Aktuelles
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Wesentliche Beteiligung an einer US-amerikanischen „Corporation“
Ob ein Steuerpflichtiger an einer US-amerikanischen Corporation in Delaware (USA) wesentlich, d.h. mit mindestens einem 1 %, beteiligt ist, hängt von seiner Beteiligungsquote an dem tatsächlich ausgegebenen Kapital an. Es kommt nicht auf seine Beteiligungsquote an dem höheren genehmigten Kapital an. Hintergrund: Zu den steuerpflichtigen Einkünften gehört auch der Gewinn oder Verlust aus dem Verkauf einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Als wesentlich sieht der Gesetzgeber eine Beteiligung von mindestens 1 % in den letzten fünf Jahren an. Sachverhalt: Der Kläger war ursprünglich Alleingesellschafter der S-GmbH. Er veräußerte seine Beteiligung im Jahr 2008 an die Z-Gruppe und erhielt hierfür u.a. ca. 1,2 Mio. Anteile an der Z-Corporation (Z-Inc.), deren Sitz sich in Delaware in den USA befand. Die Z-Inc. hatte ca. 35,5 Mio. Aktien herausgegeben; sie war allerdings berechtigt, insgesamt 150 Mio. Aktien herauszugeben (sog. genehmigtes Kapital). In den Jahren 2011 und 2012 tauschte der Kläger seine Anteile an der Z-Inc. gegen andere Aktien mit einem höheren Wert. Das Finanzamt setzte Veräußerungsgewinne für 2011 und 2012 in Höhe von ca. 3,4 Mio. € für 2011 und ca. 750.000 € für 2012 fest. Der Kläger meinte, er sei nicht wesentlich beteiligt gewesen, weil seine Anteile im Umfang von 1,2 Mio. auf die genehmigten Anteile im Umfang von 150 Mio. zu beziehen seien. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Die Z-Inc. war eine Kapitalgesellschaft und mit einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar. Der Kläger war mit mindestens 1 % an der Z-Inc. beteiligt. Bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft wie der Z-Inc., die über kein Grund- oder Stammkapital im Sinne des deutschen Aktienrechts verfügt, kommt es auf den Beitrag an, den der Gesellschafter an dem durch Einlagen gebildeten Gesellschaftsvermögen erbracht hat. Dies ist das Gesellschaftsvermögen, das durch die ausgegebenen Aktien geschaffen wurde, nicht aber das höhere genehmigte Kapital, dessen Anteile noch nicht ausgegeben wurden. Der Kläger war somit mit 1,5 Mio. zu 35,5 Mio. an der Z-Inc. beteiligt, also etwa zu 4,2 %. Damit hatte er die sog. Wesentlichkeitsschwelle von mindestens 1 % erreicht. Der Kläger hatte die Anteile an der Z-Inc. in den Streitjahren 2011 und 2012 im Wege des Tauschs gegen höherwertige Anteile veräußert und somit einen Veräußerungsgewinn erzielt. Dieser Veräußerungsgewinn war in Deutschland steuerbar, da der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland hatte und Deutschland als sog. Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht nach dem deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen zusteht. Hinweise: Käme es nicht auf die ausgegebenen Anteile, sondern auf das genehmigte Kapital an, könnte eine Kapitalgesellschaft ihr genehmigtes Kapital erhöhen lassen, um so die Beteiligungsschwelle ihrer Gesellschafter unter die Beteiligungsschwelle von 1 % sinken zu lassen. Allerdings wäre dann ein Gewinn aus dem Verkauf der Anteile als Kapitaleinkünfte steuerbar. Der BFH widerspricht mit seiner Entscheidung dem Finanzgericht Münster, das in zwei Entscheidungen auf das genehmigte Kapital abgestellt hat. Sollte das Finanzgericht Münster künftig an seiner Rechtsprechung festhalten wollen, müsste es die Revision zulassen, da es dann auf Grund des aktuellen BFH-Urteils von der Rechtsprechung des BFH abweichen würde. Quelle: BFH, Urteil v. 14.2.2023 – IX R 23/21; NWB
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Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung der Aufwendungen eines Trikotsponsors
Die Aufwendungen eines Sponsors für Banden- und Trikotwerbung sowie für die Nutzung des Vereinslogos sind nicht gewerbesteuerlich dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen. Denn es handelt sich bei Sponsoringaufwendungen nicht um Aufwendungen im Rahmen eines Miet- oder Pachtvertrags, sondern um Zahlungen aufgrund eines Vertrags eigener Art. Hintergrund: Gewerbesteuerlich werden bestimmte Aufwendungen hinzugerechnet, z.B. Mieten oder Lizenzvergütungen. Sachverhalt: Die Klägerin war Großhändlerin und betätigte sich als Hauptsponsor eines Sportvereins, mit dem sie einen Sponsoringvertrag abschloss. Danach durfte die Klägerin das Vereinslogo für Werbezwecke nutzen sowie Banden- und Trikotwerbung betreiben. Das Finanzamt rechnete die Sponsoringaufwendungen, soweit sie auf die Trikot- und Bandenwerbung sowie auf die Nutzung des Vereinslogos entfielen, gewerbesteuerlich hinzu. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verneinte eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung und gab der Klage statt: Der Sponsoringvertrag war kein Miet- oder Pachtvertrag, sondern ein Vertrag eigener Art, der unterschiedliche Leistungspflichten enthielt, die rechtlich und wirtschaftlich aber nicht getrennt werden konnten. Daher kann aus dem Sponsoringvertrag weder ein Mietanteil für die Trikot- oder Bandenwerbung noch ein Lizenzanteil für die Nutzung des Vereinslogos herausgerechnet werden. Anders als bei einem Mietvertrag war der Sportverein nicht nur zur Überlassung von Flächen auf den Banden oder Trikots verpflichtet, sondern er musste Kommunikationsleistungen erbringen und eine Werbewirkung zugunsten der Klägerin herstellen, indem er es der Klägerin ermöglichte, bei Sportveranstaltungen ihren Namen zu präsentieren. So mussten die Banden insbesondere bei Sportveranstaltungen die Werbung der Klägerin aufweisen. Gleiches gilt für die Trikotwerbung, da der Sportverein verpflichtet war, die Trikots bei den Spielen einzusetzen. Auch die Nutzung des Vereinslogos war Teil des nicht aufteilbaren „Sponsoringvertrags“. Hinweise: Das Urteil ist für gewerblich tätige Unternehmer erfreulich, da der BFH den Anwendungsbereich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung beschränkt, indem er den Begriff der Mietaufwendungen eng auslegt. Der BFH lehnt es ab, eine Sponsoringleistung in einzelne Teilleistungen aufzuteilen und einen Mietanteil herauszurechnen. Bereits vor kurzem hat der BFH die Anmietung von Mehrwegbehältern im Rahmen eines „Voll-Logistik-Konzepts“ nicht als Mietvertrag eingestuft, sondern als gemischten Vertrag, weil neben der Überlassung der Mehrwegbehälter auch die Bereitstellung der Mehrwegbehälter am Abholort, die Auswahl der Behälter sowie die Reinigung der Behälter geschuldet war. Auch hier hatte der BFH eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung eines Mietanteils abgelehnt. Quelle: BFH, Urteil v. 23.3.2023 – III R 5/22; NWB
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Haftung der Bank für die Umsatzsteuer des Bankkunden bei Globalabtretung
Eine Bank, die sich die Forderungen ihres Bankkunden hat abtreten lassen, haftet nicht für die von ihrem Bankkunden geschuldete Umsatzsteuer, wenn ihr Bankkunde die Kreditlinie seines Kontokorrentkontos einhält und nicht überschreitet. Denn dann hat die Bank die Umsatzsteuer nicht vereinnahmt.Hintergrund: Tritt ein Unternehmer seine Forderung einschließlich Umsatzsteuer an einen anderen Unternehmer ab, haftet der andere Unternehmer für die Umsatzsteuer, die der abtretende Unternehmer nicht an das Finanzamt abgeführt hat. Dies setzt allerdings voraus, dass der andere Unternehmer die Umsatzsteuer vereinnahmt hat, also eine Zahlung aus der abgetretenen Forderung vom sog. Drittschuldner erhält.Sachverhalt: Die Klägerin war eine Bank, deren Kunde u.a. die A-GmbH war. Die A-GmbH verfügte über ein Kontokorrentkonto mit einer Kreditlinie in einer bestimmten Höhe. Die A-GmbH trat ihre Forderungen gegen ihre Schuldner (sog. Drittschuldner) an die Klägerin im Wege der sog. Globalzession ab. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der A-GmbH kündigte die Klägerin den Kreditvertrag zum 31.8.2011. Das Kontokorrentkonto hatte sich im Juli und August 2011 durchgehend im Soll befunden, jedoch nicht die vereinbarte Kreditlinie überschritten. Die Umsatzsteuer für Juli und August 2011 zahlte die A-GmbH nicht. Daraufhin erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid gegen die Klägerin über Umsatzsteuer der A-GmbH für Juli und August 2011.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht zurück: Voraussetzung der Haftung für die Umsatzsteuer ist die Vereinnahmung der vom Drittschuldner im Bruttobetrag geschuldeten Umsatzsteuer durch die Klägerin als Zessionarin (Abtretungsempfängerin). Die Klägerin hat unmittelbar keine Zahlungen erhalten, da die Drittschuldner die Zahlungen auf das Kontokorrentkonto der A-GmbH überwiesen haben. Eine solche Überweisung auf das Konto des abtretenden Unternehmers (Zedent) stellt nur dann eine Vereinnahmung dar, wenn der Zessionar (Klägerin) über den Betrag wirtschaftlich verfügen kann. Hingegen liegt eine Vereinnahmung nicht vor, wenn die A-GmbH als Zedentin den Gutschriftsbetrag abheben oder für Überweisungen nutzen kann und die Klägerin als Zessionarin dies nicht verhindern kann. Im Streitfall befand sich das Kontokorrentkonto der A-GmbH im Soll. Die Überweisungen der Drittschuldner auf das im Soll befindliche Kontokorrentkonto führen nur dann zu einer Vereinnahmung durch die Klägerin, wenn die A-GmbH als Zedentin damit Verbindlichkeiten der Bank (Klägerin) tilgt oder wenn die A-GmbH über ihr im Soll befindliches Kontokorrentkonto nicht mehr frei verfügen kann, weil sie z.B. ihre Kreditlinie erheblich überschritten hat und die Bank Belastungsbuchungen nicht mehr ausführt. Es kommt damit entscheidend darauf an, ob die Bank als Zessionarin die Kreditlinie, die sie ihrem Kunden (A-GmbH) eingeräumt hat, beachtet. Macht sie das und bleibt der Zedent (A-GmbH) innerhalb der ihm eingeräumten Kreditlinie, liegt keine Vereinnahmung durch die Bank (Klägerin) vor, weil der Bankkunde wirtschaftlich verfügungsberechtigt bleibt. Hinweise: Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, damit dieses prüft, ob die Kündigung des Kontokorrentvertrags zum 31.8.2011 zu einer Vereinnahmung geführt hat. Die Umsatzsteuer für Juli 2011 und für August 2011 wurde aufgrund einer Dauerfristverlängerung erst nach dem 31.8.2011 fällig, nämlich am 10.9.2011 bzw. am 10.10.2011. Die Kündigung des Kontokorrentvertrags verhinderte die Zahlung der Umsatzsteuer für Juli und August 2011 durch die A-GmbH. Die hier streitige Haftung betrifft nur die Umsatzsteuer, nicht aber andere Steuern. Der Gesetzgeber will mit der Haftung Umsatzsteuerausfälle verhindern und begründet deshalb eine Art „Garantiehaftung“ des Zessionars, der häufig eine Bank ist. Quelle: BFH, Urteil v. 29.11.2022 – XI R 2/22; NWB