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  • Verspätungszuschlag bei Steuerbescheid mit Steuererstattung

    Verspätungszuschlag bei Steuerbescheid mit Steuererstattung

    Bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung ist grundsätzlich die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vorgesehen. Ergibt sich aus dem Steuerbescheid aber eine Erstattung, so steht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts. Bei der Ermessensausübung sind neben dem Verschulden des Steuerpflichtigen auch weitere Kriterien wie z.B. die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Hintergrund: Bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung droht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags. Der Gesetzgeber sieht in bestimmten Fällen zwingend die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vor, in anderen Fällen steht die Festsetzung im Ermessen des Finanzamts, z.B. im Fall einer Steuererstattung. Sachverhalt: Die durch einen Steuerberater vertretenen Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärung für 2020 erst am 29.3.2023 ab, obwohl die Abgabefrist am 31.8.2022 geendet hatte. Der Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 24.5.2023 führte zu einer Erstattung in Höhe von ca. 9.000 €. Das Finanzamt setzte einen Verspätungszuschlag in Höhe von 175 € fest und begründete dies damit, dass für jeden der sieben Monate Verspätung der Mindestzuschlag von 25 € pro Monat zugrunde gelegt worden sei, also insgesamt 175 €. Die Kläger hätten die Abgabe der Steuererklärung verschuldet. Die Kläger wandten sich gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags. Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Zwar lagen die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vor. Die Kläger hatten die Steuererklärung für 2020, zu deren Abgabe sie verpflichtet waren, sieben Monate verspätet abgegeben. Die Verspätung war nicht entschuldbar. Die Kläger haben ihren Steuerberater erstmals zum 9.3.2023 beauftragt; zu diesem Zeitpunkt war die Abgabefrist, die am 31.8.2022 geendet hatte, längst abgelaufen. Eine etwaige Arbeitsüberlastung des Steuerberaters im Zeitraum bis zum 9.3.2023 kann damit nicht ursächlich für die Verspätung gewesen sein, da er bis zu diesem Zeitpunkt nicht beauftragt worden war. Das Finanzamt hat jedoch sein Ermessen, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen), fehlerhaft ausgeübt. Da sich aus dem Steuerbescheid für 2020 eine Erstattung ergab, stand die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts. Bei seiner Ermessensausübung muss das Finanzamt die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung, den Umstand einer Erstattung sowie das Verschulden berücksichtigen. Im Streitfall hat sich das Finanzamt allein auf die Verspätung und auf das Verschulden der Kläger gestützt. Es hat aber weder berücksichtigt, dass die Steuerfestsetzung zu einer Erstattung geführt hat, noch hat es die Dauer und Häufigkeit der aktuellen Fristüberschreitung sowie der bisherigen Fristüberschreitungen in seine Erwägungen einbezogen. Hinweis: Ein Verspätungszuschlag wird vermieden, wenn eine Fristverlängerung beantragt und gewährt wird. Die Fristverlängerung wird allerdings nicht gewährt, wenn den Steuerpflichtigen oder seinen Steuerberater ein Verschulden an der Verspätung trifft. So gilt Arbeitsüberlastung nach Auffassung der Finanzverwaltung als Verschulden. Fristen können auch rückwirkend verlängert werden. Allerdings setzt dies ebenfalls fehlendes Verschulden voraus. Quelle: FG Münster, Urteil vom 14.6.2024 – 4 K 2351/23; Revision zugelassen, jedoch nicht eingelegt; NWB

  • Ausbuchung einer wertlosen GmbH-Beteiligung bei der Einnahmen-Überschussrechnung

    Ausbuchung einer wertlosen GmbH-Beteiligung bei der Einnahmen-Überschussrechnung

    Ermittelt der Unternehmer seinen Gewinn nicht durch Bilanzierung, sondern durch Einnahmen-Überschussrechnung, kann er eine wertlos gewordene GmbH-Beteiligung, die zu seinem Betriebsvermögen gehört, in dem Jahr als Betriebsausgabe berücksichtigen, in dem die finanziellen Mittel, die er für den Erwerb der GmbH-Beteiligung aufgewendet hat, endgültig verloren gegangen sind. Hintergrund: Eine GmbH-Beteiligung kann zum Betriebsvermögen oder aber auch zum Privatvermögen gehören. Wird die Beteiligung wertlos oder aufgegeben oder mit Verlust veräußert, wird der Verlust grundsätzlich steuerlich berücksichtigt, da auch Gewinne und Verluste aus GmbH-Beteiligungen, die zum Privatvermögen gehören, steuerlich zu Einkünften führen.Sachverhalt: Der Kläger war Einzelunternehmer und zu 50 % an einer GmbH beteiligt. Im Rahmen seines gewerblichen Einzelunternehmens erbrachte er Leistungen an die GmbH. Die GmbH geriet im Jahr 2000 in Zahlungsschwierigkeiten und stellte im Jahr 2007 ihren Geschäftsbetrieb ein. Im Jahr 2008 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet; nach den Angaben des Insolvenzverwalters war für die Gläubiger eine Quote von lediglich 0,1 % zu erwarten. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn bis einschließlich 2008 durch Bilanzierung und stellte ab 2009 seine Gewinnermittlung auf eine Einnahmen-Überschussrechnung nach Zufluss- und Abflussgesichtspunkten um. Der Kläger machte für das Jahr 2012 und hilfsweise für das Jahr 2013 einen Verlust aus der Wertlosigkeit der GmbH-Beteiligung geltend.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage dem Grunde nach ab: Eine Berücksichtigung des Verlustes der GmbH-Beteiligung nach den Vorschriften für wesentliche GmbH-Beteiligungen des Privatvermögens schied aus, weil die Beteiligung an der GmbH zum Betriebsvermögen gehörte. Bei der GmbH handelte es sich nämlich um einen Großkunden des Klägers, so dass er die Beteiligung im Zeitpunkt ihres Erwerbs zu Recht seinem Betriebsvermögen zugeordnet hatte. Eine spätere Entnahme war nicht erfolgt. Auch der Wechsel der Gewinnermittlung von der Bilanzierung zur Einnahmen-Überschussrechnung führte nicht zu einer Entnahme. Eine Berücksichtigung als laufende Betriebsausgabe im Rahmen der gewerblichen Einkünfte ist grundsätzlich möglich, auch wenn der Kläger in den Streitjahren 2012 und 2013 seinen Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte. Auch bei einer Einnahmen-Überschussrechnung kann der Verlust einer zum Betriebsvermögen gehörenden GmbH-Beteiligung berücksichtigt werden. Der Zeitpunkt hierfür ist das Jahr, in dem die Mittel, die für den Erwerb der GmbH-Beteiligung aufgewendet wurden, endgültig verlorengegangen sind. Dieser Zeitpunkt war allerdings das Jahr 2008 und nicht das Streitjahr 2012 oder Streitjahr 2013. Die GmbH war nämlich bereits seit dem Jahr 2000 in finanziellen Schwierigkeiten, hatte im Jahr 2007 ihren Geschäftsbetrieb eingestellt und befand sich im Jahr 2008 im Insolvenzverfahren; nach einer Auskunft des Insolvenzverwalters aus dem Jahr 2008 war eine Insolvenzquote von lediglich 0,1 % zu erwarten. Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, weil es nach dem bisherigen Klägervortrag im Verfahren möglich ist, dass der Kläger noch im Jahr 2013 Zahlungen in das Vermögen der GmbH geleistet hat. Dies muss das FG noch aufklären, da diese Zahlungen als Betriebsausgaben des Jahres 2013 berücksichtigt werden könnten.Hinweis: Der BFH macht deutlich, dass auch im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung ein Verlust, der sich aus dem Wertverfall einer zum Betriebsvermögen gehörenden GmbH-Beteiligung ergibt, gewinnmindernd berücksichtigt werden kann. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine sog. Teilwertabschreibung, die aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung in Anspruch genommen werden kann und die nur bei der Bilanzierung zulässig ist, nicht aber bei der Einnahmen-Überschussrechnung. Vielmehr geht es um den vollständigen Verlust der Beteiligung. Der Kläger hätte den Verlust bereits früher geltend machen sollen, nämlich spätestens im Jahr 2008. Da er bis einschließlich 2008 bilanziert hatte, hätte er bis 2008 auch Teilwertabschreibungen vornehmen können und müssen, weil es nach der bis einschließlich 2008 geltenden Rechtslage die Pflicht bei der Bilanzierung gab, Teilwertabschreibungen im Fall der dauernden Wertminderung vorzunehmen. Seit 2009 ist die Vornahme einer Teilwertabschreibung bei der Steuerbilanz ein Wahlrecht. Quelle: BFH, Urteil vom 31.1.2024 – X R 11/22; NWB

  • Abriss eines formaldehydbelasteten Einfamilienhauses als außergewöhnliche Belastungen

    Abriss eines formaldehydbelasteten Einfamilienhauses als außergewöhnliche Belastungen

    Der Abriss eines formaldehydbelasteten Einfamilienhauses, das den zulässigen Grenzwert geringfügig überschreitet, und der anschließende Neubau führen nicht zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn der Abriss nicht notwendig war, sondern die Belastung mit Formaldehyd durch weniger aufwendige Maßnahmen hätte beseitigt werden können.Hintergrund: Zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Typische Beispiele hierfür sind Krankheitskosten oder Wiederbeschaffungskosten nach dem Untergang des Hausrats durch Feuer oder Hochwasser. Sachverhalt: Der Kläger erwarb vor 2002 ein Grundstück, das mit einem Einfamilienhaus bebaut war, zum Kaufpreis von 565.000 DM. Das Einfamilienhaus nutzte der Kläger zu 73,85 % zu eigenen Wohnzwecken und vermietete es im Übrigen. Im Jahr 2017 ließ der Kläger das Haus baubiologisch untersuchen. Der Gutachter stellte im Rahmen eines sog. Kurzberichts eine Formaldehydkonzentration von 0,112 ppm fest, die über dem Grenzwert von 0,1 ppm lag. Der Gutachter schlug verschiedene Reduzierungsmaßnahmen wie z.B. Abdichtungen vor. Der Kläger entschied sich jedoch für den Abriss des Hauses und ließ einen Neubau errichten. Ihm entstanden hierbei Kosten für den Abriss und Neubau in Höhe von ca. 260.000 €, die er im Umfang der Selbstnutzung von 73,85 % als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an. Entscheidung: Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Zwar können Aufwendungen für die Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung, die von einem existenznotwendigen Gegenstand wie einem Einfamilienhaus ausgehen, außergewöhnliche Belastungen sein. Hierzu kann auch die Beseitigung einer Belastung durch Formaldehyd gehören. Die vom Steuerpflichtigen getroffenen Maßnahmen müssen aber notwendig sein, um die Formalaldehydbelastung zu beseitigen. An der Notwendigkeit fehlte es im Streitfall. So war bereits nicht erkennbar, ob die Belastung mit Formaldehyd vom gesamten Haus oder nur von einzelnen Bauteilen ausging, etwa von den Holzbalken oder den Spanplatten. Zudem hatte der Gutachter nur Minimierungsmaßnahmen empfohlen, um die Belastung mit Formaldehyd unter den zulässigen Grenzwert von 0,1 ppm zu senken. Zu den empfohlenen Maßnahmen gehörten die Abdichtung von Fugen und Öffnungen sowie eine Verbesserung der Ent- und Belüftung. Einen Abriss und Neubau hatte der Gutachter nicht vorgeschlagen. Hinweis: Der Kläger hatte noch ein ärztliches Attest vorlegt, das dem FG aber nicht konkret genug war, da detaillierte Angaben zum zeitlichen Verlauf und zur Schwere der Krankheiten, zu den bereits eingetretenen Gesundheitsschäden sowie zum Zusammenhang zwischen den Symptomen und der Formaldehydkonzentration fehlten. Das FG lehnte es auch ab, die Kosten, die bei Durchführung der vom Gutachter vorgeschlagenen Minimierungsmaßnahmen entstanden wären, als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Denn der Besteuerung darf nur der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zugrunde gelegt werden. Hätte das FG den Abriss und Neubau für notwendig erachtet, wäre ein Abzug „neu für alt“ erforderlich geworden. Der Kläger hätte sich also die bei einem Neubau ergebende Wertverbesserung im Wege des sog. Vorteilsausgleichs anrechnen lassen müssen. Quelle: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.2.2024 – 1 K 1855/21; NWB