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  • Ermäßigter Umsatzsteuersatz für sog. Werbelebensmittel

    Ermäßigter Umsatzsteuersatz für sog. Werbelebensmittel

    Der Verkauf von Süßigkeiten und Knabbereien in kleinen Abpackungen, die auf Wunsch des Kunden mit einem Werbeaufdruck versehen sind, kann dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliegen. Es kann sich nämlich trotz des Werbezwecks um Lebensmittel handeln.Hintergrund: Der Verkauf von Lebensmitteln unterliegt grundsätzlich dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Ausgenommen sind bestimmte Luxus-Lebensmittel wie z.B. Hummer oder Kaviar. Sachverhalt: Der Kläger handelte mit Werbeartikeln und verkaufte Süßigkeiten und Knabbereien in kleinen Abpackungen mit einem Werbeaufdruck nach Wunsch des Kunden. Er unterwarf seine Entgelte einem Umsatzsteuersatz von 7 %. Das Finanzamt sah in den Verkäufen hingegen Werbeleistungen und besteuerte diese mit 19 %.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof hielt den ermäßigten Umsatzsteuersatz für denkbar, verwies die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück: Lebensmittel unterliegen grundsätzlich einem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Dies ergibt sich aus dem Gesetz, das für zahlreiche Waren, u.a. auch für Lebensmittel, den ermäßigten Umsatzsteuersatz anordnet und dabei auf die zolltarifrechtliche Einordnung der Ware abstellt. Es ist daher zolltarifrechtlich zu prüfen, ob der Kläger Lebensmittel oder aber Werbeverpackungen verkauft hat. Nach dem Zolltarif können Süßigkeiten und Knabbereien auch dann Nahrungsmittel sein, wenn sie in einer Verpackung, die mit einem Werbeaufdruck des Kunden versehen ist, verkauft werden. Der Umstand, dass der Verwendungszweck der streitigen Abpackungen die Werbung ist, steht der zolltarifrechtlichen Einordnung als Lebensmittel nicht entgegen. Der Verwendungszweck der Waren beeinflusst nämlich nur dann die Tarifierung der Ware, wenn der Verwendungszweck dem Erzeugnis innewohnt; dies richtet sich nach den objektiven Merkmalen und Eigenschaften. Auch die Verpackung mit Werbeaufdruck kann zum Lebensmittel gehören, wenn die Verpackung üblich ist. Eine Verpackung ist üblich, wenn sie für die Verwendung der Ware unbedingt notwendig ist oder üblicherweise zur Vermarktung und Verwendung der darin enthaltenen Waren genutzt wird. Hinweise: Der BFH hat den Fall an das FG zurückverwiesen. Das FG muss nun prüfen, ob die Werbung als Verwendungszweck dem Erzeugnis, d.h. den Süßigkeiten und Knabbereien, innewohnt und ob die Verpackung üblich war. Die vom FG vorzunehmende Prüfung wird sich vorrangig im Zollrecht vollziehen, weil das Umsatzsteuerrecht auf das Zollrecht verweist. Das FG dürfte Schwierigkeiten haben, das Merkmal des „Innewohnens“ zu prüfen. In der Praxis dürfte es vertretbar sein, beim Verkauf von Lebensmitteln, die mit einem Werbeaufdruck des Kunden versehen sind, den ermäßigten Steuersatz anzuwenden, wenn die Verpackung üblich ist. Vorsichtshalber sollte der Sachverhalt aber dem Finanzamt offengelegt und auf das hier weiterhin anhängige Verfahren verwiesen werden. Quelle: BFH, Urteil v. 23.2.2023 – V R 38/21; NWB

  • Umsatzsteuerfreie Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen

    Umsatzsteuerfreie Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen

    Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sieht die Vermietung von Betriebsvorrichtungen entgegen dem deutschen Umsatzsteuerrecht als umsatzsteuerfrei an, wenn es sich hierbei um eine Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Hauptleistung, nämlich der Vermietung des Gebäudes, in dem sich die Betriebsvorrichtungen befinden, handelt. Dem EuGH zufolge handelt es sich dann um eine wirtschaftlich einheitliche Leistung, die nicht künstlich in eine umsatzsteuerfreie Gebäudevermietung und in eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung der Betriebsvorrichtungen aufgeteilt werden darf. Hintergrund: Nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht ist die Vermietung von Grundstücken umsatzsteuerfrei. Die Umsatzsteuerfreiheit gilt aber nicht für die Vermietung von Betriebsvorrichtungen. Auch nach dem europäischen Mehrwertsteuerrecht ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken von der Umsatzsteuer befreit, nicht aber die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen.Sachverhalt: Der Kläger hatte an einen Putenzüchter ein Stallgebäude samt Maschinen und Betriebsvorrichtungen wie z.B. Heizungs- und Lüftungsanlagen, Beleuchtungssystemen und Fütterungsvorrichtungen in den Jahren 2010 bis 2014 vermietet. Er sah die Miete als umsatzsteuerfrei an. Das Finanzamt behandelte hingegen 20 % der Gesamtmiete als umsatzsteuerpflichtig, weil es davon ausging, dass dieser Anteil auf die Betriebsvorrichtungen entfiel. Entscheidung: Der Fall kam zum EuGH, der im Grundsatz von einer umsatzsteuerfreien Vermietung der Betriebsvorrichtungen ausging: Eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darf nicht künstlich in eine umsatzsteuerfreie und in eine umsatzsteuerpflichtige Leistung aufgespalten werden. Eine wirtschaftlich einheitliche Leistung ist anzunehmen, wenn eine Haupt- und Nebenleistung erbracht wird. Eine Nebenleistung ist das Mittel, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können; sie erfüllt für den Kunden also keinen eigenen Zweck. Liegt eine Nebenleistung vor, teilt sie das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung. Ist also die Hauptleistung umsatzsteuerfrei, gilt das auch für die Nebenleistung. Ist die Hauptleistung hingegen umsatzsteuerpflichtig, erfasst die Umsatzsteuerpflicht auch die Nebenleistung. Hinweise: Die Sache geht an den BFH zurück, der den EuGH angerufen hatte. Der BFH muss nun prüfen, ob der Kläger mit der Vermietung des Stalls und der Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung erbracht hatte. Der EuGH deutet in seinem aktuellen Urteil an, dass eine wirtschaftlich einheitliche Leistung naheliegend sein dürfte. In diesem Fall wäre sodann zu prüfen, ob die Vermietung des Gebäudes die Hauptleistung darstellte: Dann wäre die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen umsatzsteuerfrei. Zwar sieht der deutsche Gesetzgeber die Vermietung von Betriebsvorrichtungen als umsatzsteuerpflichtig an. Nach dem EuGH gilt diese Umsatzsteuerpflicht nur dann, wenn Betriebsvorrichtungen ohne eine gleichzeitige Gebäudevermietung, die umsatzsteuerfrei ist, vermietet werden, oder wenn die Vermietung von Betriebsvorrichtungen Teil einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung ist und die Hauptleistung dieser wirtschaftlich einheitlichen Leistung darstellt.Quelle: EuGH, Urteil v. 4.5.2023 – Rs. C-516/21; NWB

  • Wesentliche Beteiligung an einer US-amerikanischen „Corporation“

    Wesentliche Beteiligung an einer US-amerikanischen „Corporation“

    Ob ein Steuerpflichtiger an einer US-amerikanischen Corporation in Delaware (USA) wesentlich, d.h. mit mindestens einem 1 %, beteiligt ist, hängt von seiner Beteiligungsquote an dem tatsächlich ausgegebenen Kapital an. Es kommt nicht auf seine Beteiligungsquote an dem höheren genehmigten Kapital an. Hintergrund: Zu den steuerpflichtigen Einkünften gehört auch der Gewinn oder Verlust aus dem Verkauf einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Als wesentlich sieht der Gesetzgeber eine Beteiligung von mindestens 1 % in den letzten fünf Jahren an. Sachverhalt: Der Kläger war ursprünglich Alleingesellschafter der S-GmbH. Er veräußerte seine Beteiligung im Jahr 2008 an die Z-Gruppe und erhielt hierfür u.a. ca. 1,2 Mio. Anteile an der Z-Corporation (Z-Inc.), deren Sitz sich in Delaware in den USA befand. Die Z-Inc. hatte ca. 35,5 Mio. Aktien herausgegeben; sie war allerdings berechtigt, insgesamt 150 Mio. Aktien herauszugeben (sog. genehmigtes Kapital). In den Jahren 2011 und 2012 tauschte der Kläger seine Anteile an der Z-Inc. gegen andere Aktien mit einem höheren Wert. Das Finanzamt setzte Veräußerungsgewinne für 2011 und 2012 in Höhe von ca. 3,4 Mio. € für 2011 und ca. 750.000 € für 2012 fest. Der Kläger meinte, er sei nicht wesentlich beteiligt gewesen, weil seine Anteile im Umfang von 1,2 Mio. auf die genehmigten Anteile im Umfang von 150 Mio. zu beziehen seien. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Die Z-Inc. war eine Kapitalgesellschaft und mit einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar. Der Kläger war mit mindestens 1 % an der Z-Inc. beteiligt. Bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft wie der Z-Inc., die über kein Grund- oder Stammkapital im Sinne des deutschen Aktienrechts verfügt, kommt es auf den Beitrag an, den der Gesellschafter an dem durch Einlagen gebildeten Gesellschaftsvermögen erbracht hat. Dies ist das Gesellschaftsvermögen, das durch die ausgegebenen Aktien geschaffen wurde, nicht aber das höhere genehmigte Kapital, dessen Anteile noch nicht ausgegeben wurden. Der Kläger war somit mit 1,5 Mio. zu 35,5 Mio. an der Z-Inc. beteiligt, also etwa zu 4,2 %. Damit hatte er die sog. Wesentlichkeitsschwelle von mindestens 1 % erreicht. Der Kläger hatte die Anteile an der Z-Inc. in den Streitjahren 2011 und 2012 im Wege des Tauschs gegen höherwertige Anteile veräußert und somit einen Veräußerungsgewinn erzielt. Dieser Veräußerungsgewinn war in Deutschland steuerbar, da der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland hatte und Deutschland als sog. Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht nach dem deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen zusteht. Hinweise: Käme es nicht auf die ausgegebenen Anteile, sondern auf das genehmigte Kapital an, könnte eine Kapitalgesellschaft ihr genehmigtes Kapital erhöhen lassen, um so die Beteiligungsschwelle ihrer Gesellschafter unter die Beteiligungsschwelle von 1 % sinken zu lassen. Allerdings wäre dann ein Gewinn aus dem Verkauf der Anteile als Kapitaleinkünfte steuerbar. Der BFH widerspricht mit seiner Entscheidung dem Finanzgericht Münster, das in zwei Entscheidungen auf das genehmigte Kapital abgestellt hat. Sollte das Finanzgericht Münster künftig an seiner Rechtsprechung festhalten wollen, müsste es die Revision zulassen, da es dann auf Grund des aktuellen BFH-Urteils von der Rechtsprechung des BFH abweichen würde. Quelle: BFH, Urteil v. 14.2.2023 – IX R 23/21; NWB