Aktuelles
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Kein einheitlicher Gewerbebetrieb bei Gewächshausprojektierung und Pflanzenzucht
Ein Unternehmer, der zum einen Gewächshäuser plant und projektiert und zum anderen eine Pflanzenzucht mit exotischen Pflanzen betreibt, hat zwei selbständige Gewerbebetriebe. Es handelt sich nicht um einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Daher kann der Verlust des einen Betriebs nicht mit dem Gewinn des anderen Betriebs verrechnet werden. Hintergrund: Gewerbesteuerlich wird jeder einzelne Gewerbebetrieb selbständig behandelt, so dass für jeden Gewerbebetrieb ein eigener Gewerbesteuermessbescheid ergeht. Sachverhalt: Der Kläger betrieb seit September 2013 ein Unternehmen im Bereich der Planung und Projektierung von Gewächshäusern. Ab November 2013 meldete er eine Pflanzenzucht für exotische Pflanzen an. Mit der Pflanzenzucht erzielte der Kläger in den Streitjahren 2014 und 2015 Verluste; hingegen erwirtschaftete er mit der Gewächshausplanung Gewinne. Der Kläger verrechnete die Verluste des Pflanzenzuchtunternehmens mit den Gewinnen aus der Gewächshausplanung. Dies akzeptierte das Finanzamt nicht. Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Eine Verrechnung der Verluste, die mit der Pflanzenzucht erzielt wurden, mit Gewinnen aus der Gewächshausplanung und -projektierung war nicht zulässig, weil es sich um zwei selbständige Gewerbebetriebe handelte und nicht um einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Bei der Frage, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegt, kommt der Gleichartigkeit der Betätigungen wesentliche Bedeutung zu. Eine gleichartige Betätigung spricht in der Regel für einen einheitlichen Betrieb, so dass der Verlust des einen Bereichs mit dem Gewinn aus dem anderen Bereich verrechnet werden kann. Bei Ungleichartigkeit der Betätigungen kann hingegen nur ausnahmsweise von einem einheitlichen Betrieb ausgehen. Im Streitfall waren die Betätigungen ungleichartig: So führten beide Betätigungen zu unterschiedlichen Einkünften; aus der Gewächshausplanung und -projektierung ergaben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb, während die Pflanzenzucht zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führte. Beide Tätigkeiten wandten sich auch an unterschiedliche Kundenbereiche. Die Gewächshausplanung und -projektierung erfolgte für gewerbliche Kunden, die gezüchteten Pflanzen sollten hingegen an Privatkunden verkauft werden. Schließlich war die Pflanzenzucht auch nicht notwendig für die Gewächshausplanung und -projektierung. Hinweise: Die Verluste aus dem Pflanzenzuchtbetrieb können somit nicht mit den Gewinnen aus der Gewächshausplanung und -projektierung verrechnet werden. Es ergeht vielmehr für jeden Betrieb ein eigener Gewerbesteuermessbescheid, wobei sich aus dem Bescheid für die Pflanzenzucht aufgrund der Verluste in beiden Streitjahren jeweils ein Messbetrag von 0 € ergibt. Zudem wird der Verlust aus der Pflanzenzucht gesondert zum 31.12. eines jeden Jahres festgestellt, so dass er mit künftigen Gewinnen aus der Pflanzenzucht verrechnet werden kann. Ein Verlustrücktrag ist bei der Gewerbesteuer nicht möglich, sondern nur bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Quelle: FG Münster, Urteil vom 29.11.2023 – 13 K 986/21; NWB
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Erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer bei möglicher Betriebsaufspaltung
Vermietet eine GmbH ein Grundstück an eine Personengesellschaft, die nur mittelbar über eine andere GmbH an der vermietenden GmbH beteiligt ist, und übt die vermietende GmbH keine weitere Tätigkeit aus, kann die vermietende GmbH die sog. erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer beantragen. Sie ist nämlich nicht gewerblich tätig, da keine Betriebsaufspaltung vorliegt. Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Die erweiterte Kürzung ist jedoch nicht möglich, wenn das Unternehmen ein Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung und damit gewerblich tätig ist. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und vermietete ein Grundstück an die F-KG. Gesellschafter der Klägerin waren die EB-GmbH mit 52,38 % sowie der F mit 47,62 %. Alleingesellschafterin der EB-GmbH war die F-KG, die die Mieterin des Grundstücks war. Alleinige Kommanditistin der F-KG war die FH-GmbH, deren Alleingesellschafter der F war. Die Klägerin war also nicht an der F-KG beteiligt. Die Klägerin machte die erweiterte Kürzung geltend. Das Finanzamt gewährte die erweiterte Kürzung nicht, weil es von einer Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der F-KG ausging und deshalb die Klägerin als gewerblich tätiges Besitzunternehmen ansah. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Die Klägerin verwaltete ausschließlich eigenen Grundbesitz und war nicht gewerblich tätig. Insbesondere war die Klägerin nicht als sog. Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung gewerblich tätig. Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen sachlich und personell miteinander verflochten sind. Die sachliche Verflechtung ergibt sich aus der Überlassung eines Grundstücks zur Nutzung. Die personelle Verflechtung besteht, wenn es einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen gibt. Kommt – wie im Streitfall – eine GmbH als Besitzunternehmen in Betracht, müsste die GmbH selbst ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft (F-KG) durchsetzen können. Hieran fehlte es im Streitfall, da die Klägerin weder unmittelbar noch mittelbar zu mehr als 50 % an der F-KG beteiligt war. Ein Rückgriff auf die Gesellschafter, die hinter der Klägerin stehen, z.B. den F, ist nicht zulässig; dies nennt man Durchgriffsverbot, weil nicht durch die EB-GmbH als Kapitalgesellschaft, die Gesellschafterin der Klägerin war, „hindurchgegriffen“ werden darf.Hinweise: Es lag auch keine sog. umgekehrte Betriebsaufspaltung vor. Bei einer umgekehrten Betriebsaufspaltung wird die Nutzung eines Wirtschaftsguts durch das Betriebsunternehmen dem Besitzunternehmen zugerechnet; auf diese Weise kann das Besitzunternehmen bestimmte gesetzliche Verbleibens-, Nutzungs- und Zugehörigkeitsvoraussetzungen im Rahmen steuerlicher Vergünstigungen wie dem Investitionsabzugsbetrag oder der Investitionszulage erfüllen. Die umgekehrte Betriebsaufspaltung dient aber nicht dazu, das Durchgriffsverbot zu missachten, um auf diese Weise eine personelle Verflechtung zu begründen und eine vermögensverwaltend tätige Besitzkapitalgesellschaft als gewerblich einzustufen. Quelle: BFH, Urteil vom 22.2.2024 – III R 13/23; NWB
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Bekanntgabe eines Grunderwerbsteuerbescheids bei Formwechsel von KG in GmbH
Wird eine KG durch einen Formwechsel in eine GmbH umgewandelt, so kann nach dem Formwechsel ein Grunderwerbsteuerbescheid noch wirksam gegenüber der KG bekanntgegeben werden. Denn der Formwechsel führt nur zu einer Änderung der Rechtsform, nicht aber zu einer Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft. Hintergrund: Ein Steuerbescheid wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird.Sachverhalt: Am 29.8.2012 wurde eine KG, die Grundstücke besaß, in eine GmbH umgewandelt. Zuvor hatte es eine Einbringung von Anteilen an der KG in eine andere KG gegeben. Das Finanzamt erfuhr von der Einbringung und ging von der Grunderwerbsteuerbarkeit der Einbringung aus, hielt diese aber unter dem Gesichtspunkt einer Übertragung zwischen Schwester-Personengesellschaften für steuerfrei. Es erließ am 8.4.2015 einen Grunderwerbsteuerbescheid, den es der KG bekanntgab und in dem es ausführte, dass die Einbringung steuerfrei sei, jedoch Nachhaltefristen zu beachten seien. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Am 2.2.2018 erließ das Finanzamt einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid, den es nun an die GmbH adressierte und in dem es Grunderwerbsteuer aufgrund der Einbringung festsetzte. Das Finanzamt verneinte die Steuerfreiheit für Schwester-Personengesellschaften wegen des im Jahr 2012 durchgeführten Formwechsels. Die GmbH wehrte sich gegen diesen Bescheid.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und hob den Bescheid vom 2.2.2018 auf: Der Bescheid vom 2.2.2018 durfte nicht mehr ergehen, weil zuvor bereits der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 ergangen und wirksam geworden war. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 ging von einer Steuerfreiheit aus und stand daher der Steuerfestsetzung vom 2.2.2018 entgegen. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 war wirksam bekannt gegeben worden. Unschädlich ist, dass er der KG bekannt gegeben wurde und nicht der GmbH. Bei einem Formwechsel kann ein Bescheid auch noch an den formwechselnden Rechtsträger, d.h. an den bisherigen Rechtsträger (KG), bekannt gegeben werden und muss nicht dem Rechtsträger neuer Form, d.h. der GmbH, bekannt gegeben werden. Bei einem Formwechsel ändert sich zwar die Rechtsform – im Streitfall wurde aus einer KG eine GmbH. Die rechtliche und wirtschaftliche Identität der Gesellschaft bleibt aber unverändert. Wenn das Finanzamt nach einem Formwechsel einen Steuerbescheid noch an die Gesellschaft unter dem Namen der alten Rechtsform bekannt gibt, ist dies nur eine unrichtige Bezeichnung, die unschädlich ist. Adressat ist die Gesellschaft, deren Identität sich nicht geändert hat. Da der an die KG gerichtete Bescheid vom 8.4.2015 wirksam war und eine Steuerbefreiung feststellte, durfte das Finanzamt hiervon nicht mehr abweichen und nun Grunderwerbsteuer gegenüber der GmbH festsetzen. Der Bescheid vom 8.4.2015 war in materieller Bestandskraft erwachsen und hätte nur noch aufgrund einer Korrekturnorm geändert werden dürfen. Eine Korrekturnorm gab es jedoch nicht. Insbesondere war der Formwechsel keine neue Tatsache, sondern dem Finanzamt bereits bei Erlass des Bescheids am 8.4.2015 bekannt. Hinweise: Es konnte auch keine Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses erfolgen. Denn wenn als Ereignis der Formwechsel vom 29.8.2012 angesehen werden sollte, so lag dieses Ereignis bereits bei Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids am 8.4.2015 vor und konnte daher nicht rückwirkend sein. Bei einem Formwechsel wird nur das „Rechtskleid“ der Gesellschaft ausgetauscht. Die Identität der umgewandelten Gesellschaft ändert sich nicht. Daher löst ein Formwechsel grundsätzlich auch keine Grunderwerbsteuer aus, kann allerdings zu einer Verletzung sog. Vorhalte- oder Nachhaltefristen führen. Auf die Frage, ob der Grunderwerbsteuerbescheid vom 8.4.2015 rechtmäßig war, kam es nicht an, da dieser Bescheid wirksam geworden war und nicht mehr geändert werden konnte. Quelle: BFH, Urteil vom 19.3.2024 – II R 33/22; NWB