
    Kunden seines Arbeitgebers. Damit handelte es sich nicht um ein weiträumiges
    Tätigkeitsgebiet.

  • Da der Kläger nicht über eine
    erste Tätigkeitsstätte verfügte, konnte er für die Fahrten von seiner Wohnung
    zur nächstgelegen Hafenzufahrt die tatsächlichen Kfz-Kosten als Werbungskosten
    geltend machen, die pauschal mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer, also
    für Hin- und Rückfahrt, angesetzt werden.

Hinweise: Das Urteil ist
für Leiharbeitnehmer, die in abgegrenzten Gebieten tätig werden und keine erste
Tätigkeitsstätte haben, erfreulich, wenn ihre Tätigkeit nach dem Arbeitsvertrag
nicht auf eine festgelegte Fläche beschränkt ist. Der Einsatz in einem
abgrenzbaren Gebiet führt dann nämlich nicht zur Annahme eines weiträumigen
Tätigkeitsgebiets, selbst wenn die konkreten Einsatzorte in einem abgrenzbaren
Gebiet wie z.B. dem Hamburger Hafen liegen.

Der Gesetzgeber hatte ausweislich
der Gesetzesbegründung insbesondere Hafenarbeiter bei der Regelung des
weiträumigen Tätigkeitsgebiets im Blick gehabt. Allerdings ist der Wortlaut des
Gesetzes allgemein gehalten, so dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer
nach seiner arbeitsvertraglichen Vereinbarung auf einer festgelegten Fläche
tätig werden muss.

Unstreitig war, dass der Kläger für
seine Fahrten im Hamburger Hafen die tatsächlichen Fahrtkosten in Höhe von 0,30
€ pro gefahrenen Kilometer geltend machen kann.

Quelle: BFH, Urteil vom
15.2.2023 – VI R 4/21; NWB