Muss der Steuerpflichtige Erstattungszinsen, die aufgrund einer
Steuererstattung festgesetzt worden sind, an das Finanzamt zurückzahlen, weil
die Steuerfestsetzung zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert worden ist,
kann die Rückzahlung im Jahr der Rückzahlung als negative Einnahmen bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden, soweit sie auf dieselbe
Bemessungsgrundlage und denselben Verzinsungszeitraum entfallen.
Hintergrund: Bei einer
Steuererstattung werden Erstattungszinsen zugunsten des Steuerpflichtigen
festgesetzt, wenn die Steuerfestsetzung mindestens 15 Monate nach Ablauf des
Jahres, in dem die Steuer entstanden ist, erfolgt und zu einer Steuererstattung
führt. Kommt es zu einer Steuernachzahlung, werden in entsprechender Weise
Nachzahlungszinsen festgesetzt. Die Erstattungszinsen sind nach dem Gesetz als
Einnahmen aus Kapitalvermögen zu versteuern, während Nachzahlungszinsen
steuerlich nicht absetzbar sind.
Sachverhalt: Zugunsten des
Klägers wurden im Jahr 2010 Erstattungszinsen in Höhe von ca. 46.000 €
für eine Steuerfestsetzung für 2006 festgesetzt; der Verzinsungszeitraum begann
am 1.4.2008 (15 Monate nach Ablauf des Jahres 2006) und endete am 4.2.2010 (22
Monate). Im Jahr 2011 änderte das Finanzamt die Steuerfestsetzung für 2006
zulasten des Klägers. Dementsprechend wurden nun auch Nachzahlungszinsen
festgesetzt, und zwar 19.000 € für den Verzinsungszeitraum vom 1.4.2008
bis zum 19.12.2011 (44 Monate). Der Kläger zahlte die 19.000 € im Jahr
2012 an das Finanzamt.
In vergleichbarer Weise wurden für den Kläger für das Jahr 2007
zunächst Erstattungszinsen in Höhe von ca. 23.000 € festgesetzt, und
zwar für den Verzinsungszeitraum vom 1.4.2009 (15 Monate nach Ablauf des Jahres
2007) bis zum 4.2.2010 (10 Monate). Im Jahr 2012 änderte das Finanzamt die
Steuerfestsetzung zulasten des Klägers und damit auch die Zinsfestsetzung, die
nun den Verzinsungszeitraum vom 1.4.2009 bis zum 19.11.2012 (43 Monate) betraf.
Der Kläger zahlte nun im Jahr 2012 Zinsen in Höhe von ca. 23.000 € an
das Finanzamt zurück.
Der Kläger machte die beiden Rückzahlungsbeträge von insgesamt
42.000 € (19.000 € + 23.000 €) als negative Einnahmen bei
den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt erkannte nur einen
Teil der Rückzahlungsbeträge an, soweit sie denselben Unterschiedsbetrag (d.h.
Bemessungsgrundlage) und denselben Verzinsungszeitraum betrafen.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die auf vollständige Berücksichtigung der gesamten
zurückgezahlten Zinsen gerichtete Klage ab:
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Nach dem Gesetz sind Erstattungszinsen als Einnahmen aus
Kapitalvermögen zu versteuern. Werden die Erstattungszinsen an das Finanzamt
zurückgezahlt, weil die Steuerfestsetzung zulasten des Steuerpflichtigen und
damit auch die Zinsfestsetzung geändert wird, handelt es sich bei der Zahlung
der Zinsen an das Finanzamt um die Rückzahlung steuerpflichtiger Einnahmen.
Dies führt zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen; denn die frühere Zahlung
der Erstattungszinsen wird rückabgewickelt. -
Allerdings gilt dies nur insoweit, als die Zinsen, die nun an
das Finanzamt zurückgezahlt werden, für denselben Unterschiedsbetrag
(Bemessungsgrundlage) und denselben Verzinsungszeitraum anfallen. Nur insoweit
ist nämlich die Rückzahlung der Zinsen an das Finanzamt durch die vorher
erstatteten und steuerpflichtigen Zinsen veranlasst. -
Besteht diese zeitliche und betragsmäßige Überschneidung
nicht, handelt es sich nicht um die Rückzahlung von Erstattungszinsen, sondern
um die steuerlich unbeachtliche erstmalige Zahlung von Nachzahlungszinsen. -
Im Streitfall hat das Finanzamt negative Einnahmen aus
Kapitalvermögen in der zutreffenden Höhe berücksichtigt, nämlich in Höhe von
9.500 € für 2006 und in Höhe von ca. 11.000 € für 2007. Der
Überschneidungszeitraum belief sich für 2006 auf 22 Monate und für 2007 auf
zehn Monate. Die insoweit angefallenen Zinsen waren als negative Einnahmen aus
Kapitalvermögen im Streitjahr 2012 zu berücksichtigen, da sie in diesem Jahr
zurückgezahlt wurden. Die für die weiteren Monate angefallenen Zinsen für 22
Monate für den Veranlagungszeitraum 2006 sowie für 33 Monate für 2007 sind
Nachzahlungszinsen, die einkommensteuerlich unbeachtlich sind.
Hinweise: Der BFH hält die
unterschiedliche Behandlung von Erstattungszinsen, die steuerpflichtig sind,
und Nachzahlungszinsen, die steuerlich unbeachtlich sind, für verfassungsgemäß.
Den Erstattungszinsen einerseits und Nachzahlungszinsen andererseits liegen
unterschiedliche Sachverhalte zugrunde, die sich wirtschaftlich unterschiedlich
auswirken und bezüglich ihrer steuerlich maßgeblichen Veranlassung nicht
miteinander vergleichbar sind. Für den „normalen“ Steuerzahler ist
dies allerdings kaum nachvollziehbar.
Quelle: BFH, Beschluss vom 1.8.2023 – VIII R 8/21;
NWB